# taz.de -- Kommentar Flüchtlingssterben Lampedusa: Wohlfeiles Entsetzen
       
       > Zufrieden waren viele, als die Seenotrettung Mare Nostrum eingestellt
       > wurde, denn sie wirke ja wie ein „Magnet“ für Flüchtlinge. Jetzt trauern
       > wieder alle.
       
 (IMG) Bild: Sie haben Glück gehabt: Gerettete Flüchtlinge auf einem Boot der italienischen Marine.
       
       Jetzt ist wieder einmal, wenigstens für ein paar Tage, Entsetzen angesagt.
       [1][Wieder einmal wird Lampedusa zu Europas Leichenschauhaus], wieder
       einmal haben Menschen ihren Traum von einem besseren Leben mit dem Tod
       bezahlt.
       
       Doch das Entsetzen wird schnell verfliegen, es wird – so steht zu
       befürchten – folgenlos bleiben. Noch vor einigen Monaten schien es, als
       käme Bewegung in die Diskussion über die europäische Flüchtlingspolitik.
       Auch in Deutschland fanden sich prominente Stimmen für die Fortsetzung der
       humanitären Rettungsaktion Mare Nostrum, auch in Deutschland wurde über
       eine europäisch koordinierte Aufnahmepolitik geredet.
       
       [2][Doch dann stellte Italien im letzten November Mare Nostrum sang- und
       klanglos ein]. Und erneut findet sich die europäische Debatte auf dem
       Stand, auf dem sie vorher schon war: im Pingpong zwischen den beiden Polen
       „Flüchtlingsnotstand“ und „Flüchtlingskatastrophen“. Flüchtlingsnotstand
       herrscht pünktlich immer dann, wenn „zu viele“ kommen, wenn Bilder von
       überfüllten Lagern in Italien über die Bildschirme flimmern. Der erste
       Reflex ist dann jedes Mal Abwehr. Zufrieden waren denn auch viele
       europäische Staatskanzleien mit der Einstellung Mare Nostrums, weil die
       systematische Rettung ja recht eigentlich als „Magnet“ wirke, wie es immer
       wieder hieß.
       
       Dann aber gibt es mit unschöner Regelmäßigkeit die Flüchtlingskatastrophen.
       Mare Nostrum war ein großer Fortschritt, weil es nicht auf Abwehr setzte,
       sondern auf systematische Rettung. Dieser Perspektivwechsel währte aber nur
       ein Jahr. Jetzt herrscht erneut Entsetzen, doch es ist wohlfeil: Es sind
       Italien und Europa, die den Flüchtlingen erneut den Rücken zugewandt haben
       – und so dafür sorgen, dass das Mittelmeer auch in Zukunft zum Massengrab
       wird.
       
       10 Feb 2015
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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