# taz.de -- Angriff in Solingen: Mutmaßlicher Attentäter verhaftet
       
       > Nach der Festnahme eines Tatverdächtigen übernimmt die Bundesanwaltschaft
       > den Fall. Der IS reklamierte die Messerattacke in Solingen für sich.
       
 (IMG) Bild: Nach der Messerattacke: Trauer in Solingen
       
       Berlin taz | Einen ganzen Tag lang dauerte die Suche, dann konnte die
       Polizei [1][den mutmaßlichen Messerangreifer von Solingen] festnehmen: ein
       26-jähriger Syrer, Issa al-H. Laut Ermittlungsbehörden stellte er sich
       selbst einer Polizeistreife und gestand die Tat. Kurz zuvor hatte die
       Polizei eine Geflüchtetenunterkunft in der Stadt durchsucht. Fast
       zeitgleich hatte die islamistische Terrorgruppe „Islamischer Staat“ die
       Messertat für sich reklamiert.
       
       Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu dem Angriff
       übernommen, wie eine Sprecherin am Sonntag der taz bestätigte. Geprüft
       werde, ob der Verdächtige Mitglied des „Islamischen Staats“ war oder
       anderweitig mit der Gruppe in Kontakt stand. Issa al-H. werden zudem
       dreifacher Mord und mehrfacher Mordversuch vorgeworfen.
       
       Am Freitagabend hatte ein zunächst Unbekannter in Solingen beim
       650-jährigen Stadtjubiläum, das mit einem „Fest für Vielfalt“ begangen
       wurde, [2][mit einem Messer auf mehrere Menschen eingestochen]. Ein 67- und
       ein 56-Jähriger starben dabei sowie eine 56-jährige Frau. Sechs weitere
       Menschen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Wer der flüchtige Täter
       war und aus welchem Motiv er handelte, blieb zunächst unklar – bis
       Samstagnacht.
       
       NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte noch in der Nacht in der ARD,
       man habe nach dem Verdächtigen den ganzen Tag gesucht, zu ihm habe es „eine
       heiße Spur“ gegeben. Er sei der „wirklich Verdächtige“, Beweisstücke seien
       gefunden worden. Der Festgenommene stamme auch aus der
       Geflüchtetenunterkunft, so Reul.
       
       ## Festgenommener fiel bisher nicht extremistisch auf
       
       Laut Medienberichten soll Issa al-H. bei der Festnahme noch
       blutverschmierte Kleidung getragen haben. Nach taz-Informationen fiel er
       bisher nicht extremistisch auf. Der 26-jährige war Ende 2022 nach
       Deutschland gekommen und hatte als Syrer zunächst einen subsidiären
       Schutzstatus erhalten. Im vergangenen Jahr sollte er allerdings nach
       Bulgarien abgeschoben werden, wo er zuerst in der EU eingereist sein soll.
       Am Abschiebetermin konnte er aber nicht angetroffen werden. Zuerst hatte
       die Welt darüber berichtet.
       
       Reus erklärte, dass das Bekennerschreiben des IS nun geprüft werde. Noch
       sei unklar, ob es authentisch sei, es spreche aber einiges dafür. Nach
       taz-Informationen hatten Sicherheitsbehörden zunächst noch keine
       Erkenntnisse, ob und wie Issa al-H. in direktem Kontakt zum IS stand. Die
       Terrorgruppe hatte über ihren Medienkanal erklärt, dass der Täter des
       Angriffs „auf eine Gruppe von Christen“ in Solingen „ein Soldat des
       Islamischen Staates“ sei. Er habe die Tat „als Rache für die Muslime in
       Palästina und überall“ ausgeführt.
       
       Das Fest in Solingen war kurz nach der Tat abgebrochen worden, [3][in der
       Stadt herrschte Entsetzen] – und darüber hinaus. Noch Freitagnacht war
       zunächst NRW-Innenminister Reul nach Solingen gereist, am Samstag folgten
       dann NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst (CDU) und Bundesinnenministerin
       Nancy Faeser (SPD), die sich allesamt bestürzt zeigten – so wie
       Politiker*innen bundesweit.
       
       Kurz vor der Festnahme von Issa al-H. hatte die Polizei mit
       Spezialeinheiten eine Solinger Flüchtlingsunterkunft durchsucht und einen
       Zeugen, der mit dem 26-Jährigen in Kontakt stand, mit zur Polizeiwache
       genommen. Bereits am Samstagvormitag war ein 15-Jähriger vorläufig
       festgenommen worden, der mit Issa al-H. auf dem Stadtfest über eine
       mögliche Messerattacke gesprochen haben soll.
       
       Erst im Mai hatte ein Messerangriff [4][eines 25-jährigen Afghanen auf eine
       Kundgebung des Anti-Islam-Aktivisten Michael Stürzenberger in Mannheim] für
       Bestürzung gesorgt. Ein Polizist wurde dabei getötet. Vor gut einem Jahr
       hatte zudem [5][ein Islamist in Duisburg einen Mann mit einem Messer
       getötet] und vier weitere verletzte. 2021 hatte ein 27-Jähriger [6][in
       einem ICE in Bayern auf drei Menschen eingestochen], 2020 ein 20-Jähriger
       in Dresden [7][einen Mann erstochen und seinen Partner verletzt]. Auch
       diese Taten wurden als islamistisch eingestuft.
       
       ## Wieder Debatte um Messerverbote
       
       Schon vor dem Angriff von Solingen hatte Innenministerin Faeser eine
       [8][Verschärfung des Waffenrechts für Messer] gefordert. In der
       Öffentlichkeit erlaubt werden sollen nur noch Messer mit einer Klingenlänge
       bis zu sechs Zentimeter, derzeit liegt die Grenze bei zwölf Zentimetern.
       Springmesser sollten komplett verboten werden.
       
       Die Grünen unterstützen den Vorstoß. Verbote verhinderten nicht jede
       Straftat, erklärte der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich. „Aber mit
       Verboten drücken wir aus, dass es nicht normal ist, immer ein Messer dabei
       zu haben. Wir dürfen das nicht dulden und müssen Messer ächten, mit klaren
       Verschärfungen.“
       
       Die FDP lehnte Faesers Vorstoß bisher allerdings als „Symbolpolitik“ ab.
       Nach Solingen sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP) nun der Bild, man
       werde in der Regierung nochmal beraten, wie mit Messerkriminalität
       umzugehen sei.
       
       ## CDU-Mann fordert Kehrtwende der Ampel oder Rücktritt
       
       Die Tat von Solingen beeinflusst auch die Wahlkämpfe zu den Landtagswahlen
       in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Schon kurz nach der Tat forderte
       Thüringens AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke, „den Irrweg der erzwungenen
       Multikulturalisierung“ zu beenden. CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt
       erklärte, die Tat von Solingen sei „eine Zäsur“. Es könne so nicht
       weitergehen. „Die Ampel muss jetzt endlich fundamental etwas ändern oder
       zurücktreten.“
       
       Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) erklärte nach der Tat, es
       herrsche in der Stadt „Entsetzen und große Trauer“. „Es zerreißt mir das
       Herz.“ Er bete für alle, die noch um ihr Leben kämpften, so Kurzbach.
       Bereits am Samstag hatten sich Menschen in Solingen am Tatort versammelt.
       Für Sonntagvormittag waren Trauergottesdienste in Solingen geplant.
       
       25 Aug 2024
       
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