# taz.de -- Finanzversprechen auf der Klimakonferenz: Möglichst wenig Geld für die Welt
       
       > Das zentrale Ergebnis der UN-Klimakonferenz waren schwache Finanzzusagen.
       > Kritisiert werden nicht nur die versprochenen Summen.
       
 (IMG) Bild: So harmonisch wie hier ging es auf der UN-Klimakonferenz in Baku selten zu
       
       Berlin taz | Der große Streitpunkt auf der UN-Klimakonferenz war das Geld:
       Bis 2035 seien 1,3 Billionen US-Dollar an billigen Krediten und Zuschüssen
       aus dem Globalen Norden nötig, damit sich Entwicklungsländer an den
       Klimawandel anpassen und ihn bremsen können. Das hatte das Expertengremium
       für Klimafinanzierung im Vorhinein der Konferenz berechnet.
       
       Geeinigt hat sich die Staatengemeinschaft nach zwei Wochen Verhandlungen
       auf jährlich 300 Milliarden US-Dollar bis 2035 und einen „Fahrplan“ bis zur
       Klimakonferenz 2025, wie die nötigen 1,3 Billionen US-Dollar zusammenkommen
       sollen.
       
       Dass die Industriestaaten weniger als ein Viertel der tatsächlich nötigen
       Gelder liefern sollen, [1][wurde von NGOs und Entwicklungsländern scharf
       kritisiert]. Rachel Cleetus von der Vereinigung besorgter
       Wissenschaftler*innen sagte, dass die reichen Staaten „verhindern,
       Emissionen schnell zu reduzieren und die Kosten tödlicher Klimaextreme
       denen aufbürden, die am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben“.
       
       Expert*innen des Center for Global Development haben berechnet, dass
       auch ohne ein neues Ziel bis 2035 200 Milliarden US-Dollar zusammenkämen,
       wenn die Industriestaaten ihre Zahlungen an die Inflation anpassten und
       Entwicklungsbanken geplante Reformen umsetzten. 300 Milliarden US-Dollar
       sind demnach wenig mehr als eine Fortsetzung bestehender Zahlungen.
       
       Kritisiert wird nicht nur der geringe Betrag. Die 300 Milliarden US-Dollar
       können aus öffentlichen Geldern und Krediten von Entwicklungsbanken kommen
       sowie aus „mobilisierten“ Investitionen von privaten Finanzhäusern.
       „Mobilisiert“ bedeutet, dass Regierungen Geld dazugeben oder für Verluste
       einstehen und so die private Investition erst ermöglichen.
       
       Weil es nicht anders vorgegeben ist, werde ein Großteil dieser 300
       Milliarden US-Dollar in Form von Krediten kommen, kritisiert Jan Kowalzig,
       Klima-Experte der Hilfsorganisation Oxfam: „Die müssen mit Zinsen
       zurückgezahlt werden und könnten die oft erdrückende Schuldenlast der
       einkommensschwachen Länder weiter verschärfen.“ Viele Entwicklungsländer
       hatten gefordert, dass das Geld in Form von Zuschüssen kommt, die sie nicht
       zusätzlich mit Zinszahlungen belasten.
       
       Dazu kommt, dass die Industriestaaten bisher vertraglich verpflichtet
       waren, für die 100 Milliarden US-Dollar aufzukommen, die noch bis 2025 das
       Klimafinanzierungsziel sind. Das neue Ziel sieht vor, dass sie „die Führung
       übernehmen“. Falls die Industrieländer das 300-Milliarden-Ziel verfehlen,
       könnten sie argumentieren, dass als Entwicklungsländer klassifizierte
       Länder wie China oder Saudi-Arabien ebenfalls Gelder hätten beisteuern
       sollen.
       
       Deutschland werde ab 2026 seine Klimafinanzierungsmittel nach und nach
       anheben müssen, um das 300-Milliarden-Ziel mitzutragen, sagte Jule Könneke
       der taz. Könneke ist Teil des Forschungsclusters Klimapolitik der Stiftung
       Wissenschaft und Politik SWP. „Das wäre auch [2][in Hinblick auf die Wahl
       Donald Trumps] und das wahrscheinliche Ende der US-Beteiligung an der
       internationalen Klimafinanzierung ein wichtiges und notwendiges Signal.“
       
       Das Bundesministerium für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit
       leistet bislang den Großteil der Klimafinanzierung Deutschlands, die sich
       derzeit auf 6 bis 9 Milliarden US-Dollar jährlich beläuft, je nach
       Berechnungsweise.
       
       Eine Ministeriumssprecherin sagte der taz, dass es keine festgelegten
       Quoten für die Anteile einzelner Länder an den Finanzierungszielen gibt.
       Über den Umfang der Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln für die zweite
       Hälfte des Jahrzehnts „wird die nächste Bundesregierung entscheiden“.
       
       Wie der angekündigte Fahrplan zu den nötigen 1,3 Billionen US-Dollar
       aussehen könnte, ist noch unklar. Einzahlen können „alle Akteure“, um
       Mittel „aus allen öffentlichen und privaten Quellen“ bereitzustellen.
       Versprochen wird nur ein Bericht zum Fahrplan, der auf der nächsten
       Klimakonferenz in Brasilien vorgestellt werden soll.
       
       „Ob ein einjähriger Prozess wirklich die tiefen Gräben überwinden und die
       enorme Lücke zwischen den Zielen schließen kann, bleibt abzuwarten“, sagt
       SWP-Expertin Könneke. Die Verhandlungen drohten, die Themen Finanzierung
       und Emissionsreduktion gegeneinander auszuspielen.
       
       Das ist bereits dieses Jahr passiert: Viele Entwicklungsländer weigerten
       sich, [3][über Emissionsreduktion zu verhandeln], ohne Zusagen für eine
       angemessene Klimafinanzierung erhalten zu haben. „Es könnte weniger
       Aufmerksamkeit für die Emissionsminderung geben“, fürchtet Könneke.
       
       25 Nov 2024
       
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