# taz.de -- CO₂-Speicherung im Meer: Schleswig-Holstein sagt Jein
       
       > Die Landespolitik in Schleswig-Holstein streitet über die
       > CO₂-Speichertechnik CCS, die der Bund plant. Nachbar Dänemark ist da
       > schon viel weiter.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen CCS: Viele Gemeinden in Nordfriesland kämpfen gegen die Pläne, Kohlendioxid (CO₂) in der Nordsee zu speichern
       
       Klimaschädliches CO₂ einfach im Boden oder im Meer verschwinden lassen? Das
       verspricht [1][das sogenannte CCS-Verfahren]. Zu dieser umstrittenen
       Technologie hat sich Schleswig-Holstein parteiübergreifend immer wieder
       kritisch geäußert. [2][Aktuell berät der Bundestag ein
       „Kohlendioxid-Speicherungsgesetz“], das das Verpressen des Gases im
       größeren Stil ermöglichen soll.
       
       Jetzt verlangt der SSW im Kieler Landtag dazu eine Grundsatzentscheidung.
       Die Partei der dänischen Minderheit will ein Nein des Parlaments in Kiel zu
       CCS im großen Stil erwirken. Dabei prescht Dänemark selbst mit
       Großprojekten vor.
       
       „[3][Der Norden darf nicht zur Müllkippe für fossile Irrtümer werden]“,
       sagt Sybilla Nitsch, wirtschafts- und energiepolitische Sprecherin des SSW.
       CCS sei eine „Türöffner-Technologie für ein fossiles Comeback“. Denn das
       geplante Gesetz erlaube die Verpressung von CO₂ im industriellen Maßstab,
       sogar von Emissionen aus fossilen Kraftwerken.
       
       Umweltverbände und Expert:innen sehen das Verfahren kritisch – auch weil
       unklar ist, ob das Gas dauerhaft im Untergrund bleibt oder ins Grundwasser
       dringt. Auch im Meeresuntergrund könnte das Gas austreten. Aber die
       Ablehnung ist nicht bei allen kategorisch: Um die Klimaziele zu erreichen,
       brauche es „in einigen wenigen Bereichen“ CCS, [4][sagt etwa der
       Naturschutzbund Nabu]. Der Weltklimarat IPCC nennt [5][CCS als
       Brückentechnologie, um die Erderwärmung zu bremsen].
       
       ## Dänemark setzt schon länger auf CO₂-Speichertechnik
       
       Auch die Mehrheit im Kieler Parlament sagt inzwischen nur noch Jein zu CCS.
       [6][CDU, Grüne und FDP stimmten im Umweltausschuss dafür], die
       CCS-Strategie des Bundes „konstruktiv“ zu begleiten. Allerdings gibt es
       Einschränkungen, etwa ein Nein zu Subventionen oder zu CCS für
       [7][Branchen, die sich anders decarbonisieren ließen]. Darüber gehe das
       Bundesgesetz aber deutlich hinaus, kritisiert Nitsch vom SSW.
       
       Während in Kiel um die Frage gerungen wird, wie viel CCS sein darf, prescht
       das Nachbarland Dänemark voran. Am weitesten fortgeschritten ist das
       Projekt „Greensand“: In einem ehemaligen Ölfeld unter der Nordsee will
       Dänemark künftig acht Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr dauerhaft lagern.
       
       [8][Protest kommt von Reinhard Knof, Sprecher der Bürgerinitiative „Kein
       CO2-Endlager“]. Seiner Einschätzung nach hätte sich das Land
       Schleswig-Holstein an einer Umweltverträglichkeits-Prüfung beteiligen
       können. Aus Briefwechseln, die der taz vorliegen, geht hervor, dass sich
       das grün geführte Umweltministerium nach dem Projekt erkundigt hatte. Eine
       offizielle Prüfung fand aber nicht statt, auch auf Basis von Einschätzungen
       des Bergbauamtes sowie des Bundesamtes für Naturschutz, das für den Schutz
       der Meeresgewässer zuständig ist.
       
       Auf taz-Nachfrage erklärte das Bundesamt, dass „Greensand“ mehr als 100
       Kilometer außerhalb der deutschen Gewässer liege. Daher sei keine
       Auswirkung zu erwarten. Weitergehende Untersuchungen habe das Bundesamt
       aber nicht vorgenommen, und ohne die „können wir die konkreten Folgen für
       die Meeresumwelt nicht beurteilen“.
       
       ## CCS-Technik statt konsequentem Klimaschutz?
       
       Für Reinhard Knof ist das ein Skandal: „Die Öffentlichkeit hätte informiert
       und wir als Umweltschutz-Organisation hätten beteiligt werden müssen.“ Laut
       dem Kieler Umweltministerium gebe es dafür aber keine rechtliche Grundlage.
       
       Anders sieht es bei einem weiteren Projekt in der Ostsee aus. Ein Gebiet
       bei Rødby auf der Insel Lolland, unweit des geplanten Fehmarnbelt-Tunnels,
       kommt aus dänischer Sicht als CO₂-Speicherstandort infrage. Das Unternehmen
       CarbonCuts A/S hat bereits eine Lizenz für geologische Untersuchungen
       erhalten. Das Land Schleswig-Holstein sei darüber informiert, werde die
       Entwicklung „aufmerksam begleiten“ und sich bei einer etwaigen
       grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeits-Prüfung einbringen, teilt eine
       Sprecherin mit.
       
       „Für mich als Grüner wird es immer eine bittere Pille bleiben, dass wir CCS
       nicht durch frühen, konsequenten Klimaschutz vermeiden konnten“, sagt
       Landesumweltminister Tobias Goldschmidt der taz. Einige Punkte des
       Bundesgesetzes lehne die Landesregierung ab, etwa CCS direkt an
       Gaskraftwerken oder die Einschätzung, Leitungen für CO₂ seien von
       „überragendem öffentlichen Interesse“. Dennoch werde die Landesregierung
       trotz solcher „wiederholt vorgetragenen Kritikpunkte“ im Bundesrat
       zustimmen, sagte Goldschmidt: „Weil wir das Ziel der Klimaneutralität fest
       im Blick haben.“
       
       19 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Umstrittene-Co2-Speicherung/!6123125
 (DIR) [2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw37-de-kohlenstoffdioxidspeicherung-1107416
 (DIR) [3] https://www.ssw.de/themen/der-norden-darf-nicht-zur-muellkippe-fuer-fossile-irrtuemer-werden
 (DIR) [4] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/forschungspolitik/32419.html
 (DIR) [5] https://www.geomar.de/service/kommunikation/geomar-news-single-archiv/wie-sicher-ist-co2-speicherung-unter-dem-meeresboden
 (DIR) [6] https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/drucks/02500/drucksache-20-02556.pdf
 (DIR) [7] /CCS-Technologie/!6102070
 (DIR) [8] /CO-Speicherung-unter-der-Nordsee/!5993226
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
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