# taz.de -- Umstrittene Technologie: Bundesrat erlaubt unterirdische Speicherung von CO2
       
       > Unternehmen dürfen das Treibhausgas bald unter das deutsche Meer pressen.
       > Dort kann es die Erde nicht mehr aufheizen. Die Methode birgt aber
       > Risiken.
       
 (IMG) Bild: Umweltschützer lehnen CO2-Endlager unter der Nordsee ab
       
       Deutschland erlaubt Unternehmen, das Treibhausgas Kohlendioxid in
       unterirdischen Lagern im Meer zu speichern. Auch im Boden an Land soll der
       Einsatz der sogenannten CCS-Technologie möglich sein, wenn das betreffende
       Bundesland es so beschließt. Das hat der Bundesrat am Freitag
       [1][entschieden].
       
       CCS steht für Carbon Capture and Storage, englisch für CO₂-Abscheidung und
       -Speicherung. Bislang war das nur zu Forschungszwecken erlaubt. Das
       Kohlendioxid, das bei der Verbrennung fossiler Kraftwerke und in einigen
       Industrieprozessen entsteht, soll also abgefangen und dann unterirdisch
       eingelagert werden. So soll verhindert werden, dass es die Atmosphäre
       weiter aufheizt. Nötig ist dazu auch ein Pipeline-Netz von den CO₂-Quellen
       zu den künftigen Speichern.
       
       „Das Kohlendioxidspeicherungs- und Transportgesetz ist ein wichtiger
       Baustein zur Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaft“, warb der
       CDU-Politiker Stefan Rouenhoff, Parlamentarischer Staatssekretär im
       Wirtschaftsministerium, am Freitag vor dem Bundesrat für die Legalisierung.
       „Der neue Rechtsrahmen wird von der Industrie sehnlichst erwartet.“
       
       Für Umweltschützer*innen gilt das weniger. CCS birgt Risiken. Entstehen in
       den unterirdischen Lagern Lecks, tritt CO₂ in die Umgebung aus. Das kann an
       Land zur Verunreinigung von Trinkwasser führen und im Meer zur Versauerung,
       die für die dort lebenden Lebewesen gefährlich werden kann.
       
       ## CCS nicht nur für ausgewählte Branchen
       
       Die Politik hätte den Einsatz der Technologie durch rechtzeitigen
       Klimaschutz obsolet machen können. Für CO₂, das gar nicht erst ausgestoßen
       wird, muss schließlich kein Lager gefunden werden. Mittlerweile ist die
       Klimakrise so stark vorangeschritten, dass wissenschaftliche Szenarien etwa
       vom Weltklimarat IPCC, die nicht von einer katastrophalen Erderhitzung
       ausgehen, die Nutzung von CCS enthalten.
       
       Gerade noch mitgehen können manche Klimaschützer*innen dabei, dass CCS in
       solchen Bereichen der Wirtschaft zum Einsatz kommt, in denen die Reduktion
       der CO₂-Emissionen bisher nicht oder kaum möglich ist. Die
       Zementherstellung ist ein solcher Fall. Das Treibhausgas entsteht dort
       nicht nur durch den Einsatz fossiler Energie, die durch erneuerbare
       Alternativen ersetzt werden könnte. Es bildet sich auch in dem chemischen
       Prozess, bei dem Kalkstein zu Zementklinker umgewandelt wird – selbst wenn
       der Ofen erneuerbar betrieben wird.
       
       „Insbesondere“ in solchen Fällen solle CCS zum Einsatz kommen, sagte
       Staatssekretär Rouenhoff am Freitag. Das bedeutet aber auch: nicht
       ausschließlich. Klimaschützer*innen hatten gerade davor gewarnt. Sie
       befürchten, dass der Verweis auf CCS Branchen vom Klimaschutz abhält, in
       denen er einfach möglich wäre – zum Beispiel die Betreiber von
       Gaskraftwerken.
       
       „Hier wird eine milliardenteure Risikotechnologie gegen alle vernünftigen
       Einwände durchgeboxt, damit die Gasindustrie ihr Geschäftsmodell nicht
       ändern muss“, kritisierte etwa Sophia van Vügt von Greenpeace Anfang
       November, als das Gesetz durch den Bundestag ging. „Noch gibt es weltweit
       kaum CCS-Anlagen, und die wenigen in Betrieb sind extrem teuer und
       ineffizient.“ Tatsächlich funktioniert das Abscheiden des CO₂ bisher in der
       Praxis nur mäßig, ein großer Teil des Gases geht durchs Netz, landet also
       doch in der Atmosphäre.
       
       Das Umweltbundesamt warnte schon vor Monaten davor, die Möglichkeiten
       [2][der CO₂-Speicherung] zu überschätzen, und zwar noch aus einem anderen
       Grund. „Das Potenzial ist sehr begrenzt, weil es schlicht an Kapazitäten
       fehlt, um beliebig große Mengen CO₂ im Boden und in den Meeren
       einzulagern“, sagte der Präsident der Behörde, Dirk Messner, der Neuen
       Osnabrücker Zeitung.
       
       Im Sommer hat das Konsortium Northern Lights, das aus dem norwegischen
       staatseigenen Öl- und Gas-Konzern Equinor sowie Shell und TotalEnergies
       besteht, [3][im norwegischen Brevik die erste Anlage zur CO₂-Abscheidung in
       industriellem Maßstab eröffnet]. Sie soll jährlich 400.000 Tonnen CO₂ aus
       den Abgasen eines Zementwerks filtern, das dem deutschen Baustoffhersteller
       Heidelberg Materials gehört. Das entspricht etwa der Hälfte des
       CO₂-Ausstoßes des Werks, meldet der Konzern. Per Schiff kommt das
       Treibhausgas dann [4][zu seinem Endlager, ebenfalls in Norwegen].
       
       21 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2025/0601-0700/0633-25.html
 (DIR) [2] /CCS-Technologie/!6102070
 (DIR) [3] /Zementfabrik-in-Norwegen/!6095075
 (DIR) [4] /Norwegens-Endlager-fuer-Kohlendioxid/!5823921
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
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