# taz.de -- Berlins marode Finanzen: „Der Kurs ist falsch“
> Der Rechnungshof kritisiert den auf Schulden setzenden Landeshaushalt.
> Präsidentin Klingen drängt auf Ausgabenkürzung und vermisst zentrale
> Steuerung.
(IMG) Bild: Übt schärfere Kritik denn je an aus ihrer Sicht ausufernden Ausgaben des Landes Berlin: Rechnungshofchefin Karin Klingen
Überbordende Ausgabenwünsche, gefährdete Zukunft Berlins: Der
Landesrechnungshof hat am Donnerstag stärker denn je Berlins
Haushaltspolitik und die dafür Verantwortlichen kritisiert.
Behördenpräsidentin Karin Klingen fasste bei der Vorstellung ihres
Jahresberichts viele einzelne Kritikpunkte so zusammen: „Der aktuelle Kurs
ist falsch.“ Der Rechnungshof macht dafür vor allem fehlende Steuerung und
Planungsfähigkeit verantwortlich.
Klingens Behörde ist ein vom Senat unabhängiges [1][Organ] der
[2][Finanzkontrolle], das prüft, ob die öffentliche Verwaltung Steuergelder
rechtsgemäß und wirtschaftlich ausgibt. Vor Klingens Amtsantritt 2018 war
die Vorstellung des Jahresberichts eher ein Termin der Rubrik „Kurioses“,
in der skurrile Einzelfälle im Vordergrund standen. Klingen und das mit ihr
siebenköpfige Direktorium ihrer Behörde kritisieren aber zunehmend den
Landeshaushalt in Gänze. Schon im Frühjahr 2024 sagte Klingen im
Abgeordnetenhaus: „Ich appelliere an Sie: Steuern Sie um!“
Ihre Kritik und ihre Appelle vom Donnerstag wirkten nochmals drängender und
intensiver – eine Wahrnehmung, die Klingen auf Nachfrage ausdrücklich
bestätigte. Sie erinnerte daran, dass ihre Behörde vergangenes Jahr
durchaus noch Sparbemühungen der Landesregierung gelobt hatte. Damalige
„zaghafte Versuche“ dazu vermisst sie nun. Der Haushaltsplan solle
„eigentlich ein Kompass sein, wie sich Berlin entwickelt“, sagte Klingen,
„aber beim besten Willen ist kein klarer Kurs zu erkennen.“
Der Rechungshof kritisiert vor allem, dass der Haushalt für 2026 und 2027,
den das Abgeordnetenhaus am 18. Dezember beschließen soll, auf Pump lebt.
Klingen verwies auf die hohe Kreditaufnahme und die dann vollständig
aufgebrauchten Rücklagen. „Das kann keine dauerhafte Lösung sein“, sagte
sie. Nach jetzigem Verlauf werde das Land 2029 rund 84 Milliarden Euro
Schulden haben – „das nimmt Berlin fast jede Gestaltungsmöglichkeit“.
## Sparen, sparen, sparen
Nicht nachvollziehen mochte sie, dass sich die Koalitionsfraktionen vorige
Woche dafür lobten, sie hätten vom Senat vorgesehene Kürzungen verhindert –
„die Realität lässt sich nicht dauerhaft verhindern“. Klingen prangert an,
dass es zu Verschuldung kommt, obwohl die Steuereinnahmen steigen würden.
Ihre Behörde sieht „uferlose Ausgaben“, die Berlins Zukunft gefährden
würden. Berlin müsse wieder tun, was es verlernt habe: sparen.
Die von der Behörde geprüften Bereiche der Verwaltung seien zwar sehr
vielfältig und unterschiedlich. Alle aber würden ein Grundproblem zeigen:
Es fehle an zentraler Steuerung. Vizepräsident Django Peter Schubert
stellte das anhand der Situation am Molkenmarkt vor, jener Dauerbrache in
der Nähe des Roten Rathauses, für die es seit den 1990er Jahren Planungen
gibt. Seit 2016 schon gebe es einen Bebauungsplan, aber es werde nicht
gebaut. Stattdessen gebe es viel zu breit angelegte, aufwendige, teure „und
in weiten Teilen nicht notwendige“ Beteiligungsprozesse, Werkstätten und
nochmalige Diskussionen. Die Verfahrenskosten dafür bezifferte er auf 5,2
Millionen Euro.
Schubert widersprach der Annahme, es falle in die Entscheidungskompetenz
der Politik, auf zusätzliche Beteiligung zu setzen. „Wenn ein Bebauungsplan
festgesetzt ist, dann muss es losgehen“, sagte er. Passieren soll das nach
seiner Kenntnis nun aber erst 2029.
Danach gefragt, ob es nicht fruste, dass Empfehlungen des Rechnungshofs
offenbar verhallten, sagte Klingen: „Es hätte auch noch schlimmer kommen
können.“ Die Rechnungshofpräsidentin hat nach eigenen Wort durchaus den
Eindruck, gehört zu werden. Man müsse allerdings „ein dickes Fell haben“.
„Wir nehmen diese mahnenden Worte sehr ernst“, reagierte darauf gegenüber
der taz der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im
Abgeordnetenhaus, Christian Goiny. „Aber die Situation ist ja auch
schwieriger geworden.“ Zudem passen aus seiner Sicht manche Forderungen des
Rechnungshofs nicht zusammen – Dinge vorantreiben, die Infrastruktur in
Schuss halten, aber keine neuen Kredite aufnehmen. Letzteres lässt sich für
Goiny aber nicht vermeiden: „Wir sind in der Situation, dass wir ohne
Neuverschuldung nicht auskommen.“
27 Nov 2025
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(DIR) Stefan Alberti
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