# taz.de -- Afrika-Cup in Äquatorialguinea: Ein Triumph für die korrupte Diktatur
       
       > Das eigentlich disqualifizierte Äquatorialguinea darf als
       > Aushilfsgastgeber nun doch beim Afrika-Cup mitmischen. Ein Sieg für
       > Obiangs Willkürregime.
       
 (IMG) Bild: Flughafen von Bata, Äquatorialguinea: Aus Angst vor Ebola wird bei allen Ankommenden Fieber gemessen
       
       BERLIN taz | Wie bringt man die 16 besten Fußballnationalmannschaften
       Afrikas in Zeiten von Ebola zu einem Turnier zusammen? Richtig: Man verlegt
       den Wettbewerb aus einem friedlichen Land am Mittelmeer, Tausende von
       Kilometern von den Gefahrenzonen entfernt und mit einigen der besten
       Krankenhäuser des Kontinents ausgestattet, in ein schwer zu erreichendes
       Willkürregime mitten in den tiefsten feuchten Tropen, in direkter
       Nachbarschaft zu früheren Ebola-Ländern.
       
       Es gibt keinen rationalen Grund dafür, dass der Afrika-Cup 2015 nicht in
       Marokko stattfindet wie ursprünglich vorgesehen, sondern in
       Äquatorialguinea. Aber allmählich wird der kleine Ölstaat am Äquator zu
       einem zentralen Player im afrikanischen Fußball, was nicht für diesen
       spricht.
       
       Äquatorialguinea ist Afrikas Land der Superlative: das höchste
       Pro-Kopf-Einkommen des Kontinents (rund 29.000 US-Dollar im Jahr), das
       schnellste Wirtschaftswachstum (Verzwanzigfachung der Wirtschaftsleistung
       seit der Jahrtausendwende), der dienstälteste Staatschef. Und die wohl
       absurdeste Geografie: ein feuchtes und unwirtliches, kaum besiedeltes
       26.000 Quadratkilometer großes Rechteck Urwald an der zentralafrikanischen
       Atlantikküste zwischen Gabun und Kamerun – und 240 Kilometer draußen im
       Meer eine Insel von der doppelten Fläche Rügens mit der Hauptstadt Malabo.
       
       Von dort aus regiert seit der Unabhängigkeit von Spanien vor genau 50
       Jahren dieselbe Familie, seit 1979 mit Präsident Teodoro Obiang an der
       Spitze, der damals seinen Onkel stürzte und töten ließ. Seine Familie gilt
       als eine der reichsten Afrikas, sein Land als eines der korruptesten.
       
       ## Im Schatten seiner Nachbarn
       
       Denn seine spezielle Geografie beschert Äquatorialguinea außergewöhnlich
       große Territorialgewässer direkt südlich von Nigerias Ölfeldern, und sie
       enthalten ebenfalls sehr viel Öl. Äquatorialguineas Öl machte in den
       vergangenen 15 Jahren aus einer finsteren, bettelarmen, brutalen Diktatur
       im Schatten seiner Nachbarn eine aufprotzende und noch immer sehr brutale
       Diktatur, um deren Gunst alle buhlen und deren Bevölkerung immer noch
       größtenteils bettelarm ist.
       
       Vor drei Jahren richtete Äquatorialguinea, frisch geadelt mit dem
       rotierenden Vorsitz der Afrikanischen Union, mit dem ebenfalls ölreichen
       Nachbarn Gabun den Afrika-Cup 2012 aus. Es war ein Senkrechtstart in den
       Fußball. Für das einzige spanischsprachiges Land in Afrika – Spanien erwarb
       einst dieses Stück Urwald im Jahr 1778 von Portugal im Tausch gegen eine
       Stadt in Uruguay und verschleppte einen Großteil seiner Bevölkerung in die
       Sklaverei – war es relativ problemlos gewesen, sprachkundige schwarze
       Spieler in Lateinamerika zu finden. So schied der Gastgeber, der vorher
       noch nie in irgendwelchen Turnieren gepunktet hatte, erst im Viertelfinale
       gegen die Elfenbeinküste aus.
       
       ## Absurde Fehlentscheidungen
       
       Danach aber wurde Äquatorialguinea wegen falschem Spielereinsatz sowohl für
       die WM 2014 als auch für den Afrika-Cup 2015 während der Qualifikation
       disqualifiziert. Letztere blieb besonders unrühmlich in Erinnerung.
       Zunächst in Mauretanien beim Hinspiel mit 0:1 geschlagen, errangen die
       Äquatorialguineer beim Rückspiel am 1. Juni 2014 einen 3:0-Sieg, den nach
       Meinung der Gäste vor allem der kenianische Schiedsrichter mit
       himmelschreienden Fehlentscheidungen zu verantworten hatte.
       
