# taz.de -- Nachruf auf Sänger Chris Rea: Ein später, sanfter Klassiker
       
       > Der britische Popstar Chris Rea wurde für seinen Softrock nicht nur
       > geliebt. „Driving Home for Christmas“ reifte spät zum Hit. Nun ist er mit
       > 74 Jahren gestorben.
       
 (IMG) Bild: Chris Rea bei einem Konzert in London 2017
       
       Die erste Liebe, eine schmerzhafte Trennung, Freundschaft, Tod: Gute
       Popsongs sind in der Lage, Momente zu prägen. Selten gelingt es einem
       Popsong aber, eine konkrete kalendarische Zeit für sich zu beanspruchen.
       [1][„Driving Home for Christmas“] von Chris Rea ist so ein Song.
       
       Komponiert hat ihn Rea 1978, als er mit 27 Jahren selbst gerade im
       vorweihnachtlichen Stau stand und feststellte, dass ihn diese Erfahrung mit
       seinen Mitmenschen verbindet: „I take a look at the driver next to me, he’s
       just the same.“ Erst 1986 veröffentlichte er den Song, aber selbst da blieb
       „Driving Home for Christmas“ kommerziell erfolglos. Und das, obwohl Chris
       Rea mit seinem Album „On the Beach“ bereits international in den Charts
       gelandet war.
       
       Erst Jahrzehnte später, in den Nullerjahren, gelangte der Song zu spätem
       Ruhm. Da hatte sich Chris Rea von seinem Frühwerk aber schon entfernt: „Ich
       ertrage es nicht mehr, meine alten Aufnahmen zu hören“, sagte er [2][2002
       in einem Interview]. Eine Krebserkrankung, die er nur knapp überlebte,
       veränderte den Popstar aus Middlesbrough im Norden Englands für immer.
       
       Sein sanfter Poprock, für den er geliebt und verachtet wurde, schien ihm
       angesichts der Nahtoderfahrung plötzlich belanglos: „Männer in Anzügen
       manipulierten früher massiv meine Musik, und ich kann niemand anderem als
       mir selbst dafür die Schuld geben. Ich gab ihnen, was sie wollten, anstatt
       zu tun, was ich wollte.“
       
       ## Blues holte ihn wieder ein
       
       Diese ostentative Softness, die den Labelbossen offenbar gefiel, brachte
       Chris Rea über die Jahre nicht nur Freunde ein. Vom subversiven
       Störpotenzial der Rockmusik war bei ihm wenig zu hören, sein Sound war
       geeignet fürs Candle-Light-Dinner oder den Yachttörn.
       
       Nach überstandener Erkrankung verfolgte Rea seine Leidenschaft, den Blues.
       Diese Musik faszinierte ihn schon in jungen Jahren, als der Sohn einer
       zehnköpfigen italo-irischen Familie noch in der Eisdiele seines Vaters
       aushalf. Ein Leben lang blieb sein autodidaktisches Gitarrenspiel hörbar
       von dem Stil beeinflusst.
       
       Parallel avancierten Reas 80er-Jahre Songs zu Klassikern, darunter „On the
       Beach“ und natürlich „Driving Home for Christmas“. Eine Mischung aus
       kalkulierten Re-Releases und der schwer nachvollziehbaren Dynamik
       kultureller Ritualisierung hob Letzteren in dieselbe Liga wie
       Weihnachtshits von [3][Mariah Carey] oder [4][Wham!]. Dazu beigetragen
       haben könnte, dass heute mehr Menschen die Erfahrung der vorweihnachtlichen
       Heimfahrt teilen als noch 1978. 2014 spielte Rea den Song erstmalig live.
       
       Nun, fast 50 Jahre nach dem ersten Entwurf dafür, ist „Driving Home for
       Christmas“ aus dem kollektiven Gedächtnis nicht mehr wegzudenken. Am 22.
       Dezember ist sein Schöpfer Chris Rea nach kurzer Krankheit im Alter von 74
       Jahren gestorben.
       
       23 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://youtu.be/DDt3u2Ev1cI?si=UAUHLPjCBsLeuiz7
 (DIR) [2] https://www.thefreelibrary.com/Interview:+Chris+Rea+-+MY+ROAD+FROM+HELL;+How+a+near-death+experience...-a092208461
 (DIR) [3] https://youtu.be/aAkMkVFwAoo?si=8FIAJWFo1Dokr447
 (DIR) [4] /Die-Wahrheit/!6140738
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konstantin Nowotny
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rockmusik
 (DIR) Weihnachten
 (DIR) Nachruf
 (DIR) Pop
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Weihnachten
 (DIR) Pop
 (DIR) Weihnachtsmärkte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Feiertage und Migrationsgeschichte: First Christmas
       
       Viele Menschen in Deutschland feiern Weihnachten nicht. Warum unsere
       Autorin erst in die USA reisen musste, um eine Familien-Weihnacht zu
       erleben.
       
 (DIR) Vier Bilanzen des Popjahrs 2025: Weltumarmung geht auch ohne Mondpreise
       
       Girlpower versus Misogynie, CD-Revival statt KI-Songs auf
       Streamingplattformen, Haltung gegen Nazis. Vier persönliche Bilanzen des
       Popjahrs 2025.
       
 (DIR) Last Christmas und Gema: Keine Gnade für Weihnachtsmärkte
       
       Jahrelang sollen Weihnachtsmärkte die Gema beschummelt haben, darum sollen
       Gebühren steigen. Hits wie „Last Christmas“ zu spielen wird nun richtig
       teuer.