# taz.de -- Fränkische Esskultur: Hier geht es immer um die Woorschd
       
       > Ob dick oder dünn, ob grob gewolft oder fein gekuttert: Gebratene Wurst
       > ist in Franken ein Grundnahrungsmittel. Doch woran erkennt man eine gute?
       
 (IMG) Bild: Eine wirklich gute kommt ohne Senf aus: Fränkische Bratwürste (hier mit Senf und Sauerkraut)
       
       Die Spezialitäten der hiesigen Gegend sind [1][der gebackene Karpfen] und
       Schäuferla, Schweineschulter aus dem Ofen. Aber noch wichtiger [2][ist
       zwischen Nürnberg und Würzburg die Bratwurst] oder wie man hier sagt: die
       Bradwoorschd. Selbst an einem windigen Würstlstand auf irgendeinem
       Supermarktparkplatz findet man sie von einer Qualität, die anderswo
       ihresgleichen sucht. In Franken freilich ist die Güteskala nach oben noch
       weit offen.
       
       Und genauso verhält es sich mit der Diversität. Ob kurz oder lang, ob dick
       oder dünn, ob grob gewolft oder fein gekuttert, die Vielfalt ist enorm.
       Grundlage ist selbstverständlich Schweinefleisch, aber auch Rind, Schaf
       oder Wild können mit ins Brät wandern. Nur was die Würzung angeht, ist man
       in Franken konservativ: Ohne Majoran geht hier kaum eine Fülle in den
       Wurstdarm.
       
       Zur Kultur gehört auch, dass der Bratwurst hier unablässig Denkmäler
       gesetzt werden. Nicht weit von hier in Geiselwind steht auf dem Marktplatz
       die Statue eines schwedischen Generals aus dem Dreißigjährigen Krieg mit
       einer Wurst in der Hand. Es geht die Sage, weil ihm dieselbe von einer
       schwarzen Katze weggeschnappt worden sei, habe er den Ort verschont.
       
       In die andere Richtung, in Iphofen, kann man an einer Tankstelle 24 Stunden
       Bratwürste eines der angesehensten Metzger der Region aus einem Automaten
       neben den Benzinsäulen ziehen. Und klar: Wer etwas auf die Bratwurst hält,
       hat auch ein Reinheitsgebot parat. Ansbach etwa ist stolz, auf eines der
       ältesten zurückzublicken. 1481, noch vor dem Bierreinheitsgebot, legte der
       Rat der Stadt die Menge der Gewürze fest, die dem Wurstbrät beigemengt
       werden dürfen.
       
       Kaum verwunderlich also, dass in der Küche meines Gasthauses eine
       stattliche Wurstspritze steht. Aus einem Zylinder mit 10 Kilo
       Fassungsvermögen presst man das Brät mittels einer schweren Kurbel durch
       eine Tülle in den Schafsaitling. Ich mache meine Bratwürste aus
       Wildschwein, statt Majoran verwende ich Fenchel und Chili als Würze, nach
       Art italienischer Salsicce. Das Kurbeln sollte man zu einer meditativen
       Angelegenheit werden lassen, habe ich gelernt. Dann werden die Würste am
       gleichmäßigsten und laufen auch keine Gefahr, in der Pfanne zu platzen.
       
       Und woran erkennt man nun eine gute Wurst? Meiner Ansicht nach am mäßigen
       Salzgehalt, die meisten Bratwürste sind aus Haltbarkeitsgründen viel zu
       salzig. Untrüglich ist aber der Senf-Beweis. Bedeutet, dass die Wurst gegen
       die eigentliche Absicht kein einziges Mal in den Klecks Senf auf dem Teller
       gedippt worden ist. Passiert mir das, habe ich eben eine wirklich gute
       Bradwoorschd vertilgt.
       
       25 Jan 2023
       
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