# taz.de -- Neue Elends-Bekämpfung in Hamburg: Sanfter Druck auf störende Obdachlose
       
       > In Hamburg planen SPD und Grüne Streifen mit Sozialarbeitern und
       > Ordnungskräften, die Obdachlose in Einrichtungen „begleiten“. Die Linke
       > warnt davor.
       
 (IMG) Bild: Soll künftig mit Sozialarbeitern auf Streife gehen: bezirklicher Kontrolldienst für St. Georg
       
       Hamburg taz | Eine neue Maßnahme zur Elendsbekämpfung hat die
       Bezirksversammlung Hamburg-Mitte beschlossen. Künftig soll ein Team aus
       Sozialarbeitern, [1][Sozialraumläufern] und dem bezirklichen Kontrolldienst
       regelmäßig „Präsenzgänge“ durch den Stadtteil St. Georg machen, um
       Drogenabhängige und Obdachlose anzusprechen und „aktiv“ in eine
       Hilfseinrichtung zu begleiten.
       
       Besonders an „sensiblen Orten“ wie etwa dem Spielplatz St. Georgs Kirchhof
       oder weiteren Plätzen vor Kitas und Schulen, aber auch auf dem öffentlichen
       Hansa-Platz sollen diese Teams erscheinen. So eine Zusammenarbeit von
       Sozialarbeit und Ordnungskräften kann das Vertrauen erschweren und ist
       fachpolitisch umstritten.
       
       Der [2][Antrag] für die „Sozialstreifen“, wie der [3][NDR sie titulierte],
       wurde mit Stimmen von SPD, Grünen und FDP verabschiedet. Sie taten dies vor
       dem Hintergrund, dass in diesen Tagen [4][in der Repsoldstraße 27] in der
       Nähe des Hauptbahnhofs eine große Hilfeeinrichtung ihre Pforten öffnet, mit
       der die Stadt das Elend im Quartier in den Griff bekommen möchte.
       
       In dem ehemaligen Bürohaus mit 6.500 Quadratmetern Fläche direkt neben der
       Drogenhilfeeinrichtung Drob Inn stehen seit September 30 Notschlafplätze
       für Obdachlose bereit; weitere Angebote wie Beratung, medizinische
       Versorgung. und tagesstrukturierende Angebote sollen folgen.
       
       ## Kontrolldienst kann mehr Druck machen
       
       Der Vorsitzende des SPD-Fraktion in Mitte, Oliver Sträter, sieht hier neuen
       Handlungsbedarf: „Wir haben seit langer Zeit in den Quartieren St. Georgs
       ein starkes Aufkommen von Menschen, die offen Drogen konsumieren“, sagt er
       zur taz. Gleichzeitig habe man mit dem Drob Inn und der Repsoldstraße gute
       Angebote. Doch es gebe eine kleine Regelungslücke bei der Frage, wie die
       Menschen dorthin kommen. „Insbesondere, wenn es um offenen Drogenkonsum vor
       einer Kita geht, finden wir es angemessen, mit sanftem Druck dafür zu
       sorgen, dass der Drogenkonsum nicht dort stattfindet“, sagt Sträter.
       
       Die neuen Streifen sollen dem Antrag zufolge „durch sichtbare direkte
       Ansprache zur Entlastung der Wohnquartiere“ beitragen. Bereits vor zwei
       Jahren wurden am Hauptbahnhof spezielle „Sozialraumläufer“ eingeführt, das
       sind Security-Kräfte in roten Jacken. Doch diese arbeiteten nur in einem
       sehr engen Radius um den ZOB und den Hauptbahnhof, sagt Sträter. Zudem
       weiche die Zielgruppe aus, wenn am Bahnhof der Kontrolldruck erhöht werde.
       
