# taz.de -- Prozess um Flensburger Bahnhofswald: Baubehörde kassiert Klatsche
> Das Schleswiger Verwaltungsgericht gibt einer Klage des BUND statt: Die
> Baugenehmigung für ein Hotel am Flensburger Bahnhof verstößt gegen
> Umweltrecht.
(IMG) Bild: Nach der Besetzung durch Aktivist:innen: Polizisten überwachen 2021 Fällungen im Flensburger Bahnhofswald
Schleswig Bauen im Biotop: Das verstößt gegen Umweltrecht, und damit ist
eine Baugenehmigung für so ein Gebiet unzulässig. Das erklärte das
Schleswiger Verwaltungsgericht am Donnerstagabend. Das Gericht gab damit
dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Schleswig-Holstein Recht. Die
Umweltgruppe hatte gegen die Stadt Flensburg geklagt, die die
Baugenehmigung für ein Hotel mit Parkhaus in einem bewaldeten Gebiet nahe
dem Flensburger Bahnhof erteilt hatte. Doch dort befindet sich eine Quelle,
die unter Schutz steht.
„Diese Entscheidung ist eine Ohrfeige für die Stadt Flensburg“, sagt der
BUND-Landesvorsitzende Dietmar Ulbrich. „Das Urteil bestätigt, dass Klima-
und Naturschutz und insbesondere gesetzlich geschützte Biotope in der
Bauleitplanung ernst genommen werden müssen.“
Der Fall hat eine lange Vorgeschichte und könnte für die Stadt ein
finanzielles Nachspiel haben. Die Flensburger Immobilienfirma Jara, hinter
der die zwei Flensburger Unternehmer Ralf Hansen und Jan Duschkewitz
stehen, wollte am Bahnhof ein Hotel mit Parkhaus bauen. Doch es gab
Widerstand der lokalen „Initiative Bahnhofsviertel“. Nachdem die
Ratsversammlung der Stadt im Sommer 2020 den B-Plan beschlossen hatte,
[1][besetzten Aktivist:innen im Herbst das Waldstück]. Im Februar ließ
Jara das Gelände räumen und einige Bäume fällen – ohne Genehmigung.
Im Sommer Juli 2022 begannen erste Erdarbeiten, gegen die der BUND
gerichtlich vorging und per Eilverfahren [2][einen Baustopp erreichte.] Der
Hauptgrund war eben die Quelle, die sich in dem Wäldchen befindet. Quellen
gelten als geschützte Biotope, erklärte der Vorsitzende Richter Mathias
Schulz: „Es ist verboten, ein Biotop zu ändern oder zu zerstören.“ In
Schleswig-Holstein erlaube das Landesnaturschutzgesetz Ausnahmen von dieser
Grundregel nur für Knicks und Kleingewässer, aber nicht für Quellgewässer.
Während sich der juristische Vertreter der Stadt in der Verhandlung
zurückhielt, kämpfte der Anwalt der Jara, Finn-Harm Witt, unermüdlich.
Bereits in einem Schriftsatz hatte er geschrieben, dass die Fledermäuse auf
dem Gelände „als Überträger von Corona keinen Schutz verdienten“. Im
laufenden Prozess ist die Jara nur „Beigeladene“. Doch das Ergebnis ist für
die Immobilienunternehmer wichtig, da sie möglicherweise Schadensersatz von
der Stadt verlangen.
Witt bezweifelte, ob es auf dem Gelände wirklich eine Quelle gebe: „Dafür
gibt es keinen Sachverstand.“ Doch, antwortete Ole Eggers,
Landesgeschäftsführer des BUND, der im Gerichtssaal saß: „Der Bewuchs auf
dem Gelände zeigt deutlich den Wasserdruck, das lässt sich kaum übersehen.“
Inzwischen liegen aktuelle Gutachten vor, die die Quelle belegen. „Für uns
haben sich keine Zweifel ergeben, dass es diese Quelle gibt, dass es sie
damals gab und sie nicht berücksichtigt wurde“, sagte Richter Schulz. Die
Kammer stellte im Urteil fest, dass die Baugenehmigung vom Januar 2021
gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstoße.
## Unruhe zu Beginn
Das Gleiche gilt für den zugrundeliegenden Bebauungsplan, den die Stadt
Flensburg im Juni 2020 beschlossen hatte. Der Plan leide unter Prognose-
und Abwägungsfehlern, berücksichtige die Interessen des Biotop- und
Artenschutzes nicht hinreichend und sei damit insgesamt rechtswidrig, heißt
es im Urteil.
Einige Unruhe gab es zum Beginn der Sitzung, als eine ehrenamtliche
Richterin vereidigt wurde: Benita von Brackel-Schmidt war zu der Zeit
Kreisvorsitzende der Grünen im Kreis Schleswig-Flensburg, als die
politischen Entscheidungen fielen, um die es bei dem Prozess ging. Sie
hatte sich früher mehrfach zu dem Hotel-Bau geäußert.
Die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel wirft ihr vor, sie habe auf Facebook
eine gefälschte Skizze veröffentlicht, in der das Hotel kleiner dargestellt
war, als tatsächlich geplant. Benita von Brackel-Schmidt weist das zurück.
Sie habe lediglich eine Darstellung der Bürgerinitiative kritisiert und
eine Gegendarstellung gepostet, es kursierten verschiedene Bilder. Der
Eintrag ist heute auf der Plattform nicht mehr zu finden.
Richter Mathias Schulz sagte, die Kammer prüfe nur, ob ehrenamtliche
Richter:innen einen Posten in einem Gremium gehabt hätten. Das sei nicht
der Fall, „der Umstand ist erledigt“.
Anm. d. Red: Der Text wurde gegenüber einer ursprünglichen Version
aktualisiert und im Zuge dessen deutlich verändert. Die Reaktion von Benita
von Brackel-Schmidt wurde ergänzt.
13 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Esther Geisslinger
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