# taz.de -- Gefahr bei Umwelttechnologien: Greentech boomt, aber Europa verliert gegen China
       
       > Die EU und Deutschland könnten von der Transformation profitieren, geben
       > aber ihre Führungsrolle an die Volksrepublik ab. Das birgt Risiken.
       
 (IMG) Bild: Arbeiterinnen produzieren Photovoltaikmodule in Hefei, Provinz Anhui, China, am 16. Oktober 2024
       
       Auch wenn Trump oder die AfD den Klimawandel leugnen: Greentech boomt – und
       Europa verspielt seine Führungsrolle an China. Das ist das Ergebnis von
       gleich zwei aktuellen Untersuchungen. Umwelttechnologien hätten sich trotz
       mauer Konjunktur und politischem Widerstand zur am zweitschnellsten
       wachsenden Branche nach der Informationstechnologie entwickelt, zeigt eine
       [1][Analyse der Unternehmensberatung BCG und des Weltwirtschaftsforums] vom
       Dienstag. 2024 überschritten danach die globalen Umsätze mit
       umweltfreundlicher Technologie die Schwelle von 5 Billionen Dollar. Bis
       2030 sollen 7 Billionen Dollar erreicht sein.
       
       Für die Studie analysierte BCG die Finanzdaten von mehr als 6.500
       börsennotierten Unternehmen weltweit. Firmen mit einem relevanten Anteil
       „grüner“ Umsätze wuchsen danach seit 2020 doppelt so schnell wie
       Unternehmen ohne solche Aktivitäten. Die Ursache: Die massiven
       Kostensenkungen des vergangenen Jahrzehnts – Solar und Batterien minus 90
       Prozent, Offshore-Wind minus 50 Prozent – hätten Greentech
       wettbewerbsfähiger gemacht.
       
       Etwa die Hälfte der globalen CO₂-Emissionen ließen sich heute schon
       rentabel mit Solar- und Windenergie, Elektromobilität und Energieeffizienz
       reduzieren, weitere 20 Prozent könnten mit geringen Mehrkosten gesenkt
       werden. „Die grüne Transformation ist längst kein politisches Projekt mehr,
       sondern ein globaler Wachstumssektor“, sagt Studien-Koautor Patrick
       Herhold.
       
       Der Haken: Europa profitiert nicht mehr so stark vom Ökoboom, weil
       mittlerweile China die Maßstäbe setzt. Gerade deutsche Firmen könnten in
       der Branche durch ihre „Ingenieur- und Technologiestärke eigentlich
       überdurchschnittliche Chancen haben“, so Koautor Jens Burchardt. „Doch beim
       Hochlauf der Green Economy geraten wir zunehmend ins Hintertreffen.“
       Ursache: teurer Strom, lange Genehmigungsverfahren, mangelnde
       Investitionsanreize.
       
       China gehe strategischer vor: Mehr Geld fließe in Umwelttechnik, das
       festige die Kontrolle über die Wertschöpfungsketten. 2024 habe die
       Volksrepublik 659 Milliarden Dollar für CO₂-freie Energieversorgung
       ausgegeben, Europa 410 Milliarden Dollar, die USA 310 Milliarden. Das
       „Epizentrum der Innovation“ habe sich „nach China verlagert“, heißt es in
       der Studie.
       
       ## China führend bei Solar, Batterien und Elektrolyseuren
       
       Welche Gefahren das birgt, zeigt eine weitere Untersuchung vom Montag. Weil
       China sich eine dominante Position in [2][internationalen Lieferketten] für
       Solarmodule, Batterien und Elektrolyseure für Wasserstoff erkämpft habe und
       seinen Anteil am Markt für Elektrofahrzeuge ausbaue, befinde sich Europa in
       diesen Zukunftsbranchen in einer Abhängigkeitsfalle. Deutschland müsse von
       seiner „Abhängigkeit von russischem Gas lernen und sich bei grünen
       Technologien nicht von China abhängig machen“, fordert Klimaökonom Michael
       Jakob von Climate Transition Economics, Koautor der [3][Untersuchung des
       vom Bund geförderten Klimaprojekts Ariadne].
       
       Auch bei den für grüne Technologien wichtigen Rohstoffen wie Grafit und
       seltene Erden dominiere die Volksrepublik den Weltmarkt, bei raffiniertem
       Lithium und Kobalt kontrolliere sie die Hälfte der Produktion. Rat der
       Studie: Förderung, Forschung und den Aufbau von Infrastruktur im Inland,
       außerdem staatlich garantierte Mindestabnahmemengen oder staatlich
       finanzierte Vorhaltekapazitäten, um im Krisenfall eine Mindestversorgung
       sicherzustellen.
       
       Außerdem müssten bei Energie und Rohstoffen strategische Reserven angelegt
       werden, bei [4][Mikrochips wären diese wegen hoher Spezialisierung und
       wegen des schnellen Wertverfalls ungeeignet]. Auch Handelsbeschränkungen
       halten die Autor*innen für kontraproduktiv.
       
       Neben dem Aufbau einer Kreislaufwirtschaft schlagen die Forschenden
       Handelsquoten und gestaffelte Zollkontingente vor, die sicherstellen, dass
       der Importanteil von Gütern aus einem einzelnen Land unter einem bestimmten
       Schwellenwert bleibt. „Zollkontingente wurden beispielsweise für Elektro-
       und Hybridfahrzeuge in Brasilien eingeführt“, erklärt Koautor Joschka
       Wanner von der Universität Würzburg. Wenn das Kontingent überschritten
       werde, „greift für alle zusätzlichen Importe aus diesem Land ein höherer
       Zollsatz“.
       
       3 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bcg.com/germany
 (DIR) [2] /Lieferkettengesetz-Nicht-nur-oekonomisch-daneben/!6124590
 (DIR) [3] https://ariadneprojekt.de/publikation/report-importabhaengigkeit-bei-sauberen-energieguetern-marktversagen-und-politikinstrumente/
 (DIR) [4] /Sorge-vor-neuer-Chipkrise/!6125875
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Transformation
 (DIR) China
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Weltklimakonferenz
 (DIR) Welthandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Chinas Emissionen stagnieren: Dreckschleuder und Klimachampion der Welt
       
       Ermutigende Zahlen zum Start der Weltklimakonferenz: Die
       Treibhausgasemissionen Chinas sind seit 18 Monaten gleich – oder fallen
       sogar.
       
 (DIR) Milliardensubventionen aus China: Pekings Dumpingpreise
       
       China unterstützt seine Konzerne mit Milliarden, westliche Firmen haben
       damit zu kämpfen. Doch Europa ist nicht machtlos.
       
 (DIR) Nach dem UN-Gipfel: Der Wert des Klimas
       
       Die Staaten schicken kaum noch Umweltminister zu den Verhandlungen, eher
       kommen Wirtschaftsvertreter. Gerettet wurde weniger das Klima als der
       UN-Prozess.