# taz.de -- Sofortprogramm vorgestellt: Linke gegen „Bekenntnisquatsch“
       
       > Mindestlohn, Mietendeckel und Kindergrundsicherung würden die Linken
       > sofort einführen – wenn man sie ließe. Bekenntnisse zur Nato finden sie
       > absurd.
       
 (IMG) Bild: Janine Wissler und Dietmar Bartsch
       
       Berlin taz | Schließlich redeten sich die Spitzenkandidat:innen der
       Linken, Janine Wissler und Dietmar Bartsch, sogar ein wenig in Rage. Ob sie
       denn jetzt beide zum Nato-Hauptquartier fahren sollen, dort niederknien und
       sagen: Wir bekennen uns? „Wir sind kein Kasperletheater und mit diesem
       Bekenntnisquatsch soll man aufhören“, sagte Bartsch.
       
       Das richtete sich vor allem an die Adresse von SPD-Kanzlerkandidat Olaf
       Scholz, der im Tagesspiegel erneut bekräftigt hatte, wer
       Regierungsverantwortung übernehmen wolle, müsse sich klar zur Nato
       bekennen. Das zielte auf die Linkspartei und deren [1][außenpolitische
       Positionen], zu denen die Auflösung der Nato zählt.
       
       Dabei wollten Bartsch und Wissler doch am Montag unterstreichen, dass die
       Linke [2][gewillt und bereit ist, mitzuregieren]. Sie präsentierten in
       Berlin, auch im Namen der Ko-Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und
       Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow, ein Sofortprogramm für den Fall, dass
       man sie fragt. „Wir können uns ja auch Schöneres vorstellen, als mit dem
       Architekten der Agenda 2010 zu verhandeln“, stichelte Wissler in Richtung
       Scholz. Aber darum gehe es nicht, sondern darum, jetzt das Leben für die
       Mehrheit der Menschen im Land zu verbessern.
       
       Was die Linke plant, liest sich wie ein vorgezogenes Sondierungspapier:
       Soziale Themen stehen im Vordergrund, wie ein Mindestlohn, ein bundesweiter
       Mietendeckel und eine Kindergrundsicherung. Hier gibt es große
       Überschneidungen mit SPD und Grünen. Ein anderes Bündnis als mit diesen
       beiden Parteien käme für die Linke auch nicht in Frage.
       
       ## Über Mindestlohn herrscht Konsens
       
       Die Linke wirbt für einen Mindestlohn von 13 Euro, SPD und Grüne fordern 12
       Euro, da könnte man sich sicher einigen. Eine Kindergrundsicherung mit
       Aufschlägen für niedrige Einkommen wollen sowohl SPD als auch Grüne, die
       Linke schlägt von allen dreien den höchsten Garantiebetrag vor, nämlich 328
       Euro.
       
       Differenzen gibt es beim Thema Renten, die Linke will das Niveau nämlich im
       ersten Schritt wieder auf 53 Prozent anheben, Grüne und SPD versprechen
       lediglich, es bei 48 Prozent zu sichern. Die Linke will zudem die Renten
       der Menschen im Osten bis 2022 angleichen.
       
       Die steuerpolitischen Vorschläge aller drei Parteien gehen dagegen in eine
       ähnlich Richtung: Alle drei versprechen, Vermögen wieder zu besteuern. In
       ihrem Sofortprogramm will die Linke zudem noch eine einmalige
       Vermögensabgabe für Multi-Millionäre einführen, um die Lasten der
       Corona-Krise gerecht zu verteilen.
       
       Beim Thema Klima ist sich die Linkspartei vor allem mit den Grünen einig,
       dass es eine Energiewende mit verbindlichen Ausbauzielen brauche, die sich
       am 1,5-Grad-Ziel orientieren müsse. Dass die Wirtschaft bei den nötigen
       Transformationsprozessen unterstützt werden muss, dürfte Konsens in allen
       drei Parteien sein. Pikanterweise nimmt die Linkspartei im Sofortprogramm
       vor allem die Automobilindustrie in den Fokus und schlägt einen
       Industrie-Transformationsfonds von 20 Milliarden Euro pro Jahr vor, der vor
       allem den Zulieferern den ökologischen Umbau erleichtern solle.
       
