# taz.de -- Korruptionsskandal in der Ukraine: Selenskyj zieht Konsequenzen
       
       > Er verhängt unter anderem Sanktionen gegen seinen langjährigen
       > Weggefährten Minditsch. Währenddessen regt sich Unmut auf der Straße.
       
 (IMG) Bild: Schon 2024 protestierten Ukrainer*innen in Sachen Korruptionsgesetz (siehe Foto). Nun ziehen die ersten wieder auf die Straße
       
       Nach dem Korruptionsskandal um den Geschäftsmann Timur Minditsch hat der
       ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weitreichende Veränderungen in
       mehreren staatlichen Institutionen angeordnet. Selenskyj erklärte, er habe
       die Premierministerin beauftragt, gemeinsam mit den Strafverfolgungs- und
       Antikorruptionsbehörden eine umfassende Erneuerung der Agentur für die
       Rückforderung von Vermögenswerten (ARMA) sicherzustellen.
       
       Die ARMA ist eine ukrainische Agentur, die für die Aufspürung und
       Verwaltung von Vermögenswerten zuständig ist, die aus Korruption und
       anderen Straftaten stammen. Sie ist ein zentraler Bestandteil der Reformen
       der Ukraine im Kampf gegen Korruption.
       
       Zudem will die Regierung dem Parlament einen Vorschlag zur Ernennung eines
       neuen Leiters des staatlichen Immobilienfonds vorlegen. Ein weiterer
       Schwerpunkt der Reformen betrifft die Nationale Kommission für Energie und
       Kommunaldienstleistungen. Die Regierung plant, einen Gesetzentwurf zur
       Neubesetzung des Gremiums in die Rada einzubringen. Anschließend sollen die
       Führungen der Behörden für nukleare Aufsicht und Energieinspektion erneuert
       werden.
       
       Außerdem hat [1][Selenskyj gegen seinen langjährigen Weggefährten Timur
       Minditsch], zentrale Figur bei dem Betrug von über hundert Millionen
       Dollar, sowie Olexandr Zukerman auf drei Jahre terminierte Sanktionen
       verhängt. Damit werden ihre Gelder in der Ukraine eingefroren. Sie dürfen
       sich auch nicht an Käufen oder Ausschreibungen beteiligen, bei denen
       staatliches Eigentum verkauft wird, oder an öffentlichen oder
       militärisch-verteidigungsrelevanten Ausschreibungen teilnehmen.
       
       Minditsch und Zukerman nach Israel ausgereist 
       
       Der Staat wiederum darf keine Waren, Dienstleistungen oder Arbeiten kaufen,
       die mit sanktionierten Personen in Verbindung stehen. Bestehende
       Kooperationen oder Verträge im militärischen oder sicherheitsrelevanten
       Sektor werden sofort gestoppt.
       
       Da Minditsch und Zukerman wenige Stunden vor dem Zugriff durch die Behörden
       durch eine Ausreise nach Israel entgangen sind, dürfte diese Maßnahme sie
       kaum treffen. Bereits zuvor hatte der Präsident einen vollständigen Audit
       aller staatlichen Unternehmen der Ukraine angekündigt.
       
       Unterdessen wurde bekannt, [2][dass auch Sergei Schefir, von 2019 bis 2024
       erster Berater von Präsident Selenski, ein sehr enges Verhältnis zum Kreis
       der Verdächtigen zu haben scheint.] Im Verfahren vor dem Obersten
       Antikorruptionsgericht der Ukraine hat Staatsanwalt Serhij Sawyzkyj ein
       abgehörtes Gespräch zwischen dem Geschäftsmann Timur Minditsch und Serhi
       Schefir verlesen. Minditsch ist Mitinhaber der unter anderem von Wolodymyr
       Selenski gegründeten Spaßtruppe „Kvartal-95“.
       
       Dies berichtete das Portal „Zensor.net“ unter Verweis auf den
       Telegram-Kanal „Politika Strany“. Den Ermittlern zufolge diskutierten
       Minditsch und Schefir darüber, ob und wie sie sich finanziell an einer
       Kaution für den ebenfalls der Korruption verdächtigten früheren Vizepremier
       Oleksij Tschernyschow beteiligen könnten.
       
       ## „Ich glaube nicht, dass er nichts wusste“
       
       Jaroslaw Schelesnjak von der Oppositionspartei Holos glaubt nicht, dass
       Selenski seit Bekanntwerden des Skandals keinen Kontakt mehr zu Minditsch
       gehabt habe. „Ich glaube nicht, dass er nichts wusste. Irgendjemand hat
       Minditsch doch gewarnt, dass er fliehen muss“, so Schelesnjak gegenüber der
       ukrainischen „New Voice“. Dort wirft Schelesnjak auch die Frage auf, wie
       Timur Minditsch buchstäblich im letzten Augenblick das Land hatte verlassen
       können.
       
       Unterdessen regen sich auch erste öffentliche Proteste. Am Samstag
       demonstrierten 50 Menschen auf dem Maidan gegen die nun aufgedeckte
       Korruption. Die Teilnehmer betonten, dass Bestechung, Veruntreuung und
       Missbrauch staatlicher Mittel angesichts des andauernden russischen
       Angriffskrieges besonders schwerwiegende Verbrechen seien.
       
       „Wir sind heute hier, um unsere klare gesellschaftliche Position zu zeigen
       und zu sagen, dass Korruption [3][während des Krieges] absolut unzulässig
       ist“, sagte eine Demonstrantin im Fernsehkanal 24tv.ua. Die Protestierenden
       forderten konsequente Aufklärung aller Korruptionsfälle sowie harte Strafen
       für Verantwortliche.
       
       16 Nov 2025
       
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