# taz.de -- Kommentar Pegida-Anhänger: Den Wahn bitte nicht ernst nehmen
       
       > Die Wut von Pegida bringt Leute zusammen, die sonst wenig gemein haben.
       > Auch in Rostock-Lichtenhagen applaudierten „normale Bürger“.
       
 (IMG) Bild: GegendemonstrantInnen gegen den Pegida-Ableger Kagida in Kassel
       
       Es gibt vieles, was blanke Wut auslösen kann. Manches davon verbindet
       Leute, die kaum etwas gemein zu haben scheinen. Ein Autohändler, ein
       arbeitsloser Jugendlicher und eine Krankenschwester mögen allesamt das
       Gefühl haben, wenig – oder zumindest nicht genug – zu gelten in einer immer
       schwerer durchschaubaren Welt. Dieses Gefühl ist deprimierend, natürlich.
       
       Wut braucht Adressaten. Wenn die ganze Welt fremd geworden ist: Was liegt
       näher, als diejenigen verantwortlich zu machen, die offenkundig nicht zur
       Mehrheit gehören? Also Ausländer oder Andersgläubige? Verständlich ist das.
       Bedrohlich wird es erst, wenn die Gesellschaft als Ganzes den Eindruck
       erweckt, es sei akzeptabel, die Enttäuschung gegen Minderheiten zu richten.
       
       Genau das findet gegenwärtig im Zusammenhang mit Pegida und ihren Ablegern
       statt – und genau das stand auch Pate beim Pogrom in Rostock-Lichtenhagen.
       Nicht nur Rechtsextremisten, sondern vermeintlich „normale Bürger“
       applaudierten dem Mordanschlag.
       
       Die meisten hätten im Einzelgespräch ganz bestimmt versichert, sie seien
       keineswegs ausländerfeindlich – und gegen Gewalt. Außer, natürlich, in
       diesem ganz besonderen Fall. Man müsse doch sehen, dass eine bestimmte
       Personengruppe eine Bedrohung für Deutschland sei.
       
       ## Als habe Lichtenhagen nie stattgefunden
       
       Nein, das muss man eben nicht sehen. Man muss Verfolgungswahn nicht ernst
       nehmen. Wut ist nicht dasselbe wie Angst. Wenn jemand wirklich Angst hat,
       dann möchte man hoffen, dass eine Mutter, ein Psychiater, ein Lebenspartner
       das erkennt und Hilfe sucht. Aber das ist nicht die Aufgabe der
       Gesellschaft. Sobald die Gesellschaft den Eindruck erweckt, weiße Mäuse
       seien real, wird es gefährlich für diejenigen, die für weiße Mäuse gehalten
       werden.
       
       Gegenwärtig brennen in Deutschland keine Flüchtlingsheime. Möge es so
       bleiben! Das um sich greifende Verständnis für Ressentiments jeder Art ist
       jedoch beängstigend. Vor allem deshalb, weil so getan wird, als sei
       Fremdenfeindlichkeit ein neues Phänomen. Als habe Lichtenhagen nie
       stattgefunden. Als müsse man sich bislang unbekannten Herausforderungen
       stellen.
       
       Das ist nicht der Fall. Die Herausforderungen haben sich in den letzten 20
       Jahren nicht verändert. Leider offenbar auch nicht die Hilflosigkeit, mit
       der die Gesellschaft ihnen begegnet.
       
       21 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Gaus
       
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