# taz.de -- Mitmach-Museum zum Klimawandel: Naturgewalten in der Kiste
       
       > Das Klimahaus in Bremerhaven will kein klassisches Science-Center sein.
       > Die Besucherzahlen sinken – jetzt soll Werbung für die
       > Offshore-Windenergie helfen.
       
 (IMG) Bild: Müll aus Insektenperspektive: Besucherin im Klimahaus Bremerhaven
       
       BREMERHAVEN taz | Das Wort „Science-Center“ hören sie im Klimahaus zu
       Bremerhaven ja nicht so gern. Sie finden, das passt nicht recht zu ihnen,
       und nennen sich deshalb lieber „Wissens- und Erlebniswelt“. Aber irgendwie
       präziser und schärfer fasst dieser Begriff natürlich auch nicht, was das
       zunehmend schwammigere Konzept vom Science-Center nicht recht zu fassen
       vermag. Sie wollen halt nicht einfach nur noch so eine Art Mitmach-Museum
       sein, das mit der Aneinanderreihung irgendwelcher möglichst interaktiver
       Exponate versucht, dem Laien ein wenig die Naturwissenschaft zu erklären.
       
       Stattdessen wird hier gleich der ganze Raum zum Exponat. Das Konzept lebt
       wesentlich von einer imaginären Reise durch unterschiedliche Klimazonen,
       von Alaska über Sardinen und Kamerun bis in die Antarktis. Auch die
       pazifische Insel Samoa liegt auf der Strecke, die hier auf 11.500
       Quadratmeter Fläche zusammengerafft wird:
       
       Kleine Wellen schlagen unter einer Palme ans Ufer, ein Einbaum-Kanu lädt
       zur Fahrt, die Wände sind von Blättern bedeckt, die an Lianen
       herunterhängen. Sie sehen echt aus. Ein Besucher macht schnell ein Foto;
       dann kann er erzählen, er war gar nicht nur im verregneten Bremerhaven.
       
       Fünf Jahre wurde das Klimahaus kürzlich alt, 100 Millionen Euro hat es die
       klamme Stadt Bremerhaven einst gekostet. Nun wurde überall stolz berichtet,
       dass seit 2009 mehr als drei Millionen Menschen kamen. Das ist aber nur die
       halbe Wahrheit: 2010 kamen nach Angaben des Statistischen Landesamtes etwa
       700.000 Menschen, 2011 waren es rund 600.000.
       
       Seither sank die Besucherzahl in jedem weiteren Jahr um 50.000. Für dieses
       Jahr will Geschäftsführer Arne Dunker „noch keine Prognose“ abgeben – die
       Herbstferien in Bremen und Niedersachsen stehen noch aus. Aber im ersten
       Halbjahr lagen die Zahlen „unter den Erwartungen“. Und auch unter dem
       Vergleichszeitraum des Vorjahres.
       
       Der Frühling in diesem Jahr war schnell recht museumsfeindlich warm, und im
       Zoo am Meer, also gleich nebenan, da haben sie jetzt ein neues
       Nordsee-Aquarium und vor allem: ein Eisbärenbaby namens Lale. Da zieht man
       schnell den Kürzeren. Andererseits: Ökonomen nennen sowas wie Lale einen
       „Einmaleffekt“.
       
       600.000 BesucherInnen im Jahr, das war das Ziel, was einst ausgegeben
       wurde. Heute sagt Dunker: 450.000 bis 500.000 Gäste im Jahr – das wäre so
       ein Niveau, auf dem sich das Klimahaus mittelfristig konsolidieren könnte.
       Dass die Besucherzahlen sinken, „das war erwartet worden“, sagt Dunker. Und
       es sei auch „alles andere als ungewöhnlich“. Das stimmt. Aber so schnell,
       so rapide?
       
       Immerhin: Für die Klimahaus Betriebsgesellschaft mbH vermeldet Dunker
       „positive wirtschaftliche Ergebnisse“ – vulgo: Gewinne. Aber über deren
       Höhe schweigt man sich in Bremerhaben seit jeher aus. Die Betreiberfirma
       Petri & Tiemanner hat den spektakulären Bau jedoch nur gemietet.
       
       Früher betrieb sie auch das Universum Science Center in Bremen, doch das
       ist jetzt wegen seiner Verluste verstaatlicht worden. Eine andere bauliche
       Nutzung des „Wals“ ist auch kaum denkbar. Im November schließt er seine
       Pforten, wird für fünf Millionen Euro saniert und im kommenden Frühjahr
       wieder eröffnet.
       
       In Bremerhaven will man über so ein Szenario freilich noch nicht
       nachdenken. Stattdessen rechnet die Stadt vor, aus dem Klimahaus resultiere
       eine „kumulierte Wertschöpfung“ von 39 Millionen Euro, allein in
       Bremerhaven. Dazu gehörten auch rund 400 Arbeitsplätze, 150 davon im
       Klimahaus selbst. Das habe die Erwartungen „deutlich übertroffen“.
       
       Dennoch: Für den Fall, dass es mit der knappen halben Million an
       BesucherInnen nicht jedes Jahr klappt, sei man vorbereitet, um das Haus auf
       Dauer in den schwarzen Zahlen zu halten, wie Dunker sagt. Dann muss gespart
       werden. Oder weiter investiert.
       
       So wie jetzt: Am Montag wird im Klimahaus das neue „Offshore Center. Meer –
       Wind – Energie“ eröffnet. Es hat das Land Bremen und die EU rund 1,7
       Millionen Euro gekostet – Geld, mit dem nun im Klimahaus die
       Windenergie-Industrie in Bremerhaven beworben wird. Thema der neuen, 340
       Quadratmeter großen Dauerausstellung sind die Entwicklung und der Bau der
       riesigen Windenergieanlagen im Meer sowie ihre Montage fernab der Küste.
       
       Die Technologie dafür stammt schließlich zu einem beträchtlichen Teil aus
       Bremerhaven, 3.000 Menschen arbeiten mittlerweile hier in dieser Branche.
       Im „Offshore-Center“ laufen dazu assoziative Audio-Collagen, oder ein
       virtueller Helikopter-Rundflug, der die BesucherInnen raus zu einem
       Windpark im Meer bringt.
       
       Am Ende soll so im Klimahaus die Werbung für die örtliche Wirtschaft mit
       der Eventkultur und einer Sensibilisierung für Umwelt- und Klimaschutz
       fusioniert werden. „Heute kommen die Menschen nicht vorrangig, weil sie
       sich für das Klima interessieren, sondern weil sie hier ein einmaliges und
       berührendes Erlebnis finden, das aber auf einer bedeutsamen und aktuellen
       Thematik beruht“, sagt Dunker.
       
       Untersuchungen zufolge war das Klimahaus für drei Viertel aller Besucher
       der Hauptgrund der Reise nach Bremerhaven, sie fahren dafür in der Regel
       bis zu drei Stunden. Der Anteil der Wiederholungsbesucher liegt Dunker
       zufolge heute bei 20 Prozent. Andersherum gedacht: Für mehr als drei
       Viertel aller Leute hier ist das Klimahaus, auch fünf Jahr nach seiner
       Eröffnung, noch neu.
       
       Das lässt sie hoffen – dass ihr Konzept doch auf Dauer funktioniert.
       
       26 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
 (DIR) Jean-Philipp Baek
       
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