# taz.de -- Kampfansage gegen Klimaschutz: Die DIHK will das deutsche Klimaziel kippen
> Die Dachorganisation der deutschen Industrie- und Handelskammern fordert
> die Abkehr von der bisherigen Klimapolitik. Grüne kritisieren das scharf.
(IMG) Bild: Keine Fans des Ziels, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll: Wirtschaftsministerin Reiche und DIHK-Präsident Adrian
Eine der wichtigsten deutschen Wirtschaftsorganisationen drängt auf eine
grundlegende Abkehr von der bisherigen deutschen Klimapolitik. Die
[1][Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK)] fordert, dass
Deutschland das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 aufgibt. Außerdem soll
die Regierung auf die Festlegung von konkreten CO2-Minderungszielen für
einzelne Jahre verzichten.
Die DIHK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist die
Dachorganisation von 79 Industrie- und Handelskammern. Das sind Organe der
Selbstverwaltung und keine Lobbyverbände wie der Bundesverband der
deutschen Industrie (BDI). Unternehmen sind in den Kammern Pflichtmitglied.
Der forsche Vorstoß des Dachverbands ist wegen der gebotenen Neutralität
der Organisation erstaunlich.
Die DIHK sehe bereits seit Längerem Stilllegungen und Abwanderungen vor
allem von energieintensiver Produktion und den Verlust hochwertiger
Industriearbeitsplätze in Deutschland, heißt es in einem Beschluss der
DIHK-Vollversammlung vom späten Donnerstagnachmittag: „Sollte die Politik
den eingeschlagenen Kurs fortsetzen, führt [2][dies zu weiter steigenden
Energiekosten für die Unternehmen] mit weitreichenden negativen Folgen für
die gesamte Unternehmenslandschaft.“
Deutschland habe ambitioniertere Ziele als die meisten anderen Staaten, das
führe zu deutlich höheren Kosten für deutsche Unternehmen. Die DIHK schlägt
vor, die Vorgaben an die Klimaschutzanstrengungen der wichtigsten
wirtschaftlichen Wettbewerber auszurichten – also nach hinten zu
verschieben. China will 2060 klimaneutral sein. Die USA haben unter
Präsident Donald Trump komplett mit ihrer bisherigen Klimapolitik
gebrochen.
## Keine Jahresziele mehr
„Entscheidend sind Bemühungen um verstärkten internationalen Klimaschutz“,
heißt es in dem Beschluss. Als Akteur für diesen Prozess schlägt die
Organisation den 2022 [3][von Deutschland mit angestoßenen Klimaclub] vor,
der mittlerweile 46 Mitglieder hat. Sollte das nicht klappen, sei „die
überwiegende Mehrheit der deutschen Wirtschaft der Meinung, dass das
deutsche CO2-Budget angelehnt an den Benchmark der Vergleichsgruppe
ausgeweitet werden sollte.“ Heißt: Unternehmen sollen mehr
Verschmutzungsrechte erhalten.
Nach den aktuellen Vorgaben kann Deutschland bis 2045 noch rund 6
Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen – nach Angaben der DIHK etwa das Zehnfache
der Emissionen von 2024. Bislang sollen Ziele für die Minderung der
Emissionen für einzelne Jahre festgelegt werden. Das will die „Mehrheit der
IHK-Organisation“ nicht mehr. Stattdessen soll es einen „flexiblen
Budgetansatz bis 2050“ geben.
Kritik von den Grünen
Der frühere grüne Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner kritisiert den
Vorstoß. Die DIHK gefährde mit ihrer Haltung den Wirtschaftsstandort
Deutschland, sagte er der taz. Wer Klimaschutz ausbremst, bremse
Innovationen und Investitionen. „Wer an überholten Strukturen klebt, bleibt
im Gestern stehen.“
Die Vorsitzende der Grünen Wirtschaftsvereinigung, Marie-Luise Wolff,
zeigte sich ebenfalls empört. Sie sorge sich, dass die in der Ampel-Zeit
erzielten Fortschritte komplett rückabgewickelt würden, sagte sie beim
Parteitag der Grünen am Wochenende in Hannover. Die DIHK stelle die
Klimaziele infrage, so Wolff, die auch Vorstandsvorsitzende des
Energieversorgers Entega AG in Darmstadt ist. „Aber die Vorlage dafür hat
die Bundeswirtschaftsministerin gegeben.“ Wirtschaftsministerin Katherina
Reiche (CDU) hatte sich bei einer Konferenz des Lobbyverbands BDI für eine
Verschiebung des Ziels ausgesprochen, dass Deutschland bis 2045
klimaneutral ist. „Wir brauchen mehr öffentlichen Druck, um das zu
verhindern“, forderte Wolff.
30 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Anja Krüger
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