# taz.de -- Kommentar Erschossener Jugendlicher: Ferguson ist überall
       
       > In Ferguson zeigt sich das Erbe des Rassismus in den USA. Er reicht von
       > der Sklaverei über die Segregation bis hin zur Benachteiligung von
       > Minderheiten.
       
 (IMG) Bild: Wie eine Besatzungsarmee: weiße Polizisten und schwarzer Protestierender
       
       Sechs Kugeln, die ein Polizist in den Körper und Kopf eines unbewaffneten
       und mit erhobenen Händen vor ihm stehenden Teenagers gejagt hat, haben
       Ferguson in das Zentrum der USA katapultiert. Nach tagelangen friedlichen
       Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen für Michael Brown, nach immer
       neuen Polizeiprovokationen mit Worten und mit militärischen Taten und
       nachdem die nächtlichen Plünderungen nicht aufhören wollen, soll jetzt die
       Nationalgarde in dem kleinen Ort für Ruhe sorgen: das Militär. Der Krieg
       ist damit offiziell in Missouri angekommen.
       
       Die erste Verantwortliche für die Situation ist die lokale Polizei. Sie hat
       sich mit Kriegswaffen aus Beständen des Pentagon ausgestattet. Sie hat fast
       ausschließlich weiße Beamte in der mehrheitlich schwarzen Stadt eingesetzt.
       Und sie hat sich wie eine Besatzungsarmee aufgeführt. Jeder schwarze Mann
       in Ferguson kann von Erniedrigungen und Angst im Umgang mit der Polizei
       berichten.
       
       Anschließend haben die Polizeichefs ihre ganze Energie darauf verwendet,
       das Geschehene zu vertuschen. Sie haben Demonstranten wie Kriminelle
       behandelt und ins Visier ihrer Kriegswaffen genommen. Und als der örtliche
       Polizeichef – unter dem Druck aus Washington – nach fünf Tagen endlich die
       Identität des Todesschützen bekannt gab, sagte er nichts zum Hergang der
       Todesschüsse. Er nutzte aber die Gelegenheit, um posthum den Ruf des Toten
       zu zerstören.
       
       All das ist wie aus dem Lehrbuch zur Eskalation eines Konfliktes. Und genau
       das ist passiert. Jetzt befindet sich Ferguson in einem Ausnahmezustand, in
       dem nachts die Straße allein den Uniformierten und einigen Plünderern
       gehört, von denen niemand weiß, wer sie sind und woher sie kommen.
       
       Aber Ferguson ist nicht nur das Resultat falscher und aggressiver
       polizeilicher Strategien. In Ferguson zeigt sich zugleich das bittere Erbe
       eines jahrhundertelangen Rassismus in den USA, der von der Sklaverei über
       die Segregation bis hin zu selektiven Benachteiligungen von Minderheiten
       reicht, der bis heute nicht wirklich überwunden ist.
       
       Ferguson ist überall. Sozial, politisch und polizeilich benachteiligte
       Minderheiten, die räumlich abgetrennt von der Mehrheitsbevölkerung leben,
       existieren in Großstädten wie New York, Chicago und Los Angeles und auch
       mitten im „tiefen Amerika“. Jeder einzelne dieser Orte ist ein potenzielles
       Pulverfass.
       
       18 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
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