# taz.de -- Soziale Ungleichheit in Deutschland: Große Familien öfter arm
       
       > Jeder dritte Haushalt mit mehr als zwei Kindern ist von Armut betroffen.
       > Fast 20 Prozent der großen Familien müssen Sozialleistungen beziehen.
       
 (IMG) Bild: Armutsrisiko Kinder: In großen Familien ist das Geld oft knapp
       
       Gütersloh afp/epd | Kinderreiche Familien sind einer Studie zufolge
       häufiger von Armut betroffen als Haushalte mit höchstens zwei Kindern. Fast
       ein Drittel (32 Prozent) aller Familien mit drei oder mehr Kindern gilt als
       [1][einkommensarm], knapp 18 Prozent beziehen Leistungen nach dem
       Sozialgesetzbuch (SGB) II, wie die Bertelsmann Stiftung am Donnerstag in
       Gütersloh mitteilte. Dabei lebt mit 46 Prozent fast die Hälfte aller Kinder
       in Mehrkindfamilien im SGB-II-Bezug. Knapp 18 Prozent beziehen
       Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld.
       
       Insgesamt gibt es rund 1,3 Millionen Mehrkindfamilien in Deutschland, das
       entspricht etwa jeder sechsten Familie. Das Risiko, in die Armut zu
       rutschen, ist für Paarfamilien mit mindestens drei Kindern fast dreimal so
       hoch wie für Familien mit zwei Kindern.
       
       Mehrkindfamilien sind mit 63 Prozent besonders in Bremen von Armut
       betroffen, in Bayern mit 22 Prozent am geringsten. Vor allem
       Alleinerziehende mit drei oder mehr Kindern sind armutsgefährdet. Über 86
       Prozent von ihnen sind auf Sozialleistungen angewiesen. Fast die Hälfte
       aller Kinder in Mehrkindfamilien lebt in einem Haushalt, in dem
       Sozialleistungen bezogen werden.
       
       Je mehr Kinder in einer Familie leben, desto seltener arbeiten beide
       Elternteile. Bei ihnen ist häufiger als in anderen Familien der Vater der
       Hauptverdiener, während die Mutter dazuverdient. Dafür verbringen Mütter in
       diesen Konstellationen doppelt so viel Zeit mit der Kinderbetreuung wie
       Väter. Rund 70 Prozent der Mütter von mindestens drei Kindern sind gut
       ausgebildet, was laut Studie das Klischee eines niedrigen Bildungsstands
       widerlegt.
       
       ## Zu finanziellen Problemen kommen Stigmatisierungen
       
       „Da die Betreuung und Erziehung von drei und mehr Kindern viel Zeit kostet,
       können Eltern ihre Erwerbstätigkeit kaum ausweiten, sondern müssen sie
       meistens sogar reduzieren“, erklärte Anette Stein von der Bertelsmann
       Stiftung. Die soziale Situation von Mehrkindfamilien müsse stärker ins
       Blickfeld rücken, forderte sie. Problematisch für Mehrkindfamilien seien
       finanzielle Engpässe und [2][die Suche nach bezahlbare Wohnungen]. Sie
       seien zudem häufig von Stigmatisierungen und Vorurteilen betroffen.
       
       Die Gesellschaft übersehe die Leistungen von Mehrkindfamilien. „Wer drei
       Kinder oder mehr großzieht, sorgt im Umkehrschluss dafür, [3][dass der
       Generationenvertrag unserer solidarisch organisierten
       Sozialversicherungssysteme funktioniert]“, erklärte Stein. Sie forderte
       eine Kindergrundsicherung, finanzielle Entlastungen und eine Lösung von
       Politik, Wissenschaft und Gesellschaft von der Norm der Zweikindfamilie.
       
       10 Nov 2022
       
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