# taz.de -- Junge Linkenwähler und TikTok: Zwischen Brainrot und Hoffnung
       
       > Weil die Linke Tiktok geknackt hat, haben sie viele junge Menschen
       > gewählt. Das liegt auch an der flachen Ansprache – aber vor allem an den
       > Inhalten.
       
 (IMG) Bild: Daumen hoch von Gysi: Hier „verrotten“ Hirne
       
       Heidi Reichinnek redet energisch im Bundestag, im Hintergrund läuft
       Techno-Musik. Aus Jan van Akens Augen schießen Laserstrahlen. Gregor Gysi
       zeigt sich mit „DJ Gysi“ in schwarzer Sturmhaube und adressiert die
       Zuschauer:innen mit: „Hey, Süßis.“
       
       Dass die Linke bei der Bundestagswahl bei 8,8 Prozent landete, verdankt sie
       auch ihrem Auftritt auf Social Media und besonders auf Tiktok. In der
       Altersgruppe der unter 25-Jährigen liegt die Partei mit 25 Prozent
       komfortabel vor der AfD.
       
       So war die Partei auf Tiktok auch so erfolgreich, [1][weil sie auf
       Brainrotcontent setzte] (Stichwort: Laserblick). Der Begriff Brainrot, auf
       Deutsch „Gehirnfäule“, beschreibt Inhalte, die durch ihre triviale,
       abgestumpfte und vor allem dumme Art zu einer vermeintlichen geistigen
       Verschlechterung einer Person führen. Dieser abgestumpfte Humor ist
       besonders auf Tiktok beliebt und schafft so in kurzer Zeit viele Klicks.
       
       Aber nicht falsch verstehen: [2][Die Linken-Kampagne auf Tiktok]
       beschränkte sich nicht auf Brainrotcontent. Im Gegenteil. Die Linke setzt
       in den sozialen Medien auf Inhalt. Sie klärt auf, warum ein Mietendeckel,
       die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro, die Besteuerung von Superreichen
       und eine klare Kante gegen rechts so wichtig sind. Sie setzt sich für die
       sozial Schwächeren ein und kritisiert das Vermögen der Reichen, anstatt
       diese anzuschmachten, wie es viele andere Parteien tun. Damit kommt sie bei
       jungen Wähler:innen an.
       
       ## „Nicht alleine durch Social Media“
       
       Für die Linke ist Tiktok natürlich nicht der einzige Weg, für sich zu
       werben. Sie hat den richtigen Spagat zwischen Haustürwahlkampf,
       Demonstrationen und kurze Tiktok-Clips gefunden. Sie setzt auf eine
       Strategie, die der [3][Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje]
       so formuliert: „Ohne Social Media kann man junge Wähler nicht gewinnen,
       aber man gewinnt sie nicht alleine durch Social Media.“
       
       Die Linke hat als Oppositionspartei die FDP ersetzt. Wo unter der Groko die
       FDP noch als junge und energische Partei galt, sehen sie die Jugendlichen
       [4][heute als unrealistisch und lebensfern]. Die FDP, als Partei für
       Reiche, widerspricht den Werten der jungen Generation, die Armut bekämpfen
       und die Wohlstandskluft mindern will.
       
       Den Tiktok-Algorithmus haben bislang vor allem die Linke und die AfD
       geknackt. Das schaffen sie auch durch Schwarz-Weiß-Denken und Zuspitzung.
       Aber die Polarisierung der Linken gibt jungen Menschen wie mir Zuversicht.
       Es zeigt uns, dass es eine Partei gibt, die sich wirklich für uns
       interessiert. Sie ignoriert unsere moralischen Vorstellungen nicht wie
       andere Parteien. Sie belächelt uns nicht als „Besserwisser“, wenn wir für
       Menschenrechte und Empathie eintreten, sondern zeigt, dass diese Werte in
       der Politik umsetzbar sind.
       
       Die Partei ist jetzt die laute linke Stimme im rechten Deutschland. Auf den
       Demos gegen rechts steht sie entschieden an der Seite von vor allem jungen
       Demonstrierenden. Als CDU-Chef Friedrich Merz gemeinsam mit der AfD
       abstimmte, stemmte sich die Linke gegen den Rechtsruck, etwa mit Heidi
       Reichinneks Bundestagsrede, die auf Social Media viral ging. Und sie setzt
       sich für die Rechte von LGBTQIA+-Personen ein, für Migrant:innen, für
       Personen, die kaum ihre Mieten zahlen können.
       
       Für mich und meine Freund:innen und all die anderen jungen Menschen, die
       jetzt Angst haben. Die Linke zeigt der Jugend, dass noch nicht alles
       verloren ist. Sie zeigt ihr, dass für ihre Existenz, ihre Sichtbarkeit und
       ihre Rechte gekämpft wird. Sie gibt Perspektive, gibt Hoffnung.
       
       Und genau deshalb wird sie gewählt.
       
       24 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Social-Media-Verbot-fuer-Jugendliche/!6048934
 (DIR) [2] /Social-Media-Star-im-Bundestagswahlkampf/!6066677
 (DIR) [3] https://www1.wdr.de/nachrichten/wahlergebnis-bundestagswahl-afd-linke-social-media-tiktok-100.html
 (DIR) [4] /Wahlkampf-im-Rueckblick/!6070919
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Schöpfer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) TikTok
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Rapper
 (DIR) Wahlkampf
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Heidi Reichinnek
 (DIR) Soziale Medien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Eko Fresh will Bürgermeister werden: Punchlines für die Politik
       
       Der Rapper Eko Fresh sagt, er könne sich das Bürgermeisteramt in Kerpen
       vorstellen. Gut so! Wir brauchen mehr Durchmischung von Musik und Politik.
       
 (DIR) Social Media im Wahlkampf: Nur ein Like bis zur Wahl
       
       Social Media wurde vor der Bundestagswahl 2025 zur Wahlkampfbühne. Wie
       nutzten die Parteien das Potenzial? Und wie kam die AfD zu ihrem Netzwerk?
       
 (DIR) Migration, Bürgergeld, Schuldenbremse: Knackpunkte in Koalitionsgesprächen
       
       Nach der Bundestagswahl haben Union und SPD erste Vorgespräche über eine
       Koalition geführt. Bei einigen Punkten liegen beide aber ziemlich weit
       auseinander.
       
 (DIR) Hamburgs Linke-Spitzenkandidatin: Betriebsunfall Bundestag
       
       Weil die Linke bei der Wahl im Bund zu gut abschnitt, droht die
       Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl Özdemir in den Bundestag zu
       entschwinden.
       
 (DIR) Wahlkampf im Rückblick: Demos, Tiktok und der große Tabubruch
       
       Der Wahlkampf war kurz, kalt und hart. Auch hinter dem Wahl-Team der taz
       liegt eine intensive Zeit. Neun Momente, die uns besonders bewegt haben.
       
 (DIR) Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf: Wie ein Phoenix aus der roten Asche
       
       Lange sah es aus, als ob die Linke aus dem Bundestag fliegt. Jetzt ist sie
       im Aufwind, auch dank Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek. Wie macht sie
       das?
       
 (DIR) Social-Media-Verbot für Jugendliche: Generation Gammelhirn
       
       Australien will Social Media für Jugendliche verbieten. Die Gen Z setzt
       sich oft selbst schon Grenzen, ihr digitaler Detox ist Selbsterhaltung.