# taz.de -- Verfassungsgericht zu Beamtenbesoldung: Beamte dürfen nicht prekär bezahlt werden
       
       > Fast alle Beamt:innen in Berlin werden verfassungswidrig niedrig
       > besoldet. Beschlüsse des Verfassungsgerichts zu anderen Ländern werden
       > folgen.
       
 (IMG) Bild: Kriegen verfassungswidrig wenig Geld: Beamte bei der Berliner Feuerwehr
       
       In Berlin werden mehr als 95 Prozent der Beamt:innen grundgesetzwidrig
       bezahlt. Das stellte das Bundesverfassungsgericht in einem an diesem
       Mittwoch veröffentlichten Beschluss fest. Dabei wurde auch eine neue
       Methode zur Berechnung verfassungskonformer Beamtenbesoldung eingeführt.
       
       Das Grundgesetz garantiert den Beamt:innen, dass sie und ihre Familie
       „amtsangemessen“ leben können. Was [1][dieses Alimentationsprinzip] konkret
       heißt, hat Karlsruhe nun neu bestimmt und dabei seine Vorgaben von 2015
       geändert.
       
       Zunächst müsse sichergestellt werden, dass Beamt:innen nicht „prekär“
       leben müssen. Das heißt, sie sollen nicht weniger als 80 Prozent des
       statistischen Median-Einkommens verdienen. Bisher war die Vorgabe des
       Verfassungsgerichts für die Mindestbesoldung, dass Beamt:innen
       mindestens 15 Prozent mehr als Bürgergeldbezieher:innen erhalten
       müssen. Die Bezugnahme auf das Existenzminimum erschien den
       Verfassungsrichter:innen inzwischen aber unangebracht. In der Sache
       bringt das den Betroffenen aber nur eine kleine Verbesserung.
       
       Außerdem dürfen Beamt:innen nicht von der allgemeinen Lohn- und
       Preisentwicklung abgekoppelt werden, so das Verfassungsgericht. Wenn die
       Beamtenbesoldung um mehr als 5 Prozent hinter den Lohn- und Preis-Indexen
       zurückbleibt, ist das ein Indiz für die Verfassungswidrigkeit. Zudem muss
       ein ausreichender Abstand zwischen den Besoldungsstufen der Beamt:innen
       gewahrt werden. Wenn die Unterschiede zwischen den Stufen
       zusammenschrumpfen, wäre auch das ein Indiz für die Verfassungswidrigkeit
       der Besoldung.
       
       ## Klagen statt Streiken
       
       Die amtsangemessene Bezahlung darf Deutschland und die Bundesländer
       allerdings nicht in eine existenzielle Krise stürzen. Dann wäre
       ausnahmsweise auch eine Bezahlung der Beamt:innen gerechtfertigt, die
       gegen das Alimentationsprinzip verstößt. Das Verfassungsgericht ist hier
       aber streng: Eine angespannte Haushaltslage genügt noch nicht, um den
       Beamt:innen eine verfassungswidrig niedrige Besoldung aufzuerlegen.
       
       Weil für Beamt:innen in Deutschland [2][ein Streikverbot gilt], können
       sie ihre verfassungsrechtlichen Mindestansprüche nur vor Gericht einklagen.
       Letztlich kann nur das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass
       Beamt:innen verfassungswidrig schlecht bezahlt werden, da die
       Beamtenbesoldung per Gesetz festgelegt wird. Derzeit liegen am
       Bundesverfassungsgericht rund 70 Richtervorlagen aus verschiedenen
       Bundesländern. Das Gericht macht sich schon Sorgen um eine mögliche
       Überlastung.
       
       In diesem ersten Beschluss (Az.: 2 BvL 5/18 u.a.) befassten sich die
       Verfassungsrichter:innen jetzt mit der Situation in Berlin. Da es in
       Berlin von 2004 bis 2010 überhaupt keine Erhöhung der Besoldung gab,
       rutschten die untersten Besoldungsstufen in die Prekarität. Wegen des
       Abstandsgebots wurden mittelbar auch die mittleren Besoldungsstufen bis A
       13 verfassungswidrig. Betroffen sind 95 Prozent der Berliner
       Besoldungsgruppen, also mehr als 95 Prozent der Berliner Beamt:innen. Das
       Verfassungsgericht stellt die Grundgesetzverletzung für die Jahre 2008 bis
       2020 ausdrücklich fest, sie dürfte aber heute noch gelten.
       
       Der [3][Berliner Finanzsenator Stefan Evers] (CDU) kündigte postwendend ein
       „Reparaturgesetz“ an. Die Mehrkosten für das Land Berlin bezifferte er noch
       nicht. Die Neuregelung muss bis Ende März 2027 beschlossen sein. Für die
       Vergangenheit profitieren nur die Beamt:innen, die Rechtsmittel eingelegt
       hatten.
       
       19 Nov 2025
       
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