# taz.de -- Vor Untersuchungsausschuss: Wer half Sebastian Edathy?
       
       > Während die Koalition über den Fall streitet, bleiben entscheidende
       > Fragen offen. Wurde er tatsächlich gewarnt? Und von wem?
       
 (IMG) Bild: Sagt am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestags aus: Sebastian Edathy.
       
       BERLIN taz | In der Affäre um den ehemaligen Bundestagsabgeordneten
       Sebastian Edathy wächst der Druck auf die Sozialdemokraten – auch von
       Seiten des Koalitionspartners. „Die Führungsriege der SPD ist nun in der
       Pflicht, für Klärung zu sorgen, denn irgendjemand scheint hier die
       Unwahrheit zu sagen“, sagte am Montag der innenpolitische Sprecher der
       CSU-Landesgruppe, Michael Frieser.
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel konterte prompt. „Ich kann Teile der Koalition
       nicht daran hindern, ihr SPD-Bashing fortzusetzen“, sagte der Vizekanzler.
       Mit Blick auf die weitere Zusammenarbeit in der Regierung sei es aber nicht
       unbedingt klug, „sich gegenseitig unhaltbare Vorwürfe zu machen“.
       
       Edathy, der am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen
       wird, hatte am vergangenen Wochenende den SPD-Innenpolitiker Michael
       Hartmann belastet. Beide schildern übereinstimmend, dass sie auf dem
       SPD-Parteitag im November 2013 in Leipzig über Edathys Käufe von
       Kindernacktbildern bei einer kanadischen Firma gesprochen haben. Es liegt
       nahe, dass Edathy über den Zugriff der kanadischen Polizei gegen diese
       Firma aus den Medien erfuhr. Denn am 14. November (also zufällig zu Beginn
       des Parteitags) hatte es in Deutschland erste Medienberichte hierüber
       gegeben.
       
       Entscheidend ist aber, wie Edathy erfahren hat, dass das Bundeskriminalamt
       (BKA) bereits eine Liste mit 800 deutschen Kunden der kanadischen Firma
       besaß und dass auch er auf dieser Liste stand.
       
       ## Hartmann: Ermittlungen wegen Strafvereitelung?
       
       Falls tatsächlich Hartmann diese Informationen an Edathy weitergab, könnte
       das strafrechtliche Folgen nach sich ziehen: Die Staatsanwaltschaft Berlin
       prüft seit Montag, ob sie gegen Hartmann Ermittlungen wegen
       Strafvereitelung aufnimmt.
       
       Politisch ist allerdings eine andere Frage noch brisanter: woher eigentlich
       Hartmann seine Informationen hatte. Bekam er sie direkt vom damaligen
       BKA-Chef Jörg Ziercke? Ziercke bestreitet das.
       
       Wenn aber Ziercke nicht mit Hartmann gesprochen hat, dann könnte Hartmann
       die Informationen auch aus der SPD-Spitze bekommen haben, denn die war
       schon im Oktober vom damaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU)
       informiert worden. Zumindest mit dem heutigen Fraktionschef Thomas
       Oppermann hat Hartmann im November 2013 über Edathy gesprochen (angeblich
       nur über dessen angegriffene Gesundheit). Allerdings sind auch ganz andere
       Quellen möglich: Da längst über Ermittlungen gegen Edathy nachgedacht
       wurde, gab es auch in Hannover bei Staatsanwaltschaft und Polizei
       Mitwisser.
       
       Wenn die Edathy-Affäre nun doch gründlich aufgerollt wird, dann dürfte es
       nicht nur um den Informationsfluss im November 2013 gehen. Auch drei andere
       Phasen müssen dann untersucht werden.
       
       ## Drei entscheidende Fragen
       
       Erstens: War es wirklich business as usual, dass das BKA rund zwei Jahre
       brauchte, um die kanadische Liste der 800 deutschen Kunden abzuarbeiten?
       Oder wurde Edathy dabei gezielt bis zur Bundestagswahl 2013 geschont?
       
       Zweitens: Warum dauerte es fast drei Monate, bis die Hannoveraner
       Staatsanwaltschaft förmlich Ermittlungen gegen Edathy aufnahm? Wollte man
       wirklich nur abwarten, wie andere Staatsanwaltschaften mit den kanadischen
       Funden umgingen, um Edathy dann nach diesem Muster behandeln zu können?
       Oder haben SPD-Kreise, die von Edathys Verwicklung wussten, Einfluss auf
       die Staatsanwaltschaft genommen?
       
       Drittens: Hat Edathy frühzeitig davon erfahren, dass die Staatsanwaltschaft
       Ende Januar ein Ermittlungsverfahren gegen ihn beschloss? Dafür spricht,
       dass er, noch bevor der Bundestag darüber unterrichtet wurde, sein Mandat
       niederlegte – angeblich aus gesundheitlichen Gründen, tatsächlich aber
       wohl, um zu verhindern, dass Abgeordnete anderer Parteien im
       Immunitätsausschuss Wind bekommen und die Presse informieren. Sollte Edathy
       in dieser Phase gewarnt worden sein, dürfte der Tippgeber aber eher in
       Hannover gesessen haben – und nicht bei den SPD-Leuten in Berlin.
       
       15 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
 (DIR) Tobias Schulze
       
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