       Die Mauretanier waren zuvor mit allen Regeln der Kunst behindert worden.
       Erst bekamen sie keine Visa, dann kein Hotel, dann keinen bespielbaren
       Trainingsplatz, dann keinen Mannschaftsbus, und im Stadion „wurde unser
       Präsident misshandelt, der Torwarttrainer von Polizisten verprügelt und der
       Ersatztorwart verletzt“, wie sich hinterher ein Spieler erinnerte. Aber
       Mauretanien erfuhr späte Genugtuung, als Äquatorialguinea wegen Einsatzes
       eines Kameruners beim Hinspiel disqualifiziert wurde.
       
       Und dann kam Ebola. Im Herbst 2014 wurden die Nachrichten aus Westafrika
       immer beunruhigender. Man fürchtete Hunderttausende Tote bis Januar 2015.
       Marokko fürchtete einen Ansturm von Viren und bat die CAF, das Turnier zu
       verschieben. Mit Rücksicht auf die Sponsoren lehnte die CAF ab. Marokko
       wollte trotzdem nicht.
       
       Eine unsinnige Haltung – zugleich nämlich trug Guinea, eines der drei
       westafrikanischen Ebola-Länder, seine Heimspiele in Marokko aus, weil es zu
       Hause nicht ging. Weil aber Marokko hart blieb, entzog die CAF dem Land das
       Turnier. Daraufhin wollte niemand so kurzfristig einspringen. Am 14.
       November war die Lösung gefunden: Äquatorialguinea, dessen Präsident
       Teodoro Obiang als Freund des kamerunischen CAF-Chefs Issa Hayatou gilt.
       „Wir hatten keine Wahl“, sagte Hayatou später.
       
       ## Rasen aus Spanien
       
       Es gibt gerade mal vier Fußballstadien in Äquatorialguinea, mit insgesamt
       immerhin 75.000 Plätzen, das entspricht einem Zehntel der
       Landesbevölkerung. Aber nur zwei davon, in der Hauptstadt Malabo sowie in
       der größten Festlandstadt Bata, entsprechen internationalen Standards. Die
       anderen mit jeweils wenigen tausend Plätzen liegen in Mongomo, die
       Heimatstadt des Präsidentenclans, tief im Urwald an der Grenze zu Gabun,
       und in Ebibiyin, ein winziger katholischer Bischofssitz, im Dreiländereck
       zu Gabun und Kamerun. Immerhin gibt es jetzt für die letzten beiden neuen
       Rasen aus Spanien.
       
       Der Afrika-Cup 2015 wird in vielerlei Hinsicht anders als frühere Turniere.
       Titelverteidiger Nigeria hat sich nicht qualifiziert, das lange
       dominierende Ägypten auch nicht. Weltstars wie Didier Drogba und Samuel
       Eto’o fehlen. Äquatorialguinea hat kurz vor dem Großereignis einen
       Trainerwechsel vorgenommen. Der argentinische Coach Esteban Becker, der
       bereits die Frauenauswahl des Landes betreut, sprang Anfang Januar ein,
       weil sich kurzfristig keine andere Lösung fand.
       
       Zumindest wird ihm der Einstieg einfach gemacht. Während der Gastgeber in
       Bata mit den vertrauten Nachbarn Gabun und Kongo-Brazzaville sowie Burkina
       Faso eine geruhsame erste Runde spielen darf, drängeln sich in Gruppe C mit
       Algerien, Ghana, Senegal und Südafrika vier ehemalige WM-Teilnehmer, und
       sie werden sich in Mongomo auf die Füße treten und per Los entscheiden, wer
       wann ins einzige Fünf-Sterne-Hotel und die zwei weiteren akzeptablen
       Absteigen des Orts darf.
       
       ## Opposition ruft zum Boykott auf
       
       Noch abenteuerlicher wird es in Ebibiyin für die Kapverden, die
       Demokratische Republik Kongo, Tunesien und Sambia. Die Hauptstadt Malabo
       ist für den großen Nachbarn Kamerun sowie die Elfenbeinküste, Guinea und
       Mali reserviert.
       
       Ein Visum für die kleine Öldiktatur zu bekommen, gilt als äußerst schwer.
       Die Einreise – samt Ebola-Kontrolle – erfolgt über die Hauptstadt Malabo,
       die Reise zwischen den Landesteilen ist nicht einfach. So dürften nur sehr
       wenige Fans von außerhalb kommen, die meisten Ränge werden voraussichtlich
       leer bleiben. Die einheimische Bevölkerung ist weder zahlreich noch
       vermögend genug, um die Stadien zu füllen; die einheimische Opposition, so
       sie nicht im Gefängnis sitzt, ruft zum Boykott des Turniers auf.
       
       Das gilt im Reiche Obiangs als Majestätsbeleidigung. Schließlich hat der
       Präsident 40.000 Tickets gekauft, die er an „Bedürftige“ verkaufen will.
       Die Spitzenspiele in Mongomo gibt es dann schon für 500 CFA-Francs, weniger
       als einen Euro. Ob die Leistungen auf dem Rasen mehr wert sind, wird sich
       zeigen.
       
       17 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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