# taz.de -- Kommentar Hate-Crime-Gesetz: Korrekte Symbolik
       
       > Rassistische Gewalt muss härter bestraft werden. Das ist keine
       > Gesinnungsjustiz. Denn „denken“ dürfen Nazis und andere weiterhin, was
       > sie wollen.
       
 (IMG) Bild: Nazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf, August 2014
       
       Die Bundesregierung will, dass rassistische Gewalt besonders hart bestraft
       wird. Das sieht ein Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) vor,
       den das Kabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Künftig sollen
       „rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Ziele
       bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt werden.
       
       Diese Strafschärfung ist berechtigt. Denn rassistische Gewalt fügt dem
       Opfer nicht nur körperliche Verletzungen zu, sondern wertet es zugleich
       noch ab.
       
       Rassistische Gewalt schlägt tiefere Wunden, die schwerer verheilen. Sie
       trifft und verunsichert nicht nur das einzelne Opfer, sondern zugleich auch
       alle Menschen, die zum Beispiel die gleiche Hautfarbe haben – der
       rassistische Hass hätte auch sie treffen können.
       
       ## Rassistische Steuerhinterziehung
       
       Damit wird kein Gesinnungsstrafrecht eingeführt. Strafbar ist nicht die
       rassistische Gesinnung, sondern die rassistische Gewalt. Für rassistische
       Steuerhinterzieher wird es keine Strafschärfung geben, weil hier die
       Gesinnung mit der Tat und ihrer Wirkung nichts zu tun hat.
       
       Die geplante Reform ist nicht wirklich eine Verschärfung. Schon heute heißt
       es im Strafgesetzbuch, dass bei der Strafzumessung „die Beweggründe und
       Ziele des Täters“ einzubeziehen sind. Wenn Rassismus und
       Fremdenfeindlichkeit nun ausdrücklich hervorgehoben werden, so soll dies
       nur verdeutlichen, was damit auch gemeint ist.
       
       Es handelt sich insofern um ein symbolisches Gesetz, aber um eine Symbolik
       im positiven Sinn. Sie signalisiert den Opfern, dass der Staat ihr
       spezifisches Leid erkennt und Angriffe sanktionieren will. Es soll Richtern
       und vor allem der Polizei verdeutlichen, dass es gerade bei rassistischer
       Gewalt wichtig ist, die Hintergründe der Tat aufzuklären, weil Ignoranz das
       Leid der Opfer noch verschlimmert. Zu oft werden rassistischen Gewalttaten
       als bloße „Jugendgewalt unter Alkoholeinfluss“ abgetan.
       
       ## Becks Kritik
       
       Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck wirft dem Gesetz „schlechte
       Symbolpolitik“ vor, weil nicht auch homophobe und antisemitische Gewalt
       erwähnt wird. Doch der Gesetzentwurf bezieht sich auf alle
       „menschenverachtenden“ Ziele, also auch auf homophobe und antisemitische
       Taten.
       
       Dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit besonders herausgehoben werden, ist
       berechtigt – schließlich haben die NSU-Mörder vor allem Migranten getötet.
       Es geht hier nicht um eine Hierarchie der Opfer, sondern um die
       Deutlichkeit des Symbols.
       
       Sollte das Gesetz die erwünschte Wirkung haben, was zu hoffen ist, könnte
       in einigen Jahren aber über eine Neuformulierung nachgedacht werden – was
       dann ein neues Symbol wäre.
       
       28 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Volker Beck
 (DIR) Hassverbrechen
 (DIR) Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
 (DIR) Sterbehilfe
 (DIR) Amazon
 (DIR) Irak
 (DIR) Taylor Swift
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Gesetzentwurf zur Sterbehilfe: Verschärfung zur Liberalisierung
       
       Der Entwurf von Ethik-Experten würde Sterbehilfevereine unter Strafe
       stellen, aber ärztliche Beihilfe zum Suizid erlauben. Eine akzeptable
       Lösung.
       
 (DIR) Amazon im Konflikt mit Verlagen: Ruppig, aber nicht rechtswidrig
       
       Amazon und die Verlage streiten darüber, wie hoch ihr Anteil am
       Verkaufspreis bei E-Books sein soll. Missbraucht der Versandhändler seine
       Macht?
       
 (DIR) Waffenlieferungen in den Irak: Wenn der Zweck die Mittel heiligt
       
       Die Bundesregierung will Waffen in Bürgerkriegsgebiete liefern. Dazu muss
       sie Rüstungsexport-Grundsätze sehr kreativ auslegen.
       
 (DIR) Rassismus-Vorwürfe gegen Taylor Swift: Eine Frage der Interpretation
       
       Die US-Sängerin Taylor Swift hat ein Video zu ihrem neuen Song „Shake it
       Off“ veröffentlicht. Die Darstellung verschiedener Stereotype erntet
       Kritik.