# taz.de -- Zugang zu Arztterminen: Krankenkassen fordern einheitliches Portal
> Eine zentrale Plattform könnte Wartezeiten verkürzen. Das könnte Vorteile
> für Patient:innen bringen – wenn einige grundsätzliche Fragen geklärt
> sind.
(IMG) Bild: Mehr Termine beim Arzt durch einheitliche Terminvergabe?
Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wollen, dass die Vergabe von
Arztterminen zukünftig zentral geregelt wird. „Die Digitalisierung ist eine
riesige Chance, um den Zugang zu niedergelassenen Ärzten und in die
Versorgung zu verbessern“, sagte die stellvertretende Vorsitzende des
GKV-Spitzenverbandes, Stefanie Stoff-Ahnis, am Dienstag in einem Interview
mit der [1][Rheinischen Post]. Konkret schlägt die GKV vor, ein
einheitliches und unabhängiges Onlineportal für die Terminvergabe mit einer
digitalen ärztlichen Ersteinschätzung zu verbinden.
Denkbar wäre beispielsweise eine App, so Stoff-Ahnis: „Im ersten Schritt
gebe ich meine Symptome und die Beschwerden ein und bekomme dann eine
Rückmeldung.“ Die App könne einen Termin beim Hausarzt empfehlen, aber auch
den Weg zur Notdienstpraxis, ins Krankenhaus – oder einfach Bettruhe. Ziel
ist es, die teilweise langen Wartezeiten für Termine zu verkürzen und auch
Notaufnahmen zu entlasten. Damit ergänzt der Vorschlag das bereits [2][im
Sommer diskutierte Primärarztmodell], das die Rolle der Hausärzt:innen
als Erstkontakt hervorhebt.
Das häufig genannte Stichwort dazu lautet „Patientensteuerung“. Die soll
zukünftig dazu führen, dass weniger Menschen zu Haus- oder
Fachärzt:innen gehen, wenn es eigentlich gar nicht nötig ist. Denn: Die
Arztkontakte hierzulande sind vergleichsweise hoch, fünfmal höher als
beispielsweise in Schweden.
Im schwedischen System, das häufig als Vorbild dient, sind
Primärversorgungszentren die erste Anlaufstelle für Patient:innen. Eine
medizinische Fachkraft führt dann eine standardisierte medizinische
Ersteinschätzung durch und entscheidet, ob ein physischer Hausarztbesuch
überhaupt notwendig ist. Die Fachärzt:innen werden so entlastet und
diejenigen, die tatsächlich Behandlungen brauchen, kommen schneller zum
Zug.
## Warken offen für mehr Digitalisierung
Für gesetzlich Krankenversicherte könnte insbesondere das unabhängige
Onlineportal einen konkreten Vorteil haben: Der GKV-Spitzenverband will,
dass Patient:innen bei der Terminvergabe nicht mehr angeben müssen, ob
sie gesetzlich oder privat versichert sind.
Wer bei Terminvergabeplattformen wie [3][Doctolib], Jameda oder Arztdirekt
bereits einmal Termine gebucht hat, weiß: Wer probeweise das Kästchen
„privat“ anklickt, bekommt meist sehr viel frühere Terminoptionen
angeboten. „Ich finde es skandalös, wenn Ärztinnen und Ärzte, und das kommt
leider immer wieder vor, Privatversicherte bevorzugen“, so Stoff-Ahnis. Und
ergänzt, dass es ohne die gesetzliche Krankenversicherung keine
flächendeckende medizinische Infrastruktur geben würde, um die
Privatversicherten zu versorgen.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat sich zuletzt offen gezeigt für
die verstärkte Nutzung digitaler Möglichkeiten. „Ich könnte mir zum
Beispiel vorstellen, dass man für eine Ersteinschätzung ein Videotelefonat
führt und so auch eine E-Überweisung erhalten kann“, sagte sie am Montag
dem [4][Spiegel]. Zum Umgang mit Privat- und Kassenversicherten äußerte sie
sich nicht konkret.
## Offene grundsätzliche Streitpunkte
Das Thema Wartezeiten und Arzttermine wird im kommenden Jahr wohl weiter
diskutiert werden. Innerhalb der Ärzt:innenschaft ist der Vorschlag der
zentralen Terminvergabe in der Vergangenheit auf scharfe Ablehnung
gestoßen. Die freie Arztwahl dürfe „[5][nicht zugunsten zentraler Planungs-
und Überwachungsfantasien geopfert werden]“, erklärte die Kassenärztliche
Bundesvereinigung damals.
Abgesehen von vorhersehbaren Widerständen erzeugen die Vorschläge auch ganz
grundlegende Fragen zur Zugänglichkeit des Gesundheitssystems: Wie sollen
Menschen in die Versorgung eingebunden werden, die keine digitalen Geräte
nutzen? Wer bringt künftig genug Zeit und Möglichkeiten mit, hartnäckig auf
einem Zugang zur Versorgung zu bestehen – wenn App und Ersteinschätzung
zunächst einer Behandlung im Weg stehen? Das sind bislang offene
Streitpunkte.
23 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://rp-online.de/politik/deutschland/gesetzliche-kassen-eine-erste-diagnose-muss-digital-moeglich-sein_aid-140472811
(DIR) [2] /Geplantes-Primaerarztmodell/!6096569
(DIR) [3] /Big-Brother-Award-fuer-Online-Plattform/!5778302
(DIR) [4] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gesundheitsministerin-nina-warken-ich-moechte-keinen-beliebtheitspreis-gewinnen-a-31a79ff8-fe10-418e-8d10-3101aa3cb5ae
(DIR) [5] https://www.kbv.de/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung-02-10-2024
## AUTOREN
(DIR) Amelie Sittenauer
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