# taz.de -- Bremer Erlebniszentrum Botanika: Zum Leben zu wenig
> Die Botanika in Bremen hat immer mehr Besucher:innen, auch weil sie neben
> Pflanzen inzwischen auch Tiere zeigt. Dennoch muss die Stadt sie nun
> retten.
(IMG) Bild: Hell erleuchteter Eingang zur Botanika Bremen: Kosten sind höher als Einnahmen, soweit so normal
Und dann sind da noch die Otter. Ach was, Otter. Otterbabys! Zehn Wochen
jung, noch ganz tapsig und heute das erste Mal draußen im Außengehege zu
sehen. Samtig graubraunes Fell, Schwänzchen, Schnäuzchen. Der Ottervater
schleppt die drei Kleinen immer mal wieder zurück zum Eingang des Stalls.
Nicht, dass sie ins Wasser fallen, denn schwimmen müssten sie erst noch
lernen, erklärt Anke Stonat. Sie ist in der [1][Botanika] zuständig für
alles Mögliche, kann aber auch erklären, was es mit den Pflanzen und Tieren
dieses Bremer Science-Centers auf sich hat.
An diesem Dienstag Ende November macht sie das spontan für die taz, nachdem
sogar überregionale Medien über eine drohende Insolvenz und eine mögliche
Schließung berichtet hatten. Die Botanika „kämpfe um ihr Überleben“, hieß
es im Lokalblatt Weser Kurier. Entnommen hatten die Journalist:innen
dies „einem vertraulichen Papier“, wie Radio Bremen es nannte.
Die Aufregung war entsprechend groß am Dienstagvormittag, das Telefon stand
nicht still. Die rund 40 Mitarbeiter:innen der Botanika und ihrer
Partnerorganisationen und -unternehmen hätten um ihre Jobs gefürchtet,
erzählt die Botanika-Geschäftsführerin Petra Schäffer, Hochzeitspaare um
ihren Trauort und Rhododendren-Liebhaber um die weltweit größte Sammlung
ihrer Lieblingspflanze sowie Schulen um einen Lernort. 700 Schulklassen und
Kita-Gruppen haben ihn in diesem Jahr besucht.
Doch betrachtet man das „vertrauliche Papier“, eine Behörden-Vorlage für
die parlamentarische Umweltdeputation, dann steht da nur: Die Botanika
braucht einen höheren Zuschuss, als ihn die Stadt derzeit zahlt. Trotz
stetig steigender Besucherzahlen reichen die Einnahmen nicht aus, um die
Ausgaben zu decken. Es fehlen rund 1,5 Millionen Euro. Der Grund: Die
Kosten fürs Personal seien seit 2022 um jährlich neun Prozent gestiegen,
Wartung und Pflege um elf Prozent. Vertraulich ist die Vorlage, weil sie
Bilanzzahlen enthält, die bei GmbHs unter das Geschäftsgeheimnis fallen –
auch wenn die Stadt Gesellschafterin ist.
Und das Wort „Insolvenz“ taucht zwar in dem Schreiben auf, aber nur in dem
Zusammenhang, dass die Zahlungsfähigkeit der Botanika gesichert werden
muss, um eine Insolvenz abzuwenden. Daher schlägt die Umweltsenatorin vor,
das Unternehmen mit 800.000 Euro in Form einer außerordentlichen
Gesellschaftereinlage für das kommende Jahr zu unterstützen. Die
Umweltdeputation, die zwei Tage später tagte, stimmte dem zu. Eine
Schließung sei nicht sinnvoll, steht in dem Papier noch, der kulturelle und
wissenschaftliche Wert der Einrichtung zu hoch.
Dazu muss man wissen: Es gibt dort natürlich sehr viel mehr zu sehen als
Otterbabys. Aber die funktionieren wie die [2][Weißhandgibbons] – eine
Primatenart – im Nachbargehege gut, um diejenigen in die Ausstellung zu
locken, die sich weder für Rhododendren noch für die Lebensweise von
Pflanzen im Allgemeinen interessieren.
Als die Botanika 2003 in einem Park am nordöstlichen Bremer Stadtrand
eröffnet wurde, gab es nichts als Botanik – durchaus ansprechend
präsentiert, mit gepflasterten Wegen, Bachlauf, Wasserfall und künstlichen
„Bergen“. Dazwischen ein liegender Buddha, weil die Pflanzen fast alle aus
Asien stammen.
Das wiederum ist Zufall, denn der Pflanzenbestand baut auf der
Rhododendren-Sammlung eines Bremer Vereins auf – und die größte
Artenvielfalt gibt es in Ostasien. Ein Teil der Sammlung steht draußen im
Park, die empfindlicheren in zwei Gewächshäusern. Eins ist wegen der
Temperaturunterschiede mit einer Folie unterteilt: Im „Himalaya“ ist es
recht frisch, im benachbarten „Borneo/Neu-Guinea“ mit 16 Grad dagegen
verhältnismäßig warm. Die Temperatur sei aus Kostengründen immer weiter
herabgesenkt worden, erzählt die Botanika-Mitarbeiterin Anke Stonat.
