# taz.de -- Krippen-Streit in Frankreich: Ochs und Esel im Hôtel de ville?
       
       > Der Streit um religiöse Symbole in öffentlichen Räumen hat etwas
       > Operettenhaftes. Und doch geht es in Frankreich um Grundsätzliches.
       
 (IMG) Bild: Krippenfan in Béziers: Bürgermeister Robert Ménard.
       
       PARIS taz | Der Advent sorgt in Frankreich in diesem Jahr nicht nur für
       Frieden und vorweihnachtliche Konsumstimmung, sondern auch für einen
       handfesten Streit. Über die Frage, ob Weihnachtskrippen in öffentlichen
       Gebäuden wie Rathäusern aufgestellt werden dürfen oder ob nicht, ist doch
       tatsächlich eine landesweite Polemik ausgebrochen. Die Befürchtung geht
       dahin, dass mit dem Jesuskind neben dem Ochsen und dem Esel religiöse
       Propaganda betrieben wird.
       
       Begonnen hat diese Debatte in der westfranzösischen Vendée. Die sehr
       traditionsbewussten Behörden dieses Departements hatten ihre christlichen
       Krippenfiguren gut sichtbar im Gebäude des Generalrats aufgestellt. Das
       aber war den Verfechter der Trennung von Kirche und Staat ein Dorn im Auge.
       Unter Berufung auf das Gesetz von 1905, das die staatliche Verwaltung in
       religiösen Angelegenheiten zu einer strikten Neutralität verpflichtet,
       ordnete ein Gericht in Nantes an, dass die meist aus der Provence
       stammenden Figürchen aus Ton oder Gips, die so genannten „Santons“,
       schleunigst zu entfernen seien.
       
       Da keine Seite nachgeben will, geht der Rechtsstreit mit einer Berufung in
       die nächste Runde. Längst hatten aber andere nur zu gut verstanden, dass
       und wie aus diesem Konflikt politisches Kapital zu schlagen wäre. Der
       mithilfe des rechtsextremen Front National gewählte Bürgermeister der
       südfranzösischen Stadt Béziers, Robert Ménard, stellte sofort auch die
       „Santons“, diese Symbole französischen Brauchtums und einheimischen
       Handwerks, in seinem Rathaus auf.
       
       Präventiv spielte sich Ménard als Märtyrer auf, indem er erklärte, er werde
       trotz Anweisung der staatlichen Behörde seine Krippe weiter ausstellen.
       Mehrere FN-Bürgermeister tat es ihm gleich. Auf Twitter publizieren sie
       Fotos zu ihrer angeblichen „Widerstandsbewegung“, auf denen sie stolz neben
       Josef und Maria mit dem Christkind posieren.
       
       ## Schöne Bescherung
       
       So streitet man wohl bis nach den Festtagen weiter über ein paar Gipsköpfe.
       Das ist eine schöne Bescherung, über die man bloß schmunzeln würde, wenn
       sich dahinter nicht eine ernste Debatte verbergen würde. Ausgerechnet die
       reaktionärsten Kreise, die sonst immer auf die in der Verfassung der
       Republik verankerte Trennung von Staat und Religion pochen, wenn es darum
       geht, alle sichtbaren Symbole des Islam (wie den Schleier) unter
       Strafandrohung aus der Öffentlichkeit zu verbannen, beanspruchen im Namen
       einer historischen Tradition und kulturellen Vorherrschaft für Christen
       eine Ausnahme.
       
       Nun muss die Justiz ein Exempel statuieren, denn sonst werden bestimmt auch
       wieder die seit hundert Jahren aus Rathäusern und Schulzimmern verbannten
       Kruzifixe aufgehängt, und der säkulare Machtkampf zwischen Republik und
       Kirche geht von Neuem los. Damit wird die Ausweisung des Jesuskinds aus
       Frankreichs Rathäusern am Ende doch zu einer veritablen
       Staatsangelegenheit.
       
       15 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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