       ## „Nato“ taucht nicht auf
       
       Das strittige Thema Außenpolitik hat die Partei im Sofortprogramm dagegen
       nach hinten gestellt. Das Wort Nato taucht dort gar nicht auf. Stattdessen
       heißt es in dem Papier, man wolle die Rüstungsausgaben um 10 Milliarden
       Euro senken. Das entspräche dem Rüstungsetat von 2018. Das Geld würde die
       Linke stattdessen in Schulen und Kitas stecken.
       
       Auch die Forderungen aus dem Wahlprogramm, die Bundeswehr aus allen
       Auslandseinsätzen zurückzuziehen und Waffenexporte zu verbieten, finden
       sich in dieser Schärfe nicht im Linken Sofortprogramm. Dort heißt es
       abgemildert, man werde Rüstungsexporte in Krisengebiete stoppen und SPD und
       Grüne beim Wort nehmen, „die Auslandseinsätze der Bundeswehr auf den
       Prüfstand zu stellen.“
       
       Bartsch forderte, statt Bekenntnisse zu verlangen, soll man doch lieber
       über konkrete Inhalte zu reden. „Was ist die Nato, was soll die Nato, wohin
       soll sie sich entwickeln.“ Die Linke wolle ein System kollektiver
       Sicherheit unter Einschluss Russlands. „Wenn wir dahin kämen, kann man es
       meinetwegen Nato nennen.“
       
       Das ist allerdings Bartschs persönliche Meinung. Ohnehin würde am Ende von
       Koalitionsverhandlungen die Basis der Linken über einen Vertrag abstimmen.
       Und da denken längst nicht alle so pragmatisch wie Bartsch.
       
       6 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Afghanistan-Politik-der-Linkspartei/!5791102
 (DIR) [2] /Die-Linke-im-Bundestagswahlkampf/!5798785
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) IG
 (DIR) Rot-Rot-Grün
 (DIR) Rot-Grün-Rot
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Nato
 (DIR) Wahlprogramm
 (DIR) Wahlkampf
 (DIR) Verbrennungsmotoren
 (DIR) Annalena Baerbock
 (DIR) IG
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Schwerpunkt Armut
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahl für Niedrigverdiener: 12 Euro reichen nicht
       
       Grüne, Linke und SPD wollen den Mindestlohn deutlich erhöhen. Die Union
       behandelt das Thema dagegen nur am Rande.
       
 (DIR) Die Wahl für Krankenschwestern: Sie ist überall
       
       Das Bild der alleinerziehenden Krankenschwester wird oft benutzt, wenn
       Parteien sich gegenseitig falsche Sozialpolitik vorwerfen. Was steckt
       dahinter?
       
 (DIR) Plakatkampagnen vor der Wahl: Nichtssagend und austauschbar
       
       Die Parteien wollen mit inhaltsleeren Wohlfühlplakaten punkten. Dabei gäbe
       es einen simplen Weg, die Wahlkampf-Slogans gehaltvoller zu machen.
       
 (DIR) Debatte über rot-grün-rote Koalition: Stück ohne Aufführung
       
       Eigentlich spricht viel für ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken. Doch
       auch diesmal dürfte R2G kaum Realität werden – vor allem der Außenpolitik
       wegen.
       
 (DIR) Mögliches Bündnis aus SPD, Grünen, FDP: Was kann die Ampel?
       
       SPD, Grüne und FDP könnten die nächste Regierung bilden, unter einem
       Kanzler Olaf Scholz. Nur: Da, wo es ums Geld geht, sind die Gräben tief.
       
 (DIR) Soziologin über soziale Ungerechtigkeit: „Die untere Hälfte besitzt nichts“
       
       In den letzten Jahrzehnten gab es eine Umverteilung von unten nach oben,
       sagt die Soziologin Silke van Dyk. Auch die Lebenserwartung hänge mit
       Klasse zusammen.
       
 (DIR) Steuerpläne der Linkspartei: Die Linkspartei will Steuern senken
       
       Aber nicht für alle. Reiche sollen bis zu 75 Prozent ihres Einkommens
       abgeben. Spitzenkandidat Bartsch macht damit auch ein Angebot an SPD und
       Grüne.