# taz.de -- Islamkonferenz in Berlin: Zum allgemeinen Wohl
> Muslime und Minister rufen nach den Pariser Angriffen zum Zusammenhalt
> auf. Manuela Schwesig gibt mehr Geld für Programme gegen Radikalisierung.
(IMG) Bild: Im Gespräch: Familienministerin Schwesig (r.) mit Nurhan Soykan vom Zentralrat der Muslime (m.) und Erika Amina Theißen (l.) aus Köln.
BERLIN taz | Es war eine Botschaft der Geschlossenheit, die von der
Deutschen Islamkonferenz (DIK) ausgehen sollte. „Der Anschlag in Paris ist
ein Anschlag auf unsere demokratischen Werte, auch auf unsere muslimischen
Werte“, verlas der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Erol Pürlü,
am Dienstag in Berlin eine gemeinsame Erklärung. Der Prophet selbst habe
auf blasphemische Anwürfe einst mit Barmherzigkeit reagiert. Die Attentäter
könnten sich deshalb nicht auf ihn zur Rechtfertigung ihrer Untaten
beziehen.
„Wir alle müssen uns jetzt beherzt und besonnen für den Zusammenhalt in
unserer Gesellschaft einsetzen“, pflichtete Bundesinnenminister Thomas de
Maizière (CDU) Pürlü bei. Die Islamkonferenz sei dabei ein „Teil der
Lösung“ – auch, wenn es dort heute eher um alltagspraktische Fragen wie
Wohlfahrtspflege oder Seelsorge gehe, verteidigte de Maizière seine
Entscheidung, das Thema Sicherheit aus der Islamkonferenz auszulagern.
Darüber werde weiter auch mit den muslimischen Verbänden gesprochen, aber
eben andernorts, so de Maizière.
Die Islamkonferenz wurde 2006 als Forum für den Dialog zwischen Staat und
Muslimen ins Leben gerufen. Weil der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter
Friedrich (CSU) dort vor allem über Sicherheitsfragen hatte sprechen
wollen, wäre sie 2013 fast im Streit geendet. Nach seinem erneuten
Amtsantritt hatte sich de Maizière dann an einen Neuanfang gemacht.
Das eigentliche Thema der schon lange angesetzten Fachtagung, die
Wohlfahrtspflege, war durch die Anschläge von Paris zwar in den Hintergrund
gerückt. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) lobte de Maizière
dennoch dafür, dort über die Jugendarbeit oder kultursensible Altenpflege
reden zu wollen. "Die Auseinandersetzung mit anderen Religionen und
Lebensgewohnheiten kann etwas Spannendes sein", sagte die
Familienministerin. Das Nichtwissen übereinander sei häufig das größte
Problem. Von muslimischer Seite gebe es beispielsweise das Bedürfnis, von
Pflegern des eigenen Geschlechts versorgt zu werden.
## Wunsch nach einem Wohlfahrtsverband
Muslimische Verbände wünschen sich einen muslimischen Wohlfahrtsverband
nach dem Vorbild der kirchlichen Organisationen Diakonie und Caritas. Noch
stecken solche Überlegungen aber ganz am Anfang. Zunächst müssten die
Angebote muslimischer Träger wachsen, sagte Familienministerin Schwesig. An
die bestehenden Träger appellierte sie, sich stärker interkulturell zu
öffnen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz
(SPD), drückt dabei aufs Tempo: Noch immer seien Alten- und Pflegeheime
nicht genügend auf muslimische Senioren eingestellt, sagte sie, dabei seien
immer mehr Muslime über 65.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist mit einer Studie über
bestehende Angebote und künftigen Bedarf im Pflegebereich beauftragt
worden, um der Islamkonferenz eine solide Datengrundlage zu liefern. Mit
ersten Ergebnissen wird schon im Frühjahr gerechnet. Der Präsident des
Deutschen Städtetags, Ulrich Maly (SPD), sprach von einem
Paradigmenwechsel, sollten Moscheevereine künftig, wie die Kirchen auch
Kindergarten und Wohlfahrtseinrichtungen betreiben. Wenn Muslime künftig
nicht nur als Kunden, sondern auch als Anbieter sozialer Leistungen in
Erscheinung träten, dann würde sich auch ihre Wahrnehmung in Deutschland
ändern.
Schwesig kündigte unterdessen auch neue Präventionsprogramme gegen
Islamismus an. Das Bundesprogramm "Demokratie leben" soll um zehn Millionen
auf 40,5 Millionen Euro aufgestockt werden, um Beratungsstellen,
Modellprojekte und Programme gegen die Radikalisierung muslimischer
Jugendlicher zu fördern. Auch das Internet soll stärker zur Aufklärung
genutzt werden.
13 Jan 2015
## AUTOREN
(DIR) Daniel Bax
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