# taz.de -- Chaos um die A100: Verkehr, Lügen und Simulationen
> Hat die Verkehrssenatorin gelogen? Oder doch nur die Wahrheit
> veschleiert? Das Verkehrschaos in Treptow zieht weitere politische
> Kreise.
(IMG) Bild: Hier fließt nichts: Ausfahrt der A 100 an der neuen Anschlussstelle Am Treptower Park
Hat Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) „Berlin ins Chaos gestürzt“, und zwar
sehenden Auges? Der Vorwurf, den die verkehrspolitische Sprecherin der
Grünen-Fraktion Antje Kapek erhebt, wiegt schwer. Was ist dran an der für
Außenstehende reichlich verworrenen Geschichte um das Verkehrschaos von
Treptow, die der RBB nun sogar zum „Polit-Krimi des Jahres“ gekürt hat?
Es geht um das unübersichtliche Geschehen rund um die Treptower Elsenstraße
– [1][zwischen der seit Jahren nur behelfsmäßig befahrbaren Elsenbrücke]
und der Ende August in Betrieb gegangenen Anschlussstelle der Stadtautobahn
A 100. Letztere führt dem Staupropfen rund um die Brücke weiteren Verkehr
zu. Zumindest zeitweilig ging deshalb in den vergangenen Monaten nicht mehr
viel, selbst die BVG musste mehrfach ihre Buslinien einstellen, die den
Knotenpunkt passieren.
Auf der politischen Bühne hatten Grüne und Linke [2][immer wieder vor
diesem Szenario gewarnt]. Nach seinem Eintreten sagte die Senatorin im
Verkehrsausschuss sinngemäß, man habe die A-100-Eröffnung vor dem
Hintergrund der Brückenproblematik ja planerisch simuliert und für gangbar
befunden – nur leider hielten sich die AutofahrerInnen im echten Leben
nicht an diese Ergebnisse. Als Bonde auf Nachfrage die erwähnte Simulation
nicht vorlegen wollte, [3][schossen sich die Grünen, durchaus
nachvollziehbar, darauf ein].
Am Freitag kulminierte das wochenlange Gezerre scheinbar in einer
Bloßstellung Bondes als Lügnerin: Presseberichten zufolge sollte die
Autobahn GmbH des Bundes, Bauherrin und Betreiberin der A 100, die Existenz
einer solchen Simulation – auch: „Modellierung“ – klar verneint haben. Kurz
darauf entlastete die Autobahn GmbH Bonde jedoch mit der Veröffentlichung
eines solchen Dokuments, das Ende 2024 erstellt wurde. Aus Sicht der Grünen
macht dies das Ganze aber nicht besser.
## War doch alles abzusehen
Denn aus der bislang zurückgehaltenen Studie geht offensichtlich hervor,
dass die PlanerInnen beim Durchspielen verschiedener Szenarien die spätere
Realität eigentlich ganz gut abgebildet hatten: Solange es auf der
Elsenbrücke pro Richtung nur eine Fahrspur gebe, sei mit langen Wartezeiten
für die Verkehrsteilnehmer zu rechnen, steht da. Wörtlich heißt es unter
anderem: „Auf dem betrachteten Fahrstreifen wird die Kapazität im
Kfz-Verkehr überschritten. Der Rückstau wächst stetig.“
Aus Antje Kapeks Sicht war also ein „Zusammenbruch der Verkehrsströme“
abzusehen, das wurde aber schlichtweg ignoriert. Insofern bleibe die
ursprüngliche Aussage der Senatorin im Ausschuss immerhin „unglaubwürdig“,
denn anders als von Bonde behauptet, verhalte sich der Verkehr ja genau wie
prognostiziert. Die CDU, so Kapek, habe „die Ergebnisse der Simulation
versucht geheimzuhalten, damit nicht bekannt wird, dass bereits vorab vor
dem Chaos gewarnt wurde“.
Die grünen Verkehrsstadträtinnen der beiden betroffenen Bezirke
Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg schlagen in dieselbe Kerbe:
„Das Verkehrschaos rund um die Anschlussstelle der A 100 in Treptow und
Friedrichshain war vorhersehbar“, so Claudia Leistner und Annika Gerold,
„und es ist das Ergebnis politischer Fehlentscheidungen dieses Senats“. Die
Autobahn hätte nie eröffnet werden dürfen, bevor die Elsenbrücke wieder
ihre volle Leistungsfähigkeit erreicht.
Noch im vergangenen Juli habe das Fernstraßenbundesamt den beiden auf
Anfrage zugesichert, dass ein möglichst störungsfreier Verkehrsfluss
gewährleistet und die entsprechenden Vorgaben des
Planfeststellungsbeschlusses für die A-100-Verlängerung durch die Autobahn
GmbH und das Land Berlin vollständig umgesetzt würden. „Wir wissen nun,
dass zu diesem Zeitpunkt dem Senat und der Autobahn GmbH bereits lange
bekannt war, dass genau dies nicht zutreffen wird“, so Leistner und Gerold.
## „Volle Transparenz“ gefordert
Die Grünen auf Landes- und Bezirksebene fordern jetzt „volle Transparenz“.
Wie der „Krimi“ endet, hängt wohl vom Beharrungsvermögen der
Verkehrssenatorin ab – das bis jetzt keinen Anlass zum Zweifeln gab –, aber
auch von der Frage, ob die CDU sich im Vorwahlkampf wirklich über eine neue
Personalie Gedanken machen will.
Und davon, wie chaotisch das Chaos bleibt, wenn sich demnächst die
Kapazität der Elsenbrücke verdoppelt. Laut Senatsverkehrsverwaltung soll
der westliche Teil des Ersatzneubaus ab Ende Januar befahrbar sein, ab dann
stehen pro Richtung zwei Fahrspuren für Kfz zur Verfügung.
21 Dec 2025
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## AUTOREN
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