# taz.de -- Entscheidung über EU-Kommissionschef: Habemus Juncker
       
       > Sieg für das Europaparlament, Niederlage für Großbritanniens Premier
       > Cameron: Jean-Claude Juncker ist als neuer Kommissionschef nominiert.
       
 (IMG) Bild: Puh, geschafft.
       
       BRÜSSEL taz | Jean-Claude Juncker saß gemütlich in einer Kneipe im
       Brüsseler Europaviertel, während der EU-Gipfel über alles Mögliche
       diskutierte – nur nicht über ihn. Die Partnerschaftsabkommen mit der
       Ukraine, Georgien und Moldau, neue Sanktionen gegen Russland, eine
       Energieunion und der Euro-Stabilitätspakt: Alles war bei diesem endlosen
       Treffen der Staats- und Regierungschefs dringlicher, als Juncker zum
       Kommissionschef zu nominieren.
       
       Vielleicht lag es daran, dass der britische Premier David Cameron schon bei
       seiner Ankunft in Brüssel auf Krawall gebürstet war. „Juncker ist die
       falsche Person“, um die EU voranzubringen, sagte Cameron am Morgen. Der
       frühere Premier von Luxemburg habe in seinem ganzen Arbeitsleben
       entscheidend dafür gesorgt, „die Macht von Brüssel zu stärken und die Macht
       der Mitgliedstaaten zu verringern“.
       
       Gut möglich ist aber auch, dass es an Kanzlerin Angela Merkel lag, die erst
       das Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre festklopfen wollte, bevor es zum
       Schwur über Juncker kam. Das war gar nicht so einfach, denn vor allem der
       italienische Ministerpräsident Matteo Renzi forderte einen Kurswechsel –
       weg von der Austeritätspolitik, hin zu mehr Flexibilität und mehr Wachstum.
       
       Und so traf sich Merkel erst mit Renzi, mit dem es einige heftige
       Wortwechsel gegeben haben soll. Dann kam Cameron an die Reihe, um die
       „strategische Agenda“ festzuzurren. Regierungssprecher Steffen Seibert fand
       das so bemerkenswert, dass er sogar ein Foto twitterte, das Merkel beim
       Aktenstudium mit Cameron zeigt. Derweil ließ der britische Starrkopf seine
       Kollegen wissen, dass sie es „noch zu Lebzeiten bedauern“ könnten, die Wahl
       des Kommissionschefs dem Europaparlament überlassen zu haben.
       
       Und so zog sich ein Prozess unnötig in die Länge. Cameron nutzte das
       Arbeitsprogramm für die neue EU-Kommission als Hebel, um die Entscheidung
       hinauszuzögern.
       
       Erst um 16.30 Uhr kamen die Chefs dann zu Potte. „Juncker ist nominiert“,
       teilte Ratspräsident Herman Van Rompuy wie üblich per Twitter mit.
       Eigentlich fehlte nur noch der weiße Rauch über dem Kommissionsgebäude -
       wie einer Papstwahl fiel auch diese Entscheidung hinter verschlossenen
       Türen. Prompt begann die Spekulation über die Frage, welchen Preis Cameron
       wohl für seine Niederlage fordern würde.
       
       ## Schlacht gewonnen
       
       Wird er die neue EU-Kommission schikanieren oder gar boykottieren? Wird er
       besonders einflussreiche Posten in der Brüsseler Behörde fordern? Wird er
       gemeinsam mit Merkel dafür sorgen, dass die neoliberale Agenda –
       Liberalisierung, Privatisierung, Freihandel ohne Grenzen – noch härter und
       schneller vorangetrieben wird? Der EU-Gipfel blieb zunächst Antworten
       schuldig. Derlei Fragen werden ohnehin meist im Hinterzimmer entschieden.
       
       Klar ist nur eins: Das Europaparlament hat eine wichtige Schlacht gewonnen.
       Zum ersten Mal haben die EU-Abgeordneten, und nicht die (ebenfalls
       gewählten) Staats- und Regierungschefs das Sagen. Schon in zwei Wochen, am
       16. Juli, wollen sie Juncker bestätigen – doch auch da könnte es noch
       Gezerre geben. Denn die Mehrheit für den Kandidaten ist nicht völlig
       sicher. Sozialdemokraten, Grüne und Liberale wollen noch Bedingungen
       stellen.
       
       Eine zentrale Forderung müssen die Progressiven jedoch wohl endgültig
       fallen lassen: Am Stabilitätspakt für den Euro wird nicht gerüttelt.
       Allenfalls wird es eine etwas flexiblere, sprich großzügigere Auslegung der
       Regeln geben, um kriselnden Ländern wie Frankreich oder Italien mehr Zeit
       beim Schuldenabbau zu geben. Auch das ist ein wichtiges Ergebnis dieses
       denkwürdigen EU-Gipfels.
       
       27 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
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