# taz.de -- Kommentar Antisemitismus in Frankreich: Angriff auf die „Brüderlichkeit“
       
       > Die schockierende Gewalt gegen Juden ist ein Affront für Frankreich. Es
       > ist inakzeptabel, sie mit einer Projektion des Nahostkonflikts zu
       > rechtfertigen.
       
 (IMG) Bild: „Fängt das jetzt wieder an?“, fragen ältere Juden in Frankreich.
       
       PARIS taz | Die Angst geht um in den Quartieren den französischen
       Vorstädte, wo seit Jahrzehnten Muslime und Juden aus Nordafrika und andere
       Zuwanderer mit Franzosen verschiedenster Herkunft wenn nicht unbedingt
       immer als Brüder und Freunde, so doch als Nachbarn friedlich zusammenleben
       konnten.
       
       Leider reicht die grenzenlose Dummheit von Rassisten, die meinen, sie
       könnten auf die Schnelle und mit Gewalt das große Geld verdienen, um alte
       Wunden aufzubrechen oder die Lunte ans Pulverfass ethnisch-religiöser
       Konflikte zu legen.
       
       „Fängt das jetzt wieder an?“, fragen in Frankreich ältere Juden, die noch
       die schlimme Zeit der Verfolgung von 1940 bis 1945 erlebt haben. Die
       Jüngeren dagegen tragen sich mit dem Gedanken, nach Israel auszuwandern.
       Die Entführung von Ilan Halimi durch die [1][„Barbaren-Gang“ 2006], die
       Plünderung und Brandschatzung jüdischer Geschäfte im „Klein Jerusalem“
       genannten Viertel von [2][Sarcelles im vergangenen Juli] und [3][jetzt die
       brutalen Überfälle auf ein junges Paar und einen Rentner in Créteil] wecken
       bei ihnen schlimmste Erinnerungen und Befürchtungen.
       
       Für die französische Republik, die stolz darauf ist, die Wiege der
       Menschenrechtserklärung zu sein und die neben Freiheit und Gleichheit auch
       die „Brüderlichkeit“ auf ihre Fahne geschrieben hat, ist diese
       antisemitische Gewalt ein Affront, der ans Wesentliche rührt.
       
       Mit dem Misstrauen wachsen die Spannungen und die Intoleranz zwischen
       Menschen, die kaum etwas anderes unterschiedet als ihre individuelle
       Familiengeschichte und (eventuell) ihre Religion. So stupide die
       antisemitischen Ressentiments sind, die in den genannten Beispielen als
       Motiv für niederträchtige Verbrechen gedient haben, so inakzeptabel ist es
       auch, die tendenziell wachsende antijüdische Feindseligkeit in den
       französischen Vororten mit einer Projektion des Nahostkonflikts
       vereinfachend zu rechtfertigen oder zu verharmlosen.
       
       Was in Créteil geschehen ist, muss darum nicht nur die Juden in Frankreich
       schockieren.
       
       5 Dec 2014
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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