# taz.de -- Jane Austen in der Popkultur: Wenn Mr. Darcy Zombies töten muss
> Wahnsinn, wie viele Verfilmungen und Serien es rund um diese Klassikerin
> gibt. Offenbar verliebt sich jede Generation neu in diese Figuren.
(IMG) Bild: „Schon der Name Darcy kam mir reichlich albern vor“: Renee Zellweger als Bridget Jones, 2004
Die sechs Hauptromane Jane Austens wurden bislang über 50-mal verfilmt.
1940 erhielt eine schwarzweiße „Stolz und Vorurteil“-Kinoadaption mit
Laurence Olivier einen Oscar; 1995 machte eine in Kalifornien angesiedelte
moderne „Emma“-Version von Amy Heckerling die damals 19-jährige Alicia
Silverstone bekannt. Der vor unterdrückten Gefühlen nur so [1][dampfende
Colin Firth] setzte ein Jahr später in einer der vielen seriellen
BBC-Produktionen neue Maßstäbe für den attraktiven Aristokraten Mr. Darcy.
Bollywood produzierte 2000 eine mit reichlich Musik und Tanz versehene
„Verstand und Gefühl“-Fassung namens „Kandukondain Kandukondain“, eine der
wenigen Bearbeitungen mit nicht weißem Cast, darunter – neben weiteren
indischen – eine mexikanische. Und Stars wie Anne Baxter, Emma Thompson,
Gwyneth Paltrow, Kate Winslet, Keira Knightly, Kate Beckinsale, Anya
Taylor-Joy, Anne Hathaway und Dakota Johnson beweisen nach wie vor, dass
sich anscheinend jede Generation neu in die alten Figuren verlieben möchte.
## Ziemliche Nervensägen
Dass sowohl die weiblichen als auch die männlichen klassischen
Austen-Charaktere zuweilen ziemliche Nervensägen sein können, die sich – je
nach Geschichte – ernst, streberhaft, sperrig und zugeknöpft geben, wird in
den meisten Versionen, egal ob historisch oder modernisiert, verschwiegen.
Deutlich ungezwungener bearbeiten dagegen jene Werke den Stoff, die sich
weniger eng an Austens Personen, Dramaturgien und Narrative halten müssen,
weil sie eben nicht Romane adaptieren, sondern auf einer Metaebene von der
Austen-Welt erzählen.
„Schon der Name Darcy kam mir reichlich albern vor“, schreibt Bridget Jones
etwa in ihr Tagebuch. Und um nicht nur prosaisch jegliche Verwechslungen
mit der Heldin Elizabeth Bennet aus „Stolz und Vorurteil“ auszuschließen,
fügt sie spöttisch hinzu: „Wie aus einem Roman von Jane Austen.“
„Das Tagebuch der Bridget Jones“, niedergeschrieben 1996 von Helen
Fielding, ist die Grundlage für eine bis heute erfolgreiche Filmreihe mit
Renee Zellweger in der Rolle der tölpeligen Namensgeberin. Der erste der
vier Filme wurde 2001 gedreht – und bildet wahrscheinlich den Grundstein
der Jane-Austen-Sekundärfilmografie.
Anstatt die heiratswilligen, aber unter dem Druck ihres Standes und den
Erwartungen der Gesellschaft leidenden jungen Frauen und die komplizierten
und letztlich ebenso menschenunerfahrenen jungen Männer in mehr oder minder
werktreuen Geschichten umeinander flattern zu lassen, bildet das
Sekundärwerk ein eigenes Diskursuniversum.
## Die Bridget-Jones Filme
Beim ersten Bridget-Jones-Film „Schokolade zum Frühstück“ ist von der
gebildeten, unabhängigen Elizabeth-Figur somit nur noch Bridgets Behauptung
geblieben, sie „habe mal Englische Literatur studiert“. Dass sie damit zwar
eigentlich kein richtiger Austen-Fan sein kann, aber – zumindest in
Liebesdingen – eine ähnliche Leidenschaft an den Tag legt, haben die
Drehbuchautor:innen Helen Fielding, Richard Curtis („Vier Hochzeiten
und ein Todesfall“, „Notting Hill“) und Andrew Davis zu einem mal hoch
amüsanten, mal enorm altmodischen Plot gesponnen, durch den Zellweger als
vorgeblich über-, in Wirklichkeit [2][normalgewichtige Bridget] rauchend,
saufend und fluchend hindurchtrampelt. Der hochnäsige Darcy, natürlich
gespielt von Colin Firth, ist dafür wenig arrogant, sondern süß,
zurückhaltend und charmant.
Spätere Über-Austen-Filme verhandeln überwiegend Austen-Fans, diese
riesengroße, gendermäßig recht homogene internationale „Society“, für die
die „Regency-Ära“ mit ihren steifen Kleidern, den wie Scheuklappen
funktionierenden Frauenkopfbedeckungen und dem Vorzug der Sehnsucht vor dem
Erlebnis gleichzeitig schöner Traum und eskapistischer Zufluchtsort
bedeutet.
So wie die sechs Menschen, die sich unter der Regie der US-Amerikanerin
Robin Swicord im Jahr 2007 in einem „Jane Austen Book Club“ treffen,
offiziell um über die sechs Romane ihrer Lieblingsautorin zu sprechen. Die
Adaption eines Buches von Karen Jay Fowler nimmt dabei die Exegese nur als
Rahmenhandlung, um die wackeligen, endenden oder beginnenden
Liebesgeschichten der Clubmitglieder zu erzählen.
