# taz.de -- Asylrechts-Verschärfung in Hamburg: Dublin-Zentrum droht auch Kindern
       
       > In Rahlstedt leben seit März ausreisepflichtige Asylbewerber ohne
       > Sozialleistungen in einer Halle. Linke beantragt Stopp bis zur
       > rechtlichen Klärung.
       
 (IMG) Bild: Eines von zweien bundesweit: Dublin-Zentrum in Rahlstedt
       
       Hamburg taz | Großes Misstrauen hegt die Linken-Abgeordnete Carola Ensslen
       gegenüber Hamburgs Plänen für das [1][kürzlich eröffnete „Dublin-Zentrum“].
       Seit Mitte März werden ausreisepflichtige Männer in eine Halle am Stadtrand
       verlegt, wo sie nur noch „Bett, Brot und Seife“ bekommen, um sie zur
       Ausreise in ein Drittland zu bewegen. Ensslen wollte in einer [2][Anfrage]
       vom Senat wissen, ob dort auch Familien unterkommen sollen. Der ließ der
       Frage offen mit dem Satz: „Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen.“
       
       Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken ist darüber sehr verärgert.
       Denn bislang habe der Senat die Öffentlichkeit damit beschwichtigt, dass
       dort ja keine Kinder, Frauen und Erkrankte untergebracht würden. „In
       Wirklichkeit strickt er schon an einer Ausweitung auf vulnerable Menschen“,
       sagt sie. Doch Kinder könnten nicht auf drei Catering-Mahlzeiten am Tag
       beschränkt werden. „Sie müssen jederzeit Zugriff auf kindgerechte Nahrung
       haben. Alles andere gefährdet das Kindeswohl.“
       
       Das Dublin-Zentrum befindet sich am Rahlstedter Bargkoppelweg 60. Ensslen
       war kürzlich mit einer Unterstützergruppe dort und sprach mit vier
       Betroffenen. „Es ist sehr trostlos dort, nur Asphalt drumherum“, sagt sie.
       Die Menschen wären froh, jemandem zum Reden zu haben.
       
       In den Bescheiden des Bundesamtes für Migration wird den Menschen dort
       mitgeteilt, dass sie bis zur Ausreise und „längstens für die Dauer von zwei
       Wochen“ nur noch Anspruch auf „Überbrückungsleistungen“ haben. Dazu zählten
       Ernährung, Unterkunft, Heizung und 8,85 Euro für Körperpflege. Sodann wird
       erklärt, durch „Mitwirkung“ an einer „behördlich organisierten
       Überstellung“ könnten sie ihren Existenzbedarf in dem zuständigen EU-Staat
       sichern. Bei Bedarf leihe man auch Geld für die Reise.
       
       ## Schon zehn Männer ins Zentrum verlegt
       
       Laut Hamburgs Innenbehörde wurden bisher zehn Männer ins Dublin-Zentrum
       verlegt. Drei von ihnen seien bereits in ein anderes Land überstellt. Es
       gebe auch Menschen, die länger als 14 Tage dort sind. Sie werden zur
       [3][Vermeidung von Verelendung] weiter dort versorgt.
       
       Zur Frage der Kinder und Familien wiederholt Innenbehördensprecher Daniel
       Schaefer die Senatsantwort. Aktuell würden „im Rahmen des laufenden
       Pilotverfahrens“ nur Personen ins Zentrum verlegt, für die „keine
       besonderen Unterbrinungsbedarfe ersichtlich sind“. Das heiße, „keine
       Familien oder vulnerablen Personen“. Deren Verlegung sei aktuell auch nicht
       vorgesehen. Auch die Grünen im Rathaus erklären, sie gingen davon aus, dies
       wäre nicht geplant.
       
       Doch das Thema beschäftigte am 24. März auch den Hauptausschuss des Bezirks
       Wandsbek, in dem das Zentrum liegt. Der [4][Bezirk fühlt sich übergangen].
       Statt beteiligt zu werden, erfuhren die Lokalpolitiker davon aus der
       Zeitung. Auch Wandsbeks Grüne und SPD sorgt, dass es den Menschen dort
       schlecht geht oder sogar Minderjährige dort leben müssen.
       
       Doch wie nun die [5][Wandsbeker Linksfraktion] berichtet, konnte in jener
       nun nachgeholten Befassung im Hauptausschuss die Vertreterin der
       Innenbehörde nicht ausschließen, dass nach einer Probezeit auch Kinder und
       Jugendliche ins Dublin-Zentrum kommen. Carola Ensslen vermutet denn auch:
       „Da kommt noch was.“ Andernfalls hätte der Senat anders geantwortet.
       
       ## Linke fordert Moratorium
       
       Doch auch so ein Zentrum als Ort für Erwachsene ist höchst umstritten. Es
       sei „Rechtsbruch mit Ansage“, erklärt Wandsbeks Linken-Fraktionschef Thomas
       Iwan. Seine Fraktion stellt heute Abend den [6][Antrag, das Zentrum zu
       schließen] und stattdessen nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz auf die
       Leistungskürzung zu verzichten.
       
       Zudem schlägt Iwan ein Moratorium vor. Zumindest bis gerichtlich geklärt
       ist, ob dieser Ausschluss von allen Asylleistungen mit der Verfassung und
       dem Europarecht vereinbar ist, sollte das Zentrum vorübergehend schließen.
       Diese Position, sagt er, sollte in der Wandsbeker Bezirksversammlung
       „mehrheitsfähig“ sein.
       
       3 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ausreisezentrum-in-Hamburg/!6074159
 (DIR) [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/90575/22_18196_einfuehrung_eines_dublin_zentrums_in_hamburg_ii#navpanes=0
 (DIR) [3] /Regelung-fuer-Dublin-Faelle/!6062775
 (DIR) [4] https://www.abendblatt.de/hamburg/wandsbek/article408398875/fluechtlinge-in-hamburg-neues-dublin-center-in-rahlstedt-empoert-politik-2.html
 (DIR) [5] https://www.linksfraktion-wandsbek.de/aktuell/
 (DIR) [6] https://bv-hh.de/wandsbek/documents/dublin-zentrum-schliessen-menschenwuerde-schuetzen-debattenantrag-der-fraktion-die-linke-194066
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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