# taz.de -- Kommentar Karenzzeit für Politiker: Ausstieg muss möglich sein
       
       > Politiker brauchen Exit-Optionen aus der Politik. Zu lange Karenzzeiten
       > für ihre Weiterverwendung in der Industrie verbauen sie.
       
 (IMG) Bild: Wechselt vom Verkehrsministerium in den Verband Kommunaler Unternehmen: Katherina Reiche.
       
       Der Gesetzentwurf zu Karenzzeiten, den das Bundeskabinett heute beschließen
       will, ist richtig und überfällig. Gerhard Schröder (SPD) hätte unter dem
       neuen Gesetz niemals so nahtlos vom Kanzler zum Gazprom-Lobbyisten werden
       können, Eckart von Klaeden (CDU) niemals so schnell vom Staatsminister in
       Merkels Kanzleramt zum Cheflobbyisten der Daimler AG.
       
       Der rasche Wechsel von der Spitzenpolitik in die Chefetagen der Wirtschaft
       ist im letzten Jahrzehnt selbstverständlich geworden. Dass sich Minister
       und Staatssekretäre willfähriger gegenüber der Wirtschaft verhalten, um die
       Chance auf einen gut bezahlten Anschlussjob nicht zu gefährden, ist
       wahrscheinlich; dass sie an Gesetzen mitschreiben können, die ihre spätere
       Tätigkeit erleichtern, problematisch.
       
       Die Sehnsucht, den Selbstbedienungsladen Politik ein für alle Mal
       dichtzumachen, ist daher verständlich. Und dennoch ist die Forderung von
       Lobbycontrol und Grünen, die geplante Karenzzeit von zwölf bis achtzehn
       Monaten auf drei Jahre zu erhöhen, falsch. Die Willfährigkeit von Ministern
       und Staatssekretären gegenüber gegenüber der Wirtschaft würde dadurch zwar
       sinken, der Opportunismus gegenüber der eigenen Partei aber wachsen.
       
       Spitzenpolitiker, die nicht in einen Beamtenjob zurückkönnen, müssten dann
       auf einen Job in Brüssel oder in den parteinahen Stiftungen hoffen – und
       würden Widerspruch gegenüber ihren Führungen weitgehend meiden. Die
       Aussicht, andernfalls Jahre mit Nichtstun oder Ehrenämtern verbringen zu
       müssen, dürfte ebenso die Falschen in die Politik locken, wie es heute
       schon die Aussicht auf üppig dotierte Anschlussverwendungen tut.
       
       Politiker brauchen Exit-Optionen aus der Politik. Zu lange Karenzzeit
       verbauen sie.
       
       4 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Reeh
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Einflussnahme
 (DIR) Karenzzeit
 (DIR) Bundesverkehrsministerium
 (DIR) Wirtschaft
 (DIR) Lobbyismus
 (DIR) Karenzzeit
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) Lobby
 (DIR) Kabinett
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Von Klaedens Wechsel in die Wirtschaft: Ermittlungen eingestellt
       
       Kurz nach Ende seiner politischen Laufbahn wechselte Eckart von Klaeden
       (CDU) zu Daimler. Kein Problem, sagt jetzt die Staatsanwaltschaft Berlin.
       
 (DIR) Staatssekretärin wird Chef-Lobbyistin: Reich, reicher, Reiche
       
       Für den Lobbyverband VKU ist Katherina Reiche eine sehr gute Wahl.
       Eigentlich. Denn die CDU-Politikerin setzte sich in der Vergangenheit auch
       für Atomkraft ein.
       
 (DIR) Karenzzeit für Spitzenpolitiker: Seitenwechsel mit Beigeschmack
       
       Die Große Koalition legt ihren Gesetzentwurf zu Karenzzeiten für
       PolitikerInnen vor. Ein Jahr Zwangspause soll die Regel werden.
       
 (DIR) Früherer Staatssekretär wird Lobbyist: Intime Einflussnahme
       
       Ex-Regierungsmitarbeiter verschaffen ihrem neuen Arbeitgeber privilegierte
       Zugänge zur Politik und andere Vorteile. Ein neuer Fall sorgt für Aufsehen.
       
 (DIR) Viviane Reding geht in die Wirtschaft: Die Bertelsmann-Kommissarin
       
       Die ehemalige EU-Justizkommissarin kennt keine Karenzzeit. Sie geht zu
       Bertelsmann und zu einer mexikanischen Bergbaufirma.
       
 (DIR) Kommentar Politiker in der Wirtschaft: Die vergiftete Demokratie
       
       So wie Niebel, von Klaeden & Co vor ihm macht nun auch
       Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr seine politischen Erfahrungen zu Geld.