# taz.de -- „Projekt Halle“: Eine gesunde Arroganz
> Der Unternehmer Holger Friedrich will mal eben ein ostdeutsches
> Leitmedium gründen. Trotz Kritik an seiner Berliner Zeitung ist das
> wichtig.
(IMG) Bild: Holger Friedrich macht jetzt ein ostdeutsches Leitmedium
Die Berliner Zeitung war eine der wenigen DDR-Tageszeitungen, die bis 1989
am Titelschriftzug in Fraktur festhielt. Sie schreibt sich auch heute noch
so. Was passt. Schließlich redet auch ihr Verleger Holger Friedrich gern
Fraktur. [1][Damit eckt er immer wieder an, auch in dieser Kolumne.] Wobei
ihm mal unterstellt sei, dass er das auch ganz gerne tut.
Dass ihn vor allem die meisten „Westverlage“, wie Friedrich wohl sagen
dürfte, ignorieren oder angreifen, monieren der ursprüngliche
IT-Unternehmer und sein Verlag dabei stets mit wohlgesetztem Timbre. Was
verrät, dass sie sich damit eigentlich ganz wohlfühlen. Denn es spricht für
ihren Erfolg. Friedrich hat mit der Berliner Zeitung einen lang vermissten
Ost-Stachel gegen das vom Westen regierte mediale Gesamtdeutschland
gesetzt.
Jetzt soll 2026 von Berlin aus der Osten erobert werden, mit regionalen
Angeboten in jeder größeren Stadt. Dass es sich dabei nolens volens um die
ehemaligen DDR-Bezirksstädte handelt, hatte Springers Welt schon vor ein
paar Monaten [2][für ihre Verhältnisse sehr freundlich und ohne Schaum vor
dem Mund aufgeschrieben]. Und glatt vergessen, dass sie Friedrich doch
eigentlich wegen seiner angeblichen und widerlegten bösen
Stasi-Verstrickungen als ganz Schlimmen hinhängen wollten.
[3][Das Vorhaben heißt Projekt Halle und soll übergreifend den Namen
Ostdeutsche Allgemeine tragen.] Dabei startet die erste Ausgabe vermutlich
in Dresden, wo der Verlag der OAZ Ende November gegründet wurde. Laut einem
der letzten Projekt-Newsletter sei es nach vielen Gesprächen in der Region
„nicht nur an der Zeit, ein Leitmedium aus Ostdeutschland zu starten,
sondern aus Gründen der Fairness, des Gleichstellungsgebots und aus einem
demokratischen Selbstverständnis so wichtig wie nie“.
## Respekt in Form von Anwaltsschreiben
Diese gesunde Arroganz, sich mal eben als Leitmedium zu definieren, ist
sonst ja eher im Westen verbreitet. Auch so ist die Kiste mutig und nötigt
Respekt ab. Was Friedrich schon zu spüren bekommt. Zum Beispiel, wie er
beim Medienforum Mittweida erzählte, in Form von Anwaltsschreiben. Die
erreichen ihn aus Verlagen der Titel, die Ostdeutschlands Presse unter sich
aufgeteilt haben.
Friedrichs verlegerische Mission lautet, die „Meinungskorridore“ zu
erweitern. Und hier liegt der Haken. Der Begriff „Korridor“ spricht ja eher
für Engführung und nicht für Breite. Zudem machen sich an den Rändern der
bislang in der Berliner Zeitung zu besichtigenden Korridore [4][fließende
Übergänge in nach journalistischen Regeln nicht satisfaktionsfähige
Bereiche] breit. Wenn es um Geschwurbel geht, taugt das Lob des Aneckens
nicht mehr als Rechtfertigung.
Von daher lässt sich das „Projekt Halle“ nicht ganz so vorbehaltlos
beklatschen. Wichtig ist es auf jeden Fall. Und es verdient, differenziert
betrachtet und nicht noch vor dem Start per Mahnschreiben eingehegt zu
werden. Bloß dieser Scroll Ostdeutsche Allgemeine in Fraktur auf der
Website geht gar nicht. Bitte nehmt ’ne Ost-Antiqua! „Die Schrifttype
allein wird das Ungleichgewicht auch nicht auflösen“, sagt die
Mitbewohnerin.
16 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Verleger-von-BZ-und-Weltbuehne/!6094703
(DIR) [2] https://www.welt.de/kultur/article68d4f4720356251aa91f9f44/Projekt-Halle-der-Berliner-Zeitung-Das-Comeback-der-ostdeutschen-Bezirkszeitungen.html
(DIR) [3] https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/projekt-halle-die-osterweiterung-des-berliner-verlages-li.2357556
(DIR) [4] /Holger-Friedrichs-Berliner-Zeitung/!6097068
## AUTOREN
(DIR) Steffen Grimberg
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