Mittlerweile ist die Botanika eine ziemliche Wundertüte. Es soll um
[3][Artenvielfalt] gehen, das Konzept erschließt sich nicht auf Anhieb. Es
gibt einen zweiten Buddha – [4][ein Geschenk des Dalai Lama] – eine
Gebetsmühle und weitere Insignien des Buddhismus, dazu ein bisschen
tibetische Heilkunde. Außerdem zogen im Verlauf der Zeit immer mehr Tiere
ein: erst Fische, zwei frei herumfliegende Beos, Reptilien, 2016 die
Gibbons und vor einem Jahr zwei Zwergotter. Mit den Gibbons gab es einen
deutlichen Besucherzuwachs: von 70.614 auf 83.064 Personen jährlich. Im
vergangenen Jahr waren es dann schon 135.478 Besucher:innen, 2025 bis
September 108.586.
## Nicht für alle optimale Fortpflanzungsbedingungen
An diesem Dienstag lärmt eine Gruppe jugendlicher
Austauschschüler:innen durch das Tropenhaus. Warm und feucht ist es
hier, große bunte Schmetterlinge taumeln durch die Luft und auch gegen die
Besucher:innen. „Sie sind kurzsichtig“, sagt Anke Stonat und schaut einer
Mitarbeiterin über die Schulter, die im ärmellosen T-Shirt Puppen und
Kokons auf Vitrinenregale aufspießt, an denen sie dann schlüpfen werden.
Einige schillern wie Schmuckstücke aus Gold oder schwarzem Silber.
Nicht für alle Arten können sie in der Botanika optimale
Fortpflanzungsbedingungen schaffen. Sie arbeiten deshalb wie andere
Schmetterlingshäuser mit Kleinbauern in Costa Rica zusammen. Heute kam eine
frische Lieferung an, im Styroporkarton.
Man kann die Botanika einfach auf sich wirken lassen, Farben und Formen mit
allen Sinnen wahrnehmen. Oder etwas lernen über Ernährung, Tarnung und
Fortpflanzung von Pflanzen. Im benachbarten Entdecker-Zentrum finden sich
Experimente und digitale Simulationen sowie Exponate, darunter ein
Samenkorn der Seychellen-Palme, deren Früchte bis 45 Kilogramm schwer sein
können.
Für Schulen stehen in einem anderen Gebäudeteil Schulungsräume und ein
Labor mit Mikroskopen bereit. Sieben Kinder einer benachbarten Schule
arbeiten an diesem Nachmittag in einer AG, sie haben Mundschleimhaut und
Wasserpest untersucht und so den Unterschied von tierischen und
pflanzlichen Zellen kennengelernt, wie ihr Lehrer erklärt.
## Pflanzen und Tiere brauchen mehr Pflege als eine Vitrine
Das alles kostet eine Menge Geld, Pflanzen und Tiere brauchen mehr Pflege
als eine Vitrine oder ein Bild. Der Energiebedarf ist hoch. Dass sich ein
solches Haus nicht selbst tragen kann, hatte der Bremer Senat dann auch
erst erkannt, als es schon stand. Ganz genauso ging es ihm mit [5][dem
Universum], einem drei Jahre zuvor eröffneten Wissenschaftsmuseum an der
Universität, dem die Stadt ebenfalls mehrfach finanziell unter die Arme
greifen musste; Bremen beteiligte sich bei beiden Häusern auch an
Umbaukosten.
Es gibt aus dieser Zeit der Großen Koalition in Bremen, die zum
Größenwahnsinn neigte, noch weitere teils komplett gescheiterte Projekte,
aber auch in anderen Bundesländern entstanden um die Jahrtausendwende
[6][ehrgeizige Ausstellungshäuser], die den Tourismus ankurbeln sollten und
bei denen sich schnell herausstellte: Ohne öffentliches Geld wird das
nichts. So entschied erst im Frühjahr die Stadtverordneten-Versammlung von
Potsdam, die defizitäre [7][Biosphäre Potsdam] mit zusätzlichem Geld für
die Tropenhalle zu retten.
Für die Botanika in Bremen soll jetzt wieder einmal ein neues
Finanzierungskonzept gefunden werden, damit es 2027 nicht wieder in
Insolvenzgefahr gerät. Die Umweltsenatorin ist der Ansicht, dass sich auch
die anderen Senatsressorts daran beteiligen müssten, weil die Botanika
einen „Bildungsauftrag“ erfülle und ein „Tourismusmagnet“ sei, wie es in
der Vorlage heißt. Sie müsse so behandelt werden wie andere Bremer Museen.
8 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Science-Fiction-Convention-im-Tropenhaus/!5956354
(DIR) [2] /Weisshandgibbons-in-der-Bremer-Botanika/!5361251
(DIR) [3] https://www.botanika-bremen.de/ueber-uns.html
(DIR) [4] /Vergoldetes-vergeistigtes-Metall/!5378884
(DIR) [5] /Weniger-Museums-Besucher/!5073592
(DIR) [6] /Mitmach-Museum-zum-Klimawandel/!5030187
(DIR) [7] /Petition-der-Woche/!5418486
## AUTOREN
(DIR) Eiken Bruhn
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