       Die Sozialraumläufer hätten nur Jedermannrechte und könnten sagen: „Geh da
       mal weg“. Der bezirkliche Kontrolldienst, der 2021 im Bezirk wieder
       eingeführt wurde und etwa für Kontrollen auf Veranstaltungen und in der
       Gastronomie zuständig ist, habe mehr Kompetenzen, sagt Sträter.
       Entscheidend sei, dass die Menschen erreicht würden, ergänzt die
       Grünen-Fraktionschefin Julia Brinkmann. Gleichzeitig entlaste man Kitas und
       Spielplätze und stärke das Wohlbefinden von Eltern und Kindern in St.
       Georg.
       
       ## Fachverbände warnen vor Vertrauensverlust
       
       Hamburgs Sozialbehörde wird nun gebeten, mit dem Bezirksamt Mitte die
       nötigen Ressourcen bereitzustellen und ein Konzept vorzulegen. Sträter geht
       davon aus, dass der bezirkliche Kontrolldienst aufgestockt werden müsste.
       
       Fachpolitisch ist dieser Vorstoß umstritten. Der Antrag passt gut in das
       35-seitige [5][Konzept der Sozialbehörde für Straßensozialarbeit] vom Mai,
       das von den Straßensozialarbeitern eine „verbindliche Zusammenarbeit mit
       den Ordnungs- und Sicherheitsbehörden“ fordert und mehr beharrliche
       Ansprache und schnelle Lebenslagenveränderung verlangt.
       
       Die [6][Bundesarbeitsgemeinschaft der Streetworker] warnte daraufhin vor
       dem Verlust fachlicher Standrads. Denn in der Straßensozialarbeit seien
       Prinzipien wie Freiwilligkeit, Parteilichkeit und Vertraulichkeit „keine
       optionale Haltung, sondern professionelle Notwendigkeit“. Auch die
       [7][Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege] (AGFW) warnte, dass
       Vertrauensverhältnis zu den Betroffenen nehme Schaden.
       
       ## Die Linke befürchtet weitere Verelendung
       
       Gegen den Antrag in Mitte stimmte [8][die Linksfraktion]. „Es ist der
       falsche Weg, wenn man mit Druck arbeitet und die Straßensozialarbeit mit
       Ordnungskräften zusammen auftritt“, sagt die Linken-Fraktionsvorsitzende in
       Mitte, Nora Stärz. Ihr sei auch nicht klar, welche Kompetenzen genau der
       Kontrolldienst habe. „Ich befürchte eine noch stärkere Verelendung rund um
       die Wohnviertel direkt an Drob Inn und Repsoldstraße und eine Verdrängung
       in andere Stadtteile.“
       
       „Gemischte Präsenzstreifen sind kein soziales Konzept“, sagt auch die
       Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Olga Fritzsche. „Die Idee, Leute in
       Bewegung zu halten, die keinen Ort haben, wo sie hin können, löst kein
       Problem. Sie schafft welche“, sagt Fritzsche. Nötig seien mehr Stellen in
       der Straßensozialarbeit und zusätzliche Wohnangebote.
       
       Brinkmann dagegen versichert: „Uns Grünen geht es gerade nicht um
       Verdrängung, sondern um echte Entlastung im Quartier, für Konsument*innen
       genauso wie für Anwohnende.“
       
       27 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neue-Massnahme-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!6003687
 (DIR) [2] https://bv-hh.de/hamburg-mitte/documents/sozialraeumliche-praesenz-zur-staerkung-der-hilfsangebote-in-st-georg-antrag-der-spd-fraktion-gruene-fraktion-und-fdp-gruppe-206828
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/903/bezirk-mitte-praesenzgaenge-in-st-georg-geplant,audio-287368.html
 (DIR) [4] /Hilfe-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!6054743
 (DIR) [5] https://www.hamburg.de/resource/blob/1067216/129735e6381a08c74af35b36ea9f7235/konzept-strassensozialarbeit-data.pdf
 (DIR) [6] https://bag-streetwork.de/2025/08/21/stellungnahme-straso-hamburg/
 (DIR) [7] https://www.agfw-hamburg.de/AGFW/Detail.aspx?id=25434
 (DIR) [8] https://www.linksfraktion-hamburg-mitte.de/fileadmin/lcmslfhamburgmitte/dateien/Pressemitteilungen/PM_250923_Praesenzstreifen_St-Georg.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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