# taz.de -- Rechte Richter im Ehrenamt: AfD jubelte zu früh
       
       > Der einschlägig bekannte AfD-Politiker Thomas Hartung sollte Laienrichter
       > für das Verwaltungsgericht Stuttgart werden. Gewählt wurden am Ende
       > andere.
       
 (IMG) Bild: Laienrichter*innen dürfen zwar in der Regel keine Robe tragen, aber mitentscheiden
       
       Der AfD-Politiker Thomas Hartung wird nicht ehrenamtlicher Richter am
       Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart. Dabei hatte die AfD-Fraktion schon über
       ihren „größten politischen Erfolg“ in der bisherigen Wahlperiode gejubelt.
       Am 1. Dezember hätte Hartungs Amtszeit begonnen.
       
       Ehrenamtliche Richter:innen gibt es in allen Gerichtszweigen, vom
       Arbeitsgericht bis zum Sozialgericht. Am bekanntesten sind die
       ehrenamtlichen Richter:innen im Strafrecht, dort heißen sie
       Schöff:innen. Die Laienrichter:innen stehen zwar im Schatten der
       Berufsrichter:innen, haben aber das gleiche Stimmrecht. Am
       Verwaltungsgericht entscheiden sie mit über Klagen gegen Baugenehmigungen,
       Demoverbote und abgelehnte Asylanträge.
       
       [1][Thomas Hartung] ist promovierter Germanist und versteht sich als
       AfD-Intellektueller. [2][In Sachsen war er AfD-Mitgründer] und
       stellvertretender Landesvorsitzender. Seit 2020 ist Hartung Pressesprecher
       der Landtagsfraktion Baden-Württemberg. Deutschland hält er für eine
       „Umerziehungsrepublik“, so sein jüngstes Buch. Als er einen schwarzen
       Busfahrer mit Terrorismus assoziierte, wurde er wegen Volksverhetzung
       angeklagt, aber freigesprochen. Und Stephan Harbarth, den Präsidenten des
       Bundesverfassungsgerichts, bezeichnete er als „Schaufensterpersonalie“.
       
       Dennoch wollte Hartung selbst Teil der Justiz werden. Die AfD-Fraktion im
       Böblinger Kreistag, dem er selbst angehört, schlug ihn als ehrenamtlichen
       Verwaltungsrichter vor. Ende Juli übernahm der Kreistag ohne Diskussion die
       Vorschläge aller Fraktionen in seine 52-köpfige Nominierungsliste, also
       auch die 7 von der AfD genannten Namen. Was die AfD jedoch bei ihrem Jubel
       darüber übersehen hatte: Dem Landkreis Böblingen stehen nur halb so viele,
       nämlich 26, ehrenamtliche Richter:innen am VG Stuttgart zu.
       
       ## In geheimer Wahl gewählt
       
       Die endgültige Auswahl hatte ein 9-köpfiger Wahlausschuss unter dem Vorsitz
       von Verwaltungsgerichtspräsidenten Jan Bergmann zu treffen. Neben einer
       Vertreterin des Lands gehören dem Ausschuss außerdem 7 vom Landtag gewählte
       Vertrauensleute an. Die Landtagsfraktionen hatten proporzgemäße
       Vorschlagsrechte, nur der Vorschlag der AfD wurde nicht gewählt. Sie war
       also im Wahlausschuss nicht vertreten.
       
       Zu Beginn der geheimen Sitzung Ende Oktober schlug der Vorsitzende die
       Wahlkriterien vor: Es sollten erfahrene und neue Laienrichter:innen
       gewählt werden, etwa gleich viele Männer und Frauen aus allen
       Altersgruppen. Parteizugehörigkeit und Religion durften keine Rolle
       spielen, so der Präsident des VG. Und dann verwies er noch auf Paragraf 13a
       des baden-württembergischen Richtergesetzes: „In das ehrenamtliche
       Richterverhältnis darf nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet,
       dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne
       des Grundgesetzes eintritt.“ Die Norm wurde im Jahr 2000 eingeführt. Nicht
       alle Bundesländer haben eine derartige Norm. Aber überall gilt ein
       Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2008, wonach auch für
       ehrenamtliche Richter:innen das [3][Gebot der Verfassungstreue] gilt.
       
       Der Wahlausschuss tagte drei Stunden lang und wählte „in Einzelwahl“ 272
       ehrenamtliche Richter:innen aus 13 Landkreisen. Im Schnitt dauerte ein
       Wahlgang also 40 Sekunden. Am Ende blieb Thomas Hartung ungewählt. War das
       Zufall oder gab es verfassungsrechtliche Bedenken? Das bleibt wegen des
       Wahlgeheimnisses offen. 3 andere der 7 AfD-Vorschläge aus dem Böblinger
       Kreistag wurden dagegen gewählt. Wie viele AfD-Vorschläge insgesamt gewählt
       wurden, ist unbekannt. Ab dem 1. Dezember sind die ehrenamtlichen
       Richter:innen im Amt – für maximal 12 Sitzungstage pro Jahr.
       
       Ist mit Blick auf die AfD-Laienrichter:innen nun die Gerechtigkeit in
       Baden-Württemberg in Gefahr? Auch bei der Wahl vor 5 Jahren wurden
       AfD-Vorschläge gewählt. Auffällige Vorkommnisse sind nicht bekannt
       geworden.
       
       30 Nov 2025
       
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