# taz.de -- Vorschau auf den Afrika-Cup: Geld soll Tore schießen
> Der anstehende Afrika-Cup ist für Gastgeber Marokko nur ein
> Zwischenschritt, um bei der WM 2030 titeltauglich zu sein. Investiert
> wird dafür immens.
(IMG) Bild: Bislang der größte marokkanische Erfolg: Achraf Hakimi (l.) beim WM-Halbfinale 2022 gegen Frankreich
Es war ein Sturm, der Marokko in den letzten Tagen heimgesucht hat. Im
Atlas-Gebirge sorgte heftiger Schneefall für unüberwindbare Passstraßen, an
der Atlantikküste verursachten heftige Regenfälle Chaos. In der Hafenstadt
Safi kamen nach Überschwemmungen über 40 Menschen ums Leben.
Auch Marokko wird von den Auswirkungen des Klimawandels erschüttert – dabei
hat das Königreich im Norden Afrikas im Moment eigentlich ein ganz anderes
Thema im Fokus: Es geht um Fußball. Der bevorstehende 35. Afrika-Cup
elektrisiert das Land. Mit der Ausrichtung des größten sportlichen Events
des Kontinents geht Marokko den nächsten Schritt auf seinem schon länger
ausgerufenen Weg: Das Land möchte eine Führungsrolle in Afrika übernehmen.
Wirtschaftlich sowieso, im Fußball aber ganz speziell.
Der Afrika-Cup, der vom 21. Dezember bis 18. Januar in sechs marokkanischen
Städten über die Bühne geht, ist dabei nur eine Zwischenetappe. Es geht um
Größeres. Marokko richtet 2030 mit den Nachbarländern Spanien und Portugal
die Weltmeisterschaft aus. Das sportliche Ziel ist klar: Marokko möchte
erster afrikanischer Weltmeister werden. Man sieht sich selbst auf dem
besten Weg dahin. [1][Das Erreichen des WM-Halbfinale 2022 in Katar] war
ein erster Leistungsnachweis. Der erste afrikanische Weltmeister ist nicht
mehr weit entfernt – davon ist man im Königreich überzeugt.
Um die führende Fußballrolle in Afrika zu übernehmen, wurden – auf
königliches Geheiß – vor einigen Jahren bereits die Weichen gestellt. Viele
Millionen US-Dollar flossen in die systematische Entwicklung des Fußballs
im Land. Es wurde seit 2010 ein Förderprogramm implementiert, das
einzigartig in Afrika ist. Mit der Mohammed VI Football Academy entstand
als Herzstück ein Trainingszentrum modernster Prägung. Auf königliche
Kosten ist dort Platz für 50 junge Fußballer geschaffen worden, die ein
Vollstipendium mit Fußball- und Schulausbildung erhalten.
Protest in der Bevölkerung
Die ersten Auszubildenden in der Academy wurden 2010 aus der Region rund um
Rabat zusammengezogen und fortan systematisch gefördert. Zudem wurde das
Gelände als permanenter Campus für Trainingslager der Männer- und
Frauen-Nationalmannschaft genutzt. Ähnliche Anlagen entstanden anschließend
bis 2015 in Agadir, Tanger und Saidia. Das erste Zentrum bei Rabat kostete
umgerechnet rund 33 Millionen, anschließend investierte Marokko mit dem
Neubau und der Renovierung von insgesamt neun Stadien im Hinblick auf den
Afrika-Cup und die WM 2030 ein Vielfaches in den Neubau und Renovierung der
nötigen Stadien.
Dies alles nur für Fußball, [2][was vor allem die jüngere Bevölkerung des
Königreichs auf den Plan gerufen hat.] „Keine Weltmeisterschaft, Gesundheit
geht vor“ und „Wir wollen Krankenhäuser, keine Fußballstadien“ skandierten
im Oktober die Demonstranten der [3][GenZ-Bewegung], die Marokko ein paar
Tage lang tatsächlich erschütterte. „GenZ ist wie eine riesige Flutwelle
über Marokko hinweggeschwappt“, schrieb die marokkanische Tageszeitung
Atalayar.
Gutachten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, was die Höhe der
Investitionen betrifft. Sie werden zwischen zwei und drei Milliarden Euro
liegen. Viele der Jugendlichen empfinden diese Priorisierung der Ausgaben
als ungerecht. Das liegt nicht nur an den fehlenden Krankenhäusern. Auch
das öffentliche Bildungssystem ist marode. Wer Geld hat, schickt seine
Kinder in Marokko auf private Schulen.
Die Resultate der Fußball-Investitionen sind allerdings nicht zu übersehen:
Es gab die enorme Entwicklung des Frauen-Nationalteams, das sich 2023
erstmals für eine WM qualifizierte und bei den Afrikameisterschaften 2022
und 2025 jeweils Zweiter wurde. Schließlich folgte jüngst der Triumph der
männlichen U20-Auswahl bei der WM 2025 in Chile, als sich Marokkos
Nachwuchs erstaunlicherweise den Titel sicherte.
Die Spieler des U20-WM-Teams, die Brasilien, Spanien, Frankreich und im
Finale Argentinien hinter sich ließen, wurden allesamt in der Academy in
Salé ausgebildet. Spätestens nach dem Afrika-Cup, der vorrangig noch von
der „alten Garde“ bestritten wird, werden sie den Kern des marokkanischen
Nationalteams bilden. International sind sie schon heute begehrt.
WM-Torschützenkönig Yassir Zabiri, Mittelfeldmotor Othmane Maamma und
Linksaußen Ilias Boumassaoudi sind ins Visier der größten europäischen
Klubs geraten, auch Torhüter Ibrahim Gomis und Verteidiger Taha Majni
werden sich in den nächsten Jahren ihre Vereinsmannschaften aussuchen
können.
Beim bevorstehenden Afrika-Cup, bei dem Marokko am Sonntag (21.12.2025) das
Eröffnungsspiel gegen Außenseiter Komoren bestreitet, werden sie sich noch
unter den Zuschauern befinden. Von denen in Marokko eigentlich alle das
Gleiche erwarten: den Titelgewinn ihres Teams. Als Vorgeschmack für 2030.
20 Dec 2025
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(DIR) Olaf Jansen
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