# taz.de -- Von Deutschland mitfinanziert: Atomkraft in Asien – nein, danke!
       
       > Erneut versagt Deutschland in Sachen Klimapolitik. Deutsche Steuergelder
       > werden künftig die Renaissance der Atomenergie in Asien mitfinanzieren.
       
 (IMG) Bild: Baustelle des ersten kommerziellen kleinen modularen Reaktors im chinesischen Changjiang
       
       Anfang November veröffentlichte die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) den
       Entwurf zur Überarbeitung ihrer Energiestrategie, der einen der größten
       Politikwechsel der Bank der letzten Jahre enthält. Am Montag haben die
       Anteilseigner diese Änderungen durchgewinkt. Als sechstgrößter
       Anteilseigner hätte Deutschland sein politisches Gewicht bei der Umsetzung
       der neuen Energiestrategie einbringen müssen, um die Zukunft der
       Energieversorgung in Asien nachhaltig zu gestalten. Passiert ist aber etwas
       ganz anderes.
       
       Auf der ADB-Jahrestagung im Mai wurde zivilgesellschaftlichen Gruppen noch
       beschwichtigend mitgeteilt, dass lediglich kleine Anpassungen vorgenommen
       werden. Es solle möglichst wenig Spielraum geben, bereits erzielte
       Fortschritte wieder rückgängig zu machen. Das Dokument, das diese Woche
       abgestimmt wurde, entspricht dem Gegenteil. Die Anpassungen ermöglichen
       eine Finanzierung von Atomkraft durch die ADB und ebnen den Weg für die
       Renaissance der Atomenergie in Asien. Notwendige Verbesserungen beim Ausbau
       erneuerbarer Energien oder Speicherkapazitäten sucht man in dem Dokument
       vergeblich.
       
       Der Druck hinter dieser Kehrtwende scheint [1][vor allem aus den USA] zu
       kommen. Seit dem Amtsantritt Trumps ist der Wandel in der ADB spürbar. Auf
       der Jahrestagung im Mai, als die USA noch nicht einmal neue Vertreter an
       die Bank entsandt hatten, wurden bereits in vorauseilendem Gehorsam alle
       Referenzen zu „Klima“ und „Gender“ aus dem Programm gestrichen.
       
       Ganz überraschend kommen die Veränderungen jedoch nicht. Denn der gesamte
       Prozess der Überarbeitung war von der Aushebelung bewährter Verfahren der
       multilateralen Entscheidungsprozesse geprägt. Die Änderung zu Atomkraft
       stand erst mal nicht zur Diskussion. Auf die Fragen zivilgesellschaftlicher
       Gruppen, wie die ADB plane, mit nuklearem Müll, [2][Unfallrisiken] oder
       Risiken der nuklearen Verbreitung umzugehen, gab es keine fundierten
       Antworten. Zu einer so weitreichenden Entscheidung wie der Finanzierung von
       Atomkraft hat die ADB bisher keine einzige Studie erstellt. So folgt man
       blindlings dem erneuten [3][globalen Trend der Atomkraft]. Dies scheint
       eine ausreichende Grundlage zu sein, um Milliardeninvestitionen zu
       rechtfertigen.
       
       ## Unmut ohne Konsequenzen
       
       Unter den europäischen Anteilseignern ist der Unmut über den Prozess
       deutlich spürbar. Bei einer Veranstaltung in Kioto im Oktober vermittelte
       der ADB-Präsident den Eindruck, dass die Änderung der Energiestrategie
       bereits beschlossen sei. Dabei war das Finanzierungsverbot von Atomkraft
       weiterhin in Kraft. Erst mit einer Entscheidung der Mitgliedsländer ließe
       sich dies ändern. Eine Entscheidung, die erst am 24. November fiel. Dieses
       Vorgehen wurde, wie uns in inoffizieller Kommunikation mitgeteilt wurde,
       von einigen Anteilseignern als respektlos gegenüber dem Board wahrgenommen.
       Zu Recht. Denn durch dieses Vorgehen wurden Kontrollmechanismen und
       Verfahren der multilateralen Entscheidungsprozesse unterlaufen.
       
       Um eine Änderung bewirken zu können, müsste Deutschland eine klare
       Botschaft an die ADB senden, dass ein solches Vorgehen nicht akzeptabel
       ist. Auf kritische Nachfragen der Opposition bekräftigte die
       Bundesregierung, dass sie eine Finanzierung von Atomkraft durch die ADB
       kritisch sehe und diese Position in allen Gremien vertreten werde. Aber die
       Frage bei diesen Verhandlungen ist nicht nur, wer zustimmt oder sich
       kritisch äußert, sondern auch, wie viel Druck hinter diesen Forderungen
       steht.
       
       Die USA setzen nicht mehr auf herkömmliche multilaterale Gepflogenheiten.
       Die Forderung, wieder Atomkraft zu fördern, wird direkt vom
       US-Finanzministerium vorangetrieben. So schaffen es die USA mit knapp 13
       Prozent der Stimmanteile, effektiv die Politik der ADB zu bestimmen. Im
       Verbund hätten die europäischen Anteilseigner mit knapp 18 Prozent einen
       größeren Stimmanteil. Doch um damit einen Effekt zu erzielen, müssten sie
       mit einer Stimme sprechen und gemeinsam politischen Druck aufbauen.
       
       Und das müssen Deutschland und die anderen europäischen Anteilseigner auch,
       um ihren internationalen Klimaverpflichtungen nachzukommen. Schätzungen von
       Oxfam von Ende September zufolge wird die deutsche Bundesregierung aufgrund
       der Haushaltskürzungen ihre Versprechen zur internationalen
       Klimafinanzierung im nächsten Jahr nicht mehr einhalten können.
       
       Auch die Beiträge zum Klimaschutz, die über multilaterale Banken wie die
       ADB fließen, werden 2026 sinken. Umso wichtiger ist es, dass die
       Bundesregierung sich dafür einsetzt, die verbleibenden Mittel für einen
       effektiven Klimaschutz einzusetzen. Mit jedem Euro, der in Atomkraft
       fließt, könnte stattdessen durchschnittlich die fünffache Kapazität an
       Wind- oder Solarenergie gebaut werden – in einem Drittel der Zeit.
       
       ## Europa muss ein Gegengewicht sein
       
       Auch sogenannte [4][kleine modulare Reaktoren (SMRs)], die von der
       Atomlobby zum Allheilmittel stilisiert werden, liefern keine bessere
       Bilanz. Alle vier SMRs, die derzeit in Betrieb oder in Bau sind, haben
       mindestens zwölf Jahre Bauzeit in Anspruch genommen – also deutlich länger
       als die versprochenen drei bis vier Jahre. Mit einer drei- bis siebenfachen
       Kostenüberschreitung waren die Reaktoren außerdem teurer pro installierter
       Kapazitätseinheit als herkömmliche Atomkraftwerke.
       
       In der jetzigen Form gab es keinen Grund, den Änderungen der
       ADB-Energiestrategie zuzustimmen. Kleine Anpassungen in anderen
       Teilbereichen können kaum rechtfertigen, dass zukünftig Milliarden für eine
       Technologie verschwendet werden, deren katastrophale Risiken die Unfälle
       von Fukushima und Tschernobyl auf tragische Weise verdeutlicht haben. Die
       europäischen Anteilseigner müssen in der Zukunft ihre Stimmanteile
       strategisch einsetzen, um ein Gegengewicht gegen die Trump-Politik in den
       internationalen Institutionen zu bilden.
       
       27 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] /Mehr-Atomenergie-in-den-USA/!6103221
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Merete Looft
       
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