# taz.de -- Nord Stream 2: Verhandlungsmasse schmilzt
       
       > Es sollte ein Deal werden: Flüssiggas aus den USA gegen Zustimmung zur
       > Ostseepipeline. Doch der Handel droht zu scheitern.
       
 (IMG) Bild: Warten auf den Weiterbau: Das russische Verlegeschiff Akademik Tscherski im Mukran Port
       
       Berlin/Moskau taz | Die [1][Deutsche Umwelthilfe (DUH)] fordert die
       EU-Kommission auf, für das geplante Flüssiggasterminal in Brunsbüttel keine
       Sonderregeln zuzulassen. [2][Nach einem von der DUH am Dienstag
       veröffentlichten Rechtsgutachten wäre es unzulässig, wenn die Kommission
       einem entsprechenden Antrag der Bundesnetzagentur folgen würde.]
       
       Über das Terminal in Brunsbüttel soll mithilfe von Fracking gewonnenes
       Flüssiggas (LNG) aus den USA nach Europa gelangen.
       Umweltschützer:innen lehnen das ab, weil Frackinggas extrem
       klimaschädlich ist. Die Kommission muss bis Ende März über einen Antrag der
       German LNG entscheiden. Die Betreiber fordern, dass sie bis zu 80 Prozent
       der Kapazitäten der Anlage in langfristigen Verträgen binden dürfen – das
       ist unter Einhaltung der Wettbewerbsregeln nicht erlaubt. Für diese
       Kapazitäten wollen sie auch in der Preisgestaltung frei sein.
       
       Ansonsten müssen Preise von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Die hat
       den Antrag bereits bewilligt und zur Prüfung an die EU-Kommission
       übermittelt. Laut DUH-Rechtsgutachten ist diese Entscheidung nicht
       rechtmäßig. Die Bundesnetzagentur habe bei ihrer Prüfung die
       Umweltverträglichkeit ausgeklammert – was sie laut Gutachten nicht darf.
       
       „Ohne die Sonderregelungen rechnet sich die Anlage nicht“, sagte Constantin
       Zerger, Leiter des Bereichs Energie und Klimaschutz bei der DUH. Er
       kritisiert, dass die Bundesnetzagentur die Auswirkungen nicht selbst
       geprüft, sondern dazu ein Auftragsgutachten der Betreiber herangezogen hat.
       Das dürfe nicht die Grundlage einer unabhängigen Verwaltungsentscheidung
       sein. „So entsteht der Eindruck, als würden mit der Entscheidung ein
       politischer Auftrag erfüllt und Sonderregeln für eine Infrastruktur
       geschaffen, die energiewirtschaftlich unnötig und klimapolitisch verheerend
       ist“, sagte er.
       
       ## Verhandlungsmasse für Nord Stream 2
       
       In Europa gibt es bereits eine Reihe von Flüssiggasterminals. Sie sind
       nicht ausgelastet. Das geplante Terminal in Brunsbüttel ist für die
       Bundesregierung trotzdem wichtig, weil es eine Rolle im Poker um die
       umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 spielt. Würde das LNG-Terminal
       in Brunsbüttel nicht realisiert, verlöre die Bundesregierung gegenüber der
       US-Regierung Verhandlungsmasse. Erst vor Kurzem wurde öffentlich, dass
       Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) den USA angeboten hat, viel Geld
       unter anderem in den Bau des LNG-Terminals in Brunsbüttel zu stecken, wenn
       die Amerikaner im Gegenzug Nord Stream 2 akzeptierten.
       
       Die USA lehnen die Ostseepipeline ab, weil sie eine zu große
       Abhängigkeit der europäischen Partner von Russland fürchten. Sie haben
       beteiligten Unternehmen mit Sanktionen gedroht. Für Moskau ist die
       Gasleitung, die die Ukraine als Transitland umgeht, ein geopolitisches
       Projekt, um Kiew abzustrafen und die Gaspartner enger an Moskau zu binden.
       
       Die Drohung der USA zeigt bei den beteiligten Unternehmen Wirkung. [3][Aus
       einem am Montag veröffentlichten Bericht des US-Außenministeriums an den
       Kongress geht hervor, dass mindestens 18 europäische Unternehmen aus dem
       deutsch-russischen Gasprojekt ausgestiegen sind oder vorhaben, es zu
       verlassen.]
       
       Darunter sind der Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger und der
       Rückversicherer Munich Re. Angeblich sollen sich auch in Großbritannien
       ansässige Versicherungskonzerne, die Schweizer Zurich Insurance Group und
       die Axa Group zurückgezogen haben. Bislang haben die USA nur gegen das
       russische Unternehmen KVT-RUS Sanktionen verhängt. Ihm gehört das Schiff,
       das die Pipeline verlegt. Die Maßnahme erfolgte noch unter Präsident Donald
       Trump.
       
       23 Feb 2021
       
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