# taz.de -- Russische Rekrutierung in Afrika: Von Nairobi an die Front in der Ukraine
> Laut ukrainischem Außenministerium sterben viele Afrikaner im
> Kriegsdienst für Russland. Kenia ermittelt wegen betrügerischer
> Rekrutierungsmethoden.
(IMG) Bild: Ein weiter Weg von Nairobi über Russland an die Front in der Ukraine
Der ukrainische Außenminister Andrii Sybiha warnt die Regierungen in
Afrika, dass ihre jungen Rekruten in Massen an der Front in der Ukraine
sterben. „Mindestens 1436 Staatsbürger aus 36 afrikanischen Ländern kämpfen
derzeit in den Reihen der russischen Invasionsarmee in der Ukraine“,
[1][erklärte er auf der Onlineplattform X]. „Einen Vertrag zu
unterzeichnen, ist gleichbedeutend mit der Unterzeichnung eines
Todesurteils.“ Die meisten Afrikaner würden den [2][Krieg in den russischen
Reihen] nicht einen Monat lang überleben.
Einige afrikanische Regierungen versuchen nun, die Rekrutierungsmethoden zu
unterbinden. In Kenia und Südafrika wurden bereits Ermittlungen
eingeleitet. Laut offiziellen Angaben seien in den vergangenen Jahren
mehrere hundert Kenianer an der Front in der Ukraine gefallen. 26 befinden
sich derzeit in russischen Militärkrankenhäusern, wo ihre Wunden versorgt
werden. Kenias Regierung versicherte Ende Oktober, dass sie auf
diplomatischem Wege versuche, die Kenianer nach Hause zu holen.
Zahlreiche Familien von jungen Männern, die nach Russland gereist sind,
berichten gegenüber kenianischen Medien, dass sie den Kontakt via Whatsapp
zu ihren Angehörigen verloren hätten. Dies erhöht jetzt den Druck auf
Kenias Regierung, der Sache nachzugehen.
Kenias für grenzüberschreitende Verbrechen zuständige Polizeieinheit bemüht
sich, den Rekrutierungsring in Kenia aufzudecken und zu zerschlagen. In der
Hauptstadt Nairobi stehen seit Anfang Oktober zwei Personen vor Gericht.
Edward Kamau Gituku war Ende September festgenommen worden. In seinem Haus
in Nairobi fanden Ermittler 21 junge Männer, die Verträge mit einer
Rekrutierungsfirma unterzeichnet hatten und deren Reise nach Moskau
bevorstand.
## Ohne Militärausbildung an die Front
Mit ihm festgenommen wurde laut Angaben des kenianischen Tageszeitung The
Standard auch ein Russe unter dem Namen Mike Lyapin, der angegeben haben
soll, für die russische Botschaft in Nairobi zu arbeiten. Als die Reporter
letztlich bei der Polizei nach dem Verbleib des Russen fragten, gab diese
an, der mutmaßliche Lyapin habe eine Kaution bezahlt und sei dann nach
Russland zurückgeflogen.
Die zweite Angeklagte, Ednah Kendi, war den Ermittlern im September ins
Netz gegangen. In ihrer Wohnung wurden Dokumente und Geld von Männern
gefunden, die bereits nach Russland ausgereist waren. Zwei von ihnen
konnten sich dort aus einem Militärtrainingslager befreien. Mithilfe der
kenianischen Botschaft in Moskau wurden sie nach Hause geholt und sind nun
wichtige Zeugen im Prozess.
Erstmals bestätigen jetzt Zeugenaussagen, wie dieses Rekrutierungsschema
funktioniert: „Ich kam mit einem Touristenvisum nach Moskau“, so der
Kenianer Evans, dessen Nachname nicht veröffentlicht wurde. Als
Leistungssportler sei ihm ein Trainer-Job in Russland angeboten worden.
„Gegen Ende meiner Reise legte man mir einen Vertrag auf Russisch vor und
versprach mir einen Job“, so Evans.
„Ich wusste nicht, dass es sich dabei um eine militärische Anstellung
handelt.“ Ihm sei sein Handy und sein Pass abgenommen worden. Wenige Tage
später habe er sich ohne jegliche Militärausbildung an der Front in der
Ukraine wiedergefunden. Nach zwei Tagen ergab er sich ukrainischen
Soldaten. „Diese Unterschrift war der größte Fehler meines Lebens“, kommt
er zum Schluss.
## Ukraine: Rekruten sollen sich ergeben
Weitere Zeugen berichten, sie hätten sich für Jobs als Fahrer oder
Reinigungskraft beworben. Ihnen sei ein Monatsgehalt von rund 1500 Euro
umgerechnet zugesagt worden. Mehr als 5000 Euro sei ihnen als Bonus für den
Kriegsdienst versprochen worden. Ein junger Rekrut, dessen rechte Hand im
Gefecht nahe Charkiw im August schwer verletzt wurde, gibt an, die Russen
hätten ihm dafür 20.000 Euro Entschädigung zugesagt.
Diese Summen sind für afrikanische Verhältnisse enorm. [3][Die hohe
Jugendarbeitslosigkeit] von mitunter 30 Prozent macht junge Leute anfällig,
sich auf dubiose Angebote im Ausland einzulassen. Überall sind
Rekrutierungsfirmen unterwegs, die Fahrer oder Kindermädchen für reiche
Scheichs in den Golfstaaten suchen. Dass einige mit Jobangeboten in
Russland locken, ist nichts Ungewöhnliches.
Auch Südafrikas Regierung hat nun eine Untersuchung angekündigt. Südafrikas
Botschaft in Moskau habe Anrufe von 17 Südafrikanern erhalten, die sich
derzeit in Russland befinden, so Südafrikas Präsidentensprecher Vincent
Magwenya: „Präsident Cyrill Ramaphosa und die südafrikanische Regierung
verurteilen aufs Schärfste die Ausbeutung junger, schutzbedürftiger
Menschen durch Personen, die mit ausländischen Militärorganisationen
zusammenarbeiten“, so Magwenya.
Die Ukraine bietet Hilfe an. Sie sollen sich der ukrainischen Armee
ergeben, so Außenminister Sybiha auf X. Er betont: „Die Gefangenschaft in
der Ukraine bietet Ihnen die Chance auf ein neues Leben und die Möglichkeit
der Rückkehr in Ihr Heimatland.“
12 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://x.com/andrii_sybiha/status/1986766466146775425
(DIR) [2] /Geheime-Waffenfabrik-in-Russland/!6103072
(DIR) [3] /Wahlen-in-Tansania/!6125647
## AUTOREN
(DIR) Simone Schlindwein
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