# taz.de -- Wohnstatistik 2024: Über eine Million Menschen sind mittlerweile wohnungslos
> Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe ermittelt einen Anstieg
> von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
(IMG) Bild: Zu den häufigsten Auslösern von Wohnungslosigkeit zählen neben Trennung und Konflikten besonders Miet- und Energieschulden
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) veröffentlichte am
Montag neue Hochrechnungszahlen zu Wohnungslosigkeit von 2024 in
Deutschland. Die Ergebnisse seien „durchaus alarmierend“, so Fachreferent
Paul Neupert. Laut der Arbeitsgemeinschaft waren im Verlauf des letzten
Jahres 1.029.000 Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen. Damit
überschritt die Zahl erstmals die Millionenmarke. Sie bedeutet außerdem
einen Anstieg von 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wo es noch 928.000
Betroffene gewesen waren.
[1][Als „wohnungslos“ gelten all diejenigen Menschen], die keinen
mietrechtlich abgesicherten Wohnraum finden können. Das umfasst neben
explizit Obdachlosen beispielsweise auch Geflüchtete mit anerkanntem
Aufenthaltsstatus in Notunterkünften, Menschen auf Campingplätzen oder in
psychiatrischen Einrichtungen ohne eigenen Wohnraum.
Vorgestellt wurden die Zahlen in der zentralen Beratungsstelle für Menschen
in Wohnungsnot in Berlin-Moabit. [2][Das Stadtbild verändere sich
zunehmend], so Leiterin Elfriede Brüning über die Situation in der
Hauptstadt. „Auch in Gegenden, in denen noch nie ein Obdachloser zu sehen
war, gibt es jetzt Schlafplätze“, sagt sie. Das System sei so überbelegt,
dass es neue Menschen häufig nicht mehr aufnehmen könne und diese somit
direkt auf der Straße landeten. Etwa vierzig Prozent ihrer Klientel bestehe
aus sogenannten „Couchsurfern“: Menschen, die in Wohnungen von Freunden und
Bekannten unterkämen. Laut BAG waren im letzten Jahr 26 Prozent der
Wohnungslosen minderjährig, allerdings oftmals in Begleitung von
Angehörigen.
Problematisch sei, dass besonders niedrigschwellige Angebote am stärksten
von Kürzungen betroffen seien, Orte, „wo man mal einen Kaffee trinken und
sich austauschen kann“, so die Leiterin der Beratungsstelle. Bundesweit
sind laut BAG W bereits 17 Prozent der im Feld tätigen Dienste und
Einrichtungen von finanziellen Kürzungen betroffen oder bedroht.
Wie hoch der Anteil an von Wohnungslosigkeit betroffenen Geflüchteten ist,
belegen auch die neuen Zahlen: Rund 80 Prozent besaßen 2024 keine deutsche
Staatsbürgerschaft, 20 Prozent waren deutsche Staatsbürger.
BAG-W-Vorsitzende Susanne Hahmann warnte davor, Geflüchtete und
Wohnungslose gegeneinander auszuspielen. [3][Armut und der Mangel an
bezahlbarem und bedarfsgerechtem Wohnraum] seien die zentralen Gründe für
Wohnungslosigkeit. Als besonders problematisch hob sie den Rückgang von
Sozialwohnungen hervor. Die Sozialbindung vieler Wohnungen laufe jährlich
aus, außerdem werde zu wenig gebaut. „Fallen sie aus der Sozialbindung,
sehen sich Mieter*innen häufig mit steigenden Mieten und in vielen
Fällen sogar mit drohendem Wohnungsverlust konfrontiert“, so Hahmann.
Zu den häufigsten Auslösern von Wohnungslosigkeit zählten laut BAG W neben
Trennung, Ortswechsel und Konflikten besonders Miet- und Energieschulden.
Geschäftsführerin Susanne Bösing kritisierte die geplante Verschärfung der
Sanktionspraxis für Sozialleistungen. „Wir kennen es in der Praxis, dass
Menschen Termine beim Arbeitsamt nicht wahrnehmen können“, so Bösing.
Sahra Mirow, Linken-Abgeordnete und Mitglied des Ausschusses für Wohnen,
sagte der taz, Wohnungslosigkeit sei kein individuelles Versagen, sondern
Ausdruck einer unsozialen Politik: Dass in Deutschland inzwischen über eine
Million Menschen wohnungslos seien, sei ein „politischer Skandal“. Sie
forderte von Bundeswohnministerin Verena Hubertz (SPD), den Aktionsplan
gegen Wohnungslosigkeit endlich mit konkreten Maßnahmen zu untermauern.
Laut dem 2024 beschlossenen nationalen Aktionsplan soll Wohnungslosigkeit
in Deutschland bis 2030 überwunden werden.
17 Nov 2025
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