# taz.de -- Diplomatische Kontakte mit Afghanistan: Die Taliban sprechen in Katar mit Deutschland
       
       > Das Taliban-Regime meldet erstmals einen diplomatischen Kontakt mit der
       > Bundesregierung. Die möchte gerne nach Afghanistan abschieben.
       
 (IMG) Bild: Entspricht nicht deutschen Verkehrsstandards, aber man kann ja über alles reden: Taliban-Patrouille in Kabul
       
       Berlin taz | Deutschlands neue Regierung intensiviert offenbar ihre
       diplomatische Interaktion mit den in Afghanistan regierenden Taliban.
       Erstmals meldeten Ende voriger Woche offizielle Taliban-Medien, ihr
       Botschafter in Katar habe dort „wichtige politische Fragen“ mit dem für
       Afghanistan zuständigen deutschen Geschäftsträger Rolf Dieter Reinhard
       erörtert.
       
       Neben humanitärer Hilfe und der „Bereitstellung konsularischer
       Dienstleistungen für in Deutschland lebende Afghanen“ sei es auch um den
       „Ausbau der bilateralen Beziehungen“ gegangen. Die staatliche
       Nachrichtenagentur [1][Bakhtar] kommentierte, dieser „Dialog“ sei „ein
       entscheidender Schritt zur Wiederherstellung der diplomatischen
       Beziehungen.“
       
       Taliban-Botschafter Suhail Shaheen bestätigte das Treffen in sozialen
       Medien. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es auf taz-Anfrage lediglich, es
       bestünden „keine Pläne von Seiten der Bundesregierung“, mit den Taliban
       „Kontakte auf politischer Ebene aufzunehmen.“ Man sei aber „auf technischer
       Ebene“ in Verbindung.
       
       ## Frankreich und Spanien waren schon vorher dran
       
       Über ähnliche Treffen mit Diplomaten anderer westlicher Länder berichten
       die Taliban bereits seit Längerem. Im Mai ließ sich der französische
       Geschäftsträger in Doha fotografieren, wie er lächelnd von Shaheen ein
       kleines, landestypisches Geschenk entgegennahm.
       
       Einen Tag nach Reinhard traf Shaheen in Doha Spaniens
       Afghanistan-Botschafter, ebenfalls um konsularische Fragen zu besprechen.
       Die Schweiz eröffnet Ende März in Kabul ein humanitäres Büro.
       
       Am Freitag stuften Pakistan und die Taliban ihre jeweiligen Vertreter auf
       Botschafterrang hoch. Russland nahm zuvor die Taliban von ihrer Liste der
       Terrorgruppen. Laut Außenminister Marco Rubio wird dieser Status auch in
       den USA überprüft.
       
       ## Die deutsche Botschaft in Kabul ist geschlossen
       
       [2][Deutschland] erkennt das afghanische Taliban-Regime wegen seiner
       menschenrechts- und insbesondere frauenfeindlichen Politik nicht offiziell
       an. Die Bundesregierung führt aber „technische Kontakte unterhalb der
       politischen Ebene“ fort.
       
       Die deutsche Botschaft in Kabul ist geschlossen. Reinhard ist deshalb nicht
       in Afghanistan stationiert, sondern im Golfstaat Katar. Von dort aus
       besucht er aber Afghanistan, etwa um von Deutschland finanzierte humanitäre
       Projekte zu besichtigen, wie im vorigen September. Damals sagte die
       Bundesregierung nicht, ob er dabei auch Taliban-Offizielle traf. Auch das
       jetzige Treffen mit Shaheen war nicht sein erstes.
       
       Mit großer Wahrscheinlichkeit steht es im Kontext der Intention der
       Koalition aus CDU/CSU und SPD, Abschiebungen nach Afghanistan wieder
       aufzunehmen. Im [3][Koalitionsvertrag] heißt es: „Nach Afghanistan und
       Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern.“
       Als Nächstes könnten sogenannte ausreisepflichtige abgelehnte afghanische
       Asylbewerber folgen.
       
       Um regelmäßig nach Afghanistan abschieben zu können, sind direkte
       diplomatische Kontakte zum dortigen Regime – auch ohne volle Anerkennung –
       vonnöten. Zu konsularischen Diensten gehört die Identitätsbestätigung für
       abzuschiebende abgelehnte Asylbewerber sowie gegebenenfalls die Ausstellung
       von Reiseersatzpapieren.
       
       ## Gesprächskanal über Generalkonsulat München
       
       Im Spätsommer 2024 hatte die Rest-Ampelregierung 28 Afghanen nach Kabul
       verbracht. [4][Der Abschiebeflug] wurde von Katar vermittelt und
       durchgeführt, es blieb aber bei dem einem Flug. Danach boten die Taliban
       Berlin Hilfe an, machten dafür aber Direktgespräche zur Bedingung.
       Politiker*innen wie der jetzige Bundeskanzler Friedrich Merz sprachen
       sich dafür aus, das Angebot anzunehmen.
       
       Einen Kanal aus Deutschland zu den Taliban gibt es bereits: über das
       afghanische Generalkonsulat in München. Als die Taliban im vorigen Juli
       bekanntgaben, dass sie künftig keine Dokumente mehr anerkennen, die von
       afghanischen Auslandsvertretungen ausgestellt werden, an denen noch von
       ihrer Vorgängerregierung ernannte Diplomaten arbeiten, nahmen sie München –
       und auch Madrid – ausdrücklich aus, da das dortige Konsulat sich laut
       Taliban an Weisungen aus Kabul halte. Berlin akzeptierte hingegen die
       [5][Abberufung des afghanischen Botschafters in Berlin] durch die Taliban.
       
       Dass die Taliban jetzt erstmals ein Gespräch mit Reinhard meldeten, könnte
       ein Versuch sein, die deutsche Seite unter Druck zu setzen, mehr in
       Richtung einer „Normalisierung“ zu tun und dies auch offiziell zu machen.
       Große Teile der afghanischen Diaspora befürchteten, dass sogenannte
       technische Kontakte zu einer „Normalisierung“ des Taliban-Regimes führen
       und damit Menschenrechtsverletzungen aus dem Blick geraten könnten.
       
       1 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bakhtarnews.af/en/home/
 (DIR) [2] https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/afghanistan-node/politisches-portraet-204718
 (DIR) [3] https://www.koalitionsvertrag2025.de/
 (DIR) [4] /Abschiebungen-nach-Afghanistan/!6035964
 (DIR) [5] /Wohl-wegen-deutscher-Abschiebeplaene/!6047239
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Ruttig
       
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