# taz.de -- Antisemitismus und Fußball: Für einen anderen Kick
> In London findet ein Symposium zum Kampf gegen Antisemitismus statt.
> Anlass ist der 90. Jahrestag eines denkwürdigen deutschen Gastspiels.
(IMG) Bild: Das deutsche Nationalteam zeigt beim Gastspiel in London den Hitlergruß
„Warum soll ein jüdischer Teenager ein Fußballspiel nicht ohne
Antisemitismus ansehen können?“ Diese rhetorische Frage stellte in den
Räumen des Londoner Stadions vom FC Arsenal am Donnerstag der
Antisemitismusbeauftragte der britischen Regierung, Lord John Mann. Über
100 Teilnehmer:innen waren zum eintägigen Symposion gekommen, bei dem
es um die Bekämpfung von Antisemitismus im Sport gehen sollte. Anwesend
waren auch 20 Vertreter:innen des deutschen Fußballs, die in ihrem
Alltag mit diesem Thema befasst sind.
Für einige der deutschen Teilnehmer:innen, wie Daniel Lörcher, der Gründer
der Organisation „what matters“, die gegen Antisemitismus, Rassismus und
andere Diskriminierung vorgeht, war es nicht das erste Zusammenkommen mit
Lord Mann. Bereits 2023 hatte Lörcher bei einem Spiel zwischen Borussia
Dortmund und dem FC Chelsea Lord Mann kennengelernt, was weitere Treffen in
Dortmund und London zur Folge hatte. Anlass des Zusammenkommens am
Donnerstag war nicht nur die Fortführung der bisherigen Zusammenarbeit. Es
gab auch einen historischen Grund.
Am 4. Dezember jährte sich ein besonderes Fußballspiel zwischen England und
Deutschland zum 90. Mal. Die deutsche Mannschaft und um die 10.000
mitgereiste deutsche Fußballfans erhoben damals im Jahr 1935 den rechten
Arm zum Hitlergruß in London, während die englische Polizei
Nazigegner:innen vom Stadion fernhielt. Das Dritte Reich versuchte
sich über den Fußball und Sport in anderen Ländern Akzeptanz zu
verschaffen, erklärt eine Tafel auf der Veranstaltung. England gewann
damals 3:0.
Mitveranstalter der Konferenz am Donnerstag war der britisch-jüdische
Sportverband Maccabi GB. Auf Initiative Lord Manns hat die Vereinigung seit
2023 ein Trainingsprogramm für britische Fußballvereine entwickelt, das
dabei helfen soll, Antisemitismus zu erkennen und dafür zu sensibilisieren.
Bis heute hat es 125 Fußballklubs und über 4.000 Personen erreicht. Auch
Cricket- und Rugbyvereine haben die Schulung gebucht. Lord Mann glaubt,
dass der Fußball mit dieser Arbeit für andere Gesellschaftsbereiche ein
Vorbild sein kann. Es könne im britischen Gesundheitssystem, Schulen oder
dem Finanzsektor ebenso zu guten Ergebnissen führen. Auch der
internationale Sport könne sich ein Beispiel daran nehmen.
Hilfreiches Meldesystem
Beeindruckt waren die deutschen Teilnehmer:innen vor allem vom
britischen Meldesystem. „Wenn konkrete Fälle von Antisemitismus auftreten,
gibt es zum Beispiel ein System mit einer App, mit dessen Hilfe man diese
Fälle dem Verein melden kann, und die Klubs können die Täter
identifizieren“, erklärt Katharina Fritsch, die beim 1. FC Nürnberg für
Kommunikation und soziale Verantwortung zuständig ist, der taz.
Bildungsarbeit laufe jedoch in Deutschland schon länger.
Barry Frankfurt, der die jüdische Fangemeinschaft bei Arsenal FC vertritt,
glaubt, dass dies aus historischen Gründen so sei. Doch die Bedürfnisse
gingen heute über das Historische hinaus. „Heute ist Antisemitismus ein
generelles Problem, auch außerhalb des Sports.“ Er sieht im Fußball
ebenfalls einen vielversprechenden Weg, um für andere Gesellschaftsbereiche
positive Ansätze zu vermitteln, wie dagegen vorgegangen werden kann.
Mit auf der Veranstaltung war auch der jüdische Fußballer Joe Jacobson, der
bis 2024 für die Wycombe Wanderes in der dritten englischen Profiliga
spielte und heute Co-Vorsitzender des englischen Drittligisten Reading FC
ist. Jacobson erzählte, er habe bis zum 7. Oktober 2023 kaum Antisemitismus
erlebt. Doch dann kamen plötzlich Kommentare und stereotype Bemerkungen,
auch von Mitspielern. Einige Außenstehende forderten, er solle nicht mehr
Mannschaftskapitän sein, andere wollten, dass er gar nicht mehr für den
Klub spielt. Angesichts dieser feindseligen Atmosphäre gab es Bedenken um
seine Sicherheit.
„Da wurde ich mir meiner Verantwortung als einer der wenigen jüdischen
Spieler bewusst und dass ich mich für die Gemeinschaft einsetzen muss.“
Fußball bezeichnet auch er als eines der besten Mittel weltweit, um
Menschen zu erreichen und gesellschaftliche Probleme zu bekämpfen: „Fußball
kann auch gegen Antisemitismus helfen.“
8 Dec 2025
## AUTOREN
(DIR) Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
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