# taz.de -- Neue Einreise-Richtlinien in Somalia: Digitalisierung mit Tücken
       
       > Digitalisierung in Somalia sorgt für Chaos an einer wichtigen
       > Handelsroute am Horn von Afrika – und politische Konflikte mit den
       > abtrünnigen Regionen.
       
 (IMG) Bild: Der Hafen Berbera an der Küste von Somaliland ist ein gewaltiger Umschlagplatz für das ganze Horn von Afrika
       
       Ob mit dem Flugzeug oder mit dem Schiff – nach Somalia zu reisen oder dort
       Waren am Hafen abzuladen, wird immer komplizierter. Denn Somalias
       Zentralregierung in der Hauptstadt Mogadischu hat neue Einreise-Richtlinien
       erlassen – Prozeduren, die in anderen Ländern bereits lange Standard sind.
       
       Das von Bürgerkrieg gebeutelte Land hinkt in der Digitalisierung seiner
       Behörden hinterher. Zum einen, weil es keine zuverlässige Stromversorgung
       gibt, zum anderen, weil die Zuständigkeit der Zentralregierung in einigen
       Landesteilen infrage gestellt wird.
       
       Genau dies sorgt nun für Probleme. Seit September sind alle Passagiere, die
       nach Somalia fliegen, verpflichtet, online bei der Immigrationsbehörde in
       Mogadischu ein E-Visum zu beantragen und zu bezahlen. Bislang wurden die
       Visaanträge in Papierform abgewickelt und die Gebühr an der jeweiligen
       Grenze in bar beglichen.
       
       Doch die Verwaltung der [1][abtrünnigen Region Somaliland] in deren
       Hauptstadt Hargeisa erkennt dies nicht an. „Visa und andere Reiseerlaubnis,
       die von Somalia ausgestellt werden, gelten nicht für die Einreise in die
       Republik Somaliland“, so die Erklärung. „Wir werden alle Personen, die
       diese an unseren Grenzen vorzeigen, die Einreise verweigern.“
       
       ## 30 Jahre alter Konflikt eskaliert neu
       
       Die Verwaltung in Hargeisa bezeichnet ihr Gebiet als „Republik“, dabei ist
       die Unabhängigkeit des Gebiets, die 1991 ausgerufen wurde, international
       nicht anerkannt – ebenso wenig wie die selbsternannte Unabhängigkeit der
       benachbarten Region Puntland.
       
       Der Konflikt ist schon über 30 Jahre alt. Doch derzeit eskaliert er.
       Hintergrund ist, dass US-Präsident Donald Trump [2][über eine mögliche
       Anerkennung Somalilands nachdenkt]. „Wir werden das in Betracht ziehen“,
       hat Trump im August erklärt.
       
       Dies brachte die Regierung in Mogadischu auf die Palme. Somalias
       Luftfahrtbehörde hat die beiden Fluggesellschaften, FlyDubai oder Ethiopian
       Airlines, die Hargeisa anfliegen, gewarnt, dass sie keine Passagiere an
       Bord lassen sollen, die kein E-Visum für Somalia besitzen. Sonst drohe
       ihnen der Entzug der Landeerlaubnis oder gar der Überflugrechte. Die
       Antwort aus Hargeisa kam prompt: Umgekehrt droht die dortige
       Luftfahrtbehörde nun allen Maschinen, die Mogadischu anfliegen, mit der
       Sperrung ihres Luftraums.
       
       Ähnlich kompliziert ist es für Handelsschiffe. Denn die Regierung in
       Mogadischu hat bereits im Jahr 2023 ein sogenanntes ECTN-System eingeführt
       (Electronic Cargo Tracking Number). Laut diesem müssen alle Schiffe vorher
       online ihre Waren deklarieren. Dies gilt explizit auch für den Hafen in
       Berbera. Bislang wurde dieses nicht implementiert. Erst jetzt besteht die
       Zentralregierung auf das elektronische System. Bei Missachtung werde eine
       Strafgebühr fällig, heißt es in der Verordnung.
       
       Dies zwingt die autonomen Republiken jetzt zur Zusammenarbeit mit der
       Zentralregierung. Sie machen deswegen Verluste, weil sie Einfuhrzölle nicht
       mehr für ihre eigene Kasse nutzen können. Umgekehrt hilft es der
       Zentralregierung in Mogadischu, die leeren Staatskassen aufzufüllen.
       
       ## Gewaltiger Umschlagplatz
       
       Der Hafen Berbera an der Küste von Somaliland ist ein gewaltiger
       Umschlagplatz für das ganze Horn von Afrika. Hilfsgüter für das
       UN-Welternährungsprogramm WFP werden dort angeliefert, genauso wie Waren,
       die nach Äthiopien und gar in den Sudan gehen. Äthiopien hat aufgrund
       seines historischen Konflikts mit Eritrea, das sich 1993 unabhängig erklärt
       hat, keinen eigenen Meereszugang.
       
       Mit Hilfe der britischen Entwicklungsgesellschaft Foreign, Commonwealth &
       Development Office (FCDO) in Partnerschaft mit der Hafengesellschaft DP
       World mit Sitz in Dubai wird der Hafen derzeit ausgebaut. Dies soll
       langfristig Importwaren in der Region preiswerter machen und den Export von
       afrikanischen Produkten auf den Weltmarkt erleichtern.
       
       Auch für den Welthandel ist Berbera entscheidend. Denn der Konflikt in
       Jemen auf der Arabischen Halbinsel hat denn Schiffsverkehr durch den Golf
       von Aden zu einem risikoreichen Unternehmen gemacht. Rund 12 Prozent des
       globalen Warenverkehrs gehen durch dieses Nadelöhr, davon ein Großteil des
       Handels zwischen Europa und Asien.
       
       Bislang galt der Hafen in Dschibuti als Hub für Waren gen Ostafrika. Doch
       aufgrund langer Wartezeiten zum Anlanden herrscht vor der Küste meist Stau.
       Schiffe, die im Golf von Aden warten müssen, bis in Dschibuti ein Dock frei
       wird, oder aufgrund des regen Verkehrs nicht passieren können, geraten ins
       Fadenkreuz der jemenitischen Houti-Rebellen. Im September trieb ein
       niederländisches Frachtschiff manövrierunfähig im Golf, nachdem ein
       Geschoss den Frachter getroffen hatte. Dies verlangsamte den Warenverkehr
       zwischen Europa und China.
       
       Berbera galt zuletzt als sichere Alternative, da der Hafen weiter weg von
       der jemenitischen Küste liegt, außerhalb der Raketenreichweite quasi. Wenn
       jetzt der Konflikt um die elektronische Anmeldung und Gebühren zwischen
       Somalia in Somaliland eskaliert, müssen wieder mehr Frachter auf Dschibuti
       umdisponieren.
       
       „Elektronische Verfahren werden als Waffe eingesetzt, um Somaliland zu
       ersticken“, kommentiert Ismael Ahmed, Gründer der internationalen
       Geldüberweisungs-Plattform WorldRemit, einer der weltweit bekanntesten
       Geschäftsleute aus Somaliland. „Wenn internationale Schifffahrtsbetreiber
       und Versicherungsunternehmen diese Regeln einmal akzeptiert haben, dann
       sind sie nicht mehr rückgängig zu machen“, so Ahmed. „Das ist gefährlich.“
       
       5 Dec 2025
       
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