Darunter befindet sich mit dem anfänglichen Austen-Laien, aber
Sci-Fi-Experten Grigg (Hugh Dancy) gar ein Mann, der sich nicht nur in die
Bücher, sondern in eine Clubkollegin (Maria Bello) verliebt – und den
anderen freundlich die stereotyp-männliche Außenperspektive anbietet: „Geht
es bei der Liebe nicht zunächst um körperliche Anziehung?“, fragt er in die
Runde. „Nicht bei Austen“, winkt die manisch werktreue Prudie (Emily Blunt)
streng ab.
## Empört-leise Zivilisationskritik
Zusätzlich zu den klassischen, aus 1.000 Meter Entfernung wahrnehmbaren
Liebesgeschichten, die zwei unglücklich verheiratete Clubmitglieder wieder
in die Arme ihrer (langweiligen und betrügenden) Ehemänner treiben,
versucht Swicord in ihrem Film eine Bestandsaufnahme der „modernen“,
digitalen Welt samt Handyverkehr und – neu! – ständiger Kartenzahlung.
Diese empört-leise Zivilisationskritik gepaart mit den zwanghaften
Ehe-Enden macht den sympathischen, aber grundbiederen Film moralischer als
jeden Austen-Roman.
Über das zweidimensionale Leseerlebnis hinaus geht Jerusha Hess’ 2013
inszenierter Film „[3][Austenland]: Als „einmalige immersive
Austen-Experience“ wird darin ein teurer Urlaubstrip bezeichnet, für den
die Protagonistin, die mit Mitte 30 im besten Austen-Heldinnen-Alter
angekommene, alleinstehende US-Amerikanerin Jane (Keri Russell) ihre
letztes Geld zusammenkratzt.
Denn Jane ist Austen-Ultra: Die Bibliothekarin hat nicht nur einen
lebensgroßen Mr.-Darcy-Pappaufsteller, der in ihrer mit floralem
19.-Jahrhundert-Tinnef vollgestopften Schlafzimmer die seltenen Liebhaber
verscheucht, sondern kann sich selbstredend nichts Aufregenderes
vorstellen, als einen Ausflug in die steife Etikette eines Englands im 19.
Jahrhunderts zu machen, wo in einem entsprechend dekorierten Haus ein
Haufen Schauspieler:innen das Erlebnis lebensnah gestalten sollen.
Hess und ihre Drehbuchautorin Shannon Hale, die die Geschichte nach ihrem
Roman adaptierte, haben Spaß daran, nicht nur die klassischen
Austen-Figuren mit ihren erzwungenen After-Dinner-Konversationen und den
Stöcken-im-Hintern zu parodieren. Sie lassen das Ganze zudem in einen Clash
der Kulturen ausarten.
## Zuerst Ablehnung, dann entflammende Liebe
Neben Jane hat sich nämlich auch die neureiche amerikanische Erbin „Miss
Elizabeth Charming“ (die großartige Jennifer Coolidge) zur
Austen-Experience eingebucht – und die mischt sexaffine Unkultiviertheit in
die noble Gesellschaft. In ihrer Grundstruktur folgt Hess jedoch in dieser
Persiflage dem Vorbild: Wie bei Austen ist das erste Zusammentreffen
zwischen Jane und einem Darcy-Verschnitt (JJ Feild) von Streit geprägt.
Eine der Austen’schen Liebesregeln lautet, dass aus ursprünglicher
Ablehnung besonders starke Flammen entstehen.
Und die lodern weiter: Vor wenigen Wochen startete Laura Pianis Komödie
„Jane Austen und das Chaos in meinem Leben“ in den Kinos, eine französische
Produktion, die wie ein Konglomerat aus allen vorhandenen
Austen-Meta-Geschichten wirkt. Die französische Bibliothekarin und
Austen-Afficionada Agathe (Camille Rutherford) gewinnt darin eine
Schreib-Residenz in einem bizarren, englischen Austen-Paradies voller
wunderlicher Schriftsteller:innen; inbegriffen sind Kostümpartys und die
beiden üblichen Galane, zwischen denen sie wählen muss.
Obwohl die Ausgangslage, der Ausgang selbst und das Material hinreichend
bekannt sind, gelingt Piani ein erstaunlich komischer Film – unter anderem,
weil neben ihrem Austen-Landhaus eine Alpaka-Farm liegt und Agathe beim
Durch-die-Wälder-Sinnieren lernt, dass das Summen von Alpakas eins der
albernsten Geräusche der Welt ist (und deren gutmütiges Lächeln mitnichten
vor dem Angespucktwerden schützt).
Schon 2016 entstand der Film „Stolz und Vorurteil und Zombies“, in dem
Colonel Darcy (Matt Riley) Zombies töten muss. Und selbstverständlich gibt
es Jane Austen längst in nackt: 2011 berichtete die LA Times von einem
„neugeschriebenen“ Austen-Roman mit einem „handsome Mr. Wickham, wickeder
than ever!“. Auf einschlägigen Ab-18-Seiten wird man filmisch ebenfalls
schon lange fündig. Und da muss sich Elizabeth dann auch endlich nicht mehr
zwischen Mr. Darcy und Mr. Wickham entscheiden.
12 Dec 2025
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## AUTOREN
(DIR) Jenni Zylka
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