# taz.de -- Gewerkschaft und Klimaschutz: Hauptsache, die Kohle stimmt
       
       > Gewerkschaftsintern gibt es Zweifel und Kritik an der Unterstützung für
       > den IG-BCE-Aufruf. Bisher hatte der DGB die Energiewende unterstützt.
       
 (IMG) Bild: Braunkohletagebau und Kohlekraftwerk in der Niederlausitz
       
       BERLIN taz | Es sind klare Worte, die die Mitglieder an die Politik richten
       sollen: „Sorgen Sie für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze“, heißt es
       in einem Brief an Bund und Länder, für den die Gewerkschaften derzeit
       Unterschriften sammeln. Ausgegangen ist die Initiative von der
       Energiegewerkschaft IG BCE, die massiv gegen Einschnitte bei
       Kohlekraftwerken mobilisiert. Doch inzwischen unterstützen alle
       Einzelgewerkschaften bis auf die für Bildung und Erziehung zuständige GEW
       den Aufruf – und am Dienstag hat der DGB als Dachverband die
       Schirmherrschaft übernommen.
       
       Das ist insofern überraschend, als sich der DGB bisher stets klar zur
       Energiewende bekannt hat. In einem Grundsatzpapier, das der Bundeskongress
       im Mai verabschiedete, stellte sich der DGB „vorbehaltlos“ hinter die Ziele
       der Energiewende. Sie sei nicht nur "mutig" und „beispielgebend“, sondern
       schaffe und sichere auch Arbeitsplätze. Zu einer „sozial verträglichen
       Energiewende“ stehe man weiterhin, teilt der DGB nun mit.
       
       Dennoch wird dieses Projekt im neuen Aufruf als massive Bedrohung
       dargestellt: „Wenn aus ideologischen Motiven Arbeitsplätze aufs Spiel
       gesetzt werden, dann wehren wir uns mit aller Kraft!“, schreiben die
       Gewerkschaften. In der Pressemitteilung zur Aktion fordern sie zudem eine
       „Neuorientierung der Energiepolitik“. Wie diese aussehen soll, bleibt im
       Aufruf offen. Klar äußert sich allerdings die IG BCE, die ihn initiiert
       hat: Deutschland könne das Klimaziel von 40 Prozent weniger CO2 „um ein
       paar Jahre verpassen“, hatte deren Vorsitzender Michael Vassiliadis
       kürzlich im Spiegel gesagt. Und bei einem Aktionstag Anfang November
       wetterte er dagegen, „einer verfehlten Klimaschutz-Logik Arbeitsplätze zu
       opfern“.
       
       Intern regt sich in mehreren Gewerkschaften nach taz-Informationen Protest
       dagegen, dass diese sich durch die Unterstützung des Aufrufs faktisch in
       die Pro-Kohle-Kampagne der IG BCE einreihen. Vor allem da dies teils
       kurzfristig und allein auf Vorstandsebene entschieden wurde.
       
       ## „Diskussionen um Formulierungen“
       
       „Ich bin davon überrascht worden“, sagt etwa Kai Petersen, Geschäftsführer
       der IG Metall Rendsburg, wo Windkraftfirmen eine wichtige Rolle spielen.
       „Und ich habe Zweifel, ob es notwendig war, das zu unterstützen.“ Auch
       Martin Breul, IG-Metall-Betriebsrat beim Kasseler Solarunternehmen SMA,
       sieht die die Beteiligung seiner Gewerkschaft an der Unterschriftenaktion
       skeptisch. „Warum gab es kein vergleichbares Engagement, als massenhaft
       Arbeitsplätze in der Erneuerbare-Branche verloren gegangen sind?“, fragt
       er.
       
       Rainer Klopfleisch, Energieexperte bei Verdi, stellt sich zwar insgesamt
       hinter den Aufruf, kritisiert aber einzelne Formulierungen: „Es ist schon
       bedauerlich, dass im Unterschriften-Text der Klimaschutz mit keinem Wort
       erwähnt wird“, sagte er der taz. Und für die IG BAU, die als einzige
       Gewerkschaft Mitglied der Klima-Allianz ist, will Sprecher Ruprecht
       Hammerschmidt den Aufruf „nicht als explizite Unterstützung für
       Kohlekraftwerke“ verstanden wissen. Er räumt ein, dass es schon
       „Diskussionen um einzelne Formulierungen“ gegeben habe.
       
       Dass die knapp 6 Millionen Mitglieder der unterstützenden Gewerkschaften
       das Thema möglicherweise anders sehen als ihre Führung, zeigt sich auch an
       der bisherigen Resonanz auf die Aktion: Online kamen bei der IG BCE, auf
       deren Seite auch die meisten anderen Gewerkschaften verweisen, innerhalb
       von zwei Wochen 8.507 Unterstützer zusammen, bei der IG BAU waren es 67;
       der DGB meldet nach einem Tag 800. Über Unterschriften auf Papier gibt es
       noch keine Angaben.
       
       26 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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