# taz.de -- Fehde zwischen China und Japan: Peking spricht De-facto-Reisewarnung für Tokio aus
       
       > Im Streit mit Japan sendet China eine Botschaft an die Welt: Wer sich
       > solidarisch mit Taiwan erklärt, muss mit wirtschaftlichen Maßnahmen
       > rechnen.
       
 (IMG) Bild: Chinesen sollen kein Geld mehr in Japan lassen, so das chinesische Außenministerium
       
       Seoul taz | Der Streit zwischen Peking und Tokio zieht immer weitere
       Kreise. Am Sonntag hat sich nun auch das chinesische Bildungsministerium zu
       Wort gemeldet: Die Behörde sprach eine „Frühwarnung“ gegenüber Chinesen
       aus, die in Japan studieren wollen. Das Ministerium warnt vor einem
       „erhöhten Sicherheitsrisiko für chinesische Staatsbürger in Japan“.
       
       Tatsächlich ist die Fehde zwischen den zwei Nachbarstaaten politischer
       Natur. [1][Vergangene Woche äußerte sich die neue japanische
       Ministerpräsidentin Sanae Takaichi im Parlament zur sogenannten
       Taiwan-Frage.] Wenn Peking die demokratisch regierte Insel mit
       Kriegsschiffen angreife, so die 64-jährige Politikerin, dann würde dies
       eine „existenzbedrohende Situation“ darstellen, die dazu führen könnte,
       dass Japan sein Recht auf Selbstverteidigung ausübe.
       
       Was harmlos klingt, birgt geopolitisches Konfliktpotenzial: Takaichi hat
       erstmals konkret angedeutet, was zuvor in strategischer Ambivalenz stets
       offen gelassen wurde – dass Japans Streitkräfte Taiwan im Ernstfall zu
       Hilfe eilen würden.
       
       Aus chinesischer Perspektive stellt dies einen klaren Tabubruch dar.
       [2][Chinas Staatsführung betrachtet Taiwan schließlich als abtrünnige
       Provinz, die man versucht, in die Volksrepublik einzugliedern] – notfalls
       auch mit militärischer Gewalt. Dass sich nun also ausgerechnet der
       japanische Staat, der während des Zweiten Weltkriegs fürchterliche
       Kriegsverbrechen gegen die chinesische Bevölkerung begangen hat, in diese
       „innere Angelegenheit“ einmischt, führte zu einem Sturm der Entrüstung.
       
       ## Massiv im Ton vergriffen
       
       Mehrere Diplomaten haben sich seither massiv im Ton vergriffen. Der
       chinesische Generalkonsul in Osaka, Xue Jian, drohte zum Beispiel in einem
       mittlerweile gelöschten Post auf X: „Der schmutzige Kopf, der sich
       einmischt, muss abgeschlagen werden.“ Am martialischsten äußerte sich das
       Außenministerium auf seinem X-Account: Wer sich gegen das chinesische Volk
       stelle, dessen Köpfe werden „an der Stahlmauer aus 1,4 Milliarden Chinesen
       zerspalten und mit Blut bedeckt“.
       
       Am Wochenende hat Peking die diplomatische Fehde nun auch zu einem
       wirtschaftlichen Konflikt gemacht. Staatliche Stellen veröffentlichten eine
       De-facto-Reisewarnung für chinesische Staatsbürger: Japanische Politiker
       hätten mit „unverhohlenen provokativen Aussagen zu Taiwan“ die Sicherheit
       chinesischer Staatsbürger in Japan „erheblich gefährdet“.
       
       Der Kausalzusammenhang ist zwar hanebüchen, doch in der Vergangenheit hat
       die chinesische Staatsführung immer wieder die eigene Bevölkerung als
       wirtschaftliche Waffe missbraucht. Chinesen stellen derzeit die größte
       Gruppe ausländischer Touristen im Land dar. Nun sollen sie keine Gelder
       mehr in Japan lassen.
       
       Am Sonntag schließlich setzte auch die chinesische Küstenwache ein
       machtpolitisches Statement: Sie schickte eine Schiffspatrouille zur
       territorial umstrittenen Inselgruppe, die in Japan Senkaku und in China
       Diaoyu genannt wird.
       
       ## Pekings Botschaft an die Welt
       
       Schon jetzt reicht die Bedeutung der Causa weit über die bilateralen
       Ländergrenzen hinaus. [3][Denn Peking möchte eine Botschaft an sämtliche
       Demokratien senden, die es wagen könnten, ihre Unterstützung gegenüber
       Taiwan auszusprechen.]
       
       Etliche Staaten haben dies bereits erfahren müssen, auch europäische. Als
       der Dissident Liu Xiaobo 2010 den Friedensnobelpreis in Oslo erhielt, fuhr
       China den Import von norwegischem Seelachs radikal runter. Und als Litauen
       2021 in Vilnius ein „Taiwanesisches Vertretungsbüro“ eröffnete – anstatt
       die für Peking akzeptable Bezeichnung „Vertretungsbüro Taipeh“ zu verwenden
       –, wurde der baltische Staat zwischenzeitlich vollständig aus dem
       chinesischen Zollsystem gestrichen.
       
       16 Nov 2025
       
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