# taz.de -- Profiboxerin Zeina Nassar: Boxen mit Botschaft
> Die Berlinerin Zeina Nassar ist vor allem für ihren Kampf bekannt, den
> Hidschab im Ring zu tragen. Nun feiert sie ihr Profidebüt in Pakistan.
(IMG) Bild: Nassar (l.) bei der Weltmeisterschaft im Amateur-Boxen 2022 in Istanbul
Nun steht sie so richtig am Anfang, und das nach über zehn Jahren
Boxerfahrung. [1][Zeina Nassar] wird am Mittwoch, 26. November, zum Auftakt
eines viertägigen Boxfestivals in Pakistan in den Ring steigen. Nassar, 27,
stammt aus Berlin, hat über zehn Jahre Amateurkarriere hinter sich und ist
vor allem bekannt dafür, dass sie einen besonderen Kampf gewonnen hat: den
für das Recht einer Muslimin, mit Hidschab zu boxen.
Warum geht sie jetzt zu den Profis? „Ich fühle mich nach all den Jahren im
Amateurboxen bereit für die nächste Entwicklungsstufe“, sagt sie. Im
Profiboxen wolle sie schauen, wie weit sie gehen kann. Ihre Vorbereitung
jedenfalls verläuft professionell. Sie trainiert bei Roy Jones jr., der in
den 1990er Jahren als bester Boxer der Welt galt, und der es zu vier
WM-Titeln in vier Gewichtsklassen brachte.
Zeina Nassar kämpft im Bantamgewicht. Ihre Gegnerin ist Kanokwan Wirunpat
aus Thailand. „Ich kenne sie insofern, dass sie international Erfahrung hat
und als solide Gegnerin einzuschätzen ist“, sagt Nassar. Wirunpats Bilanz
aus 9 Kämpfen sind 5 Siege und 4 Niederlagen, das erscheint schlagbar. Aber
Nassars Amateurbilanz klingt auch nicht so beeindruckend: 40 Kämpfe, davon
18 gewonnen und 22 verloren. Nassar ficht das nicht an. „Wichtig ist: Ich
gehe fokussiert in den Ring, egal wer meine Gegnerin ist.“
Roy Jones jr. ist nicht nur Nassars Trainer. Er ist auch einer der
Veranstalter des Boxevents in Lahore, Pakistan. Mit dabei ist Manny
Pacquiao, eine mindestens ähnlich bedeutende Sportlegende wie Jones jr. Der
Philippiner ist der einzige Profiboxer bislang, der in acht Gewichtsklassen
Weltmeister war. Zusammen mit dem Weltverband WBA versuchen die ehemaligen
Boxer Südasien als Markt fürs Profiboxen zu erschließen.
## Engagement für bessere Bildungschancen
Das ergänzt sich zu dem, was Zeina Nassar will. „Einen internationalen
Schauplatz, eine neue Umgebung“, sagt sie. „Zudem kann ich mit so einem
Debüt Zeichen setzen, über Deutschland hinaus, und vielleicht neue
Zielgruppen erreichen.“
Zeina Nassar ist in der deutschen Öffentlichkeit gar nicht so sehr wegen
ihrer boxerischen Erfolge bekannt. Sie arbeitete als Moderatorin, war
Kampagnenbotschafterin, schrieb ein Buch, war Schauspielerin am Berliner
„Gorki“-Theater, studierte in Potsdam, und vor allem engagierte sie sich
für bessere Bildungschancen, für Gleichberechtigung. Erst vor wenigen Tagen
war sie als Laudatorin