# taz.de -- Geschwächte G20: Da waren's nur noch 14
       
       > An diesem Wochenende treffen sich die G20-Staaten in Johannesburg. Doch
       > es hagelt Absagen, auch von den großen Mitgliedern. Was ist da los?
       
 (IMG) Bild: Glänzen durch Anwesenheit: Cyril Ramaphosa, Präsident von Südafrika, und Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission
       
       In diesem Jahr ist Südafrika der Gastgeber: Die G20, die größten Industrie-
       und Schwellenländer des Planeten, treffen sich in Johannesburg.
       
       Doch es hagelt Absagen. Argentinien will lediglich Außenminister Pablo
       Quirno schicken, wie am Donnerstag bekannt wurde; Präsident Javier Milei
       wird nicht vor Ort sein. Eine Absage gibt es auch aus Mexiko: Präsidentin
       Claudia Sheinbaum nimmt lieber Termine im Inland wahr und lässt sich von
       ihrem Außenminister Juan de la Fuente vertreten.
       
       Russlands Präsident Wladimir Putin hat seit Beginn seines
       [1][Angriffskriegs gegen die Ukraine] an keinem G20-Treffen mehr persönlich
       teilgenommen und stattdessen Außenminister Sergei Lawrow geschickt. An
       einem virtuellen Gipfel 2023 nahm er aber teil. Hauptgrund für Putins
       Fehlen dürfte sein, dass es einen internationalen Haftbefehl gegen ihn
       wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine gibt. In diesem Jahr wird jedoch noch
       nicht einmal Lawrow mit am Tisch sitzen, sondern Maxim Oreschkin,
       stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung. Damit hat Moskau seine
       Präsenz deutlich heruntergestuft.
       
       Für China reist nicht Staatschef Xi Jinping an, sondern seine Nummer 2:
       Ministerpräsident Li Qiang. Gründe dafür sind nicht bekannt.
       
       ## Die USA bleiben komplett fern
       
       Am schwersten wiegt aber, dass [2][die USA nicht an den Gesprächen
       teilnehmen]. Dass dies definitiv der Fall sein wird, bestätigte die
       Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, am Donnerstag in Washington
       erneut. Es wird auch kein anderer Regierungsvertreter anstelle des
       US-Präsidenten Donald Trump entsandt. Damit boykottiert zum ersten Mal ein
       Staat das Treffen komplett. Trump begründet seine Abwesenheit damit, dass
       Südafrika weiße Farmer diskriminieren und ihr Land enteignen würde, wofür
       es keine Belege gibt.
       
       Ein G20-Gipfel also ohne die ganz Großen? Von den insgesamt 19 Staats- und
       Regierungschefs, die Mitglied der G20 sind, werden nur 13 in Johannesberg
       sein.
       
       „Die USA haben kein Interesse an multilateralen Formaten, da sie aufgrund
       ihrer wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Macht ihre Interessen auf
       bilateraler Ebene durchsetzen können“, sagt Claudia Schmucker, Leiterin des
       Zentrums für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie der Deutschen
       Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). „Dies ändert sich, wenn sie
       selbst die G20-Präsidentschaft innehaben, die sehr stark die Agenda und die
       Themen bestimmen kann.“ Die USA übernehmen im kommenden Jahr den Vorsitz
       des Formats.
       
       Schmucker verwundert allerdings die Absage Chinas: „Es wäre eine große
       Chance für Xi Jinping gewesen, sich ohne die USA als Verfechter des
       Multilateralismus zu präsentieren“, sagt sie der taz.
       
       ## Ein Zeichen für das Ende des Multilateralismus?
       
       „Mit dem Fernbleiben der Spitzen der Großen Drei droht dem G20-Gipfel ein
       erheblicher Reputationsschaden“, sagt Lars Brozus, stellvertretender Leiter
       der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik
       (SWP). Denn das Vorgehen könne in der politischen, medialen und
       öffentlichen Wahrnehmung als Bedeutungsverlust interpretiert werden.
       
       Er sieht in dem Fernbleiben der großen Länder aber auch eine Chance. „Es
       bietet sich die Gelegenheit, globale Herausforderungen ohne die
       unmittelbare Prägung durch bestehende Großmachtkonflikte zu diskutieren“,
       sagt er. „Die in Johannesburg versammelten Staats- und Regierungschefs
       sollten daher die Chance nutzen, um zentrale Zukunftsfragen der globalen
       Politik voranzubringen.“
       
       Die vielen Absagen seien kein Ende des Multilateralismus, sagt auch
       DGAP-Expertin Schmucker. „Die Vorgänge verdeutlichen die steigende
       Fragmentierung weltweit.“ Das G20-Format werde weiterhin stattfinden, aber
       deutlich weniger effektiv sein.
       
       ## Die G20 repräsentieren 85 Prozent der Weltwirtschaft
       
       Die G20 bestehen aus den 19 Ländern sowie der Europäischen Union.
       Zusätzlich ist die Afrikanische Union seit 2023 ständiges Mitglied.
       
       Die Mitglieder des Formats stehen für 85 Prozent [3][der weltweiten
       Wirtschaftsleistung], für etwa 75 Prozent des Welthandels und für rund 80
       Prozent der Weltbevölkerung. Sie sind für 83 Prozent aller CO₂-Emissionen
       verantwortlich.
       
       Das Format wurde in erster Linie geschaffen, um die Finanz- und
       Wirtschaftspolitik der Länder aufeinander abzustimmen. Auch bei der Klima-
       und Energiepolitik werden hier viele Vereinbarungen getroffen.
       Entscheidungen sind nicht bindend, aber Signalpolitik: Sie beeinflussen
       weltweit Regierungen, Märkte und internationale Organisationen.
       
       Das Format ist auch aus diplomatischen Gründen wichtig, da es oft der
       einzige Tisch ist, an dem alle gemeinsam miteinander reden, sodass dort
       Konflikte entschärft werden können. Das bewusste Nichterscheinen eines
       Landes sendet zudem Signale der Missbilligung und baut politischen Druck
       auf.
       
       21 Nov 2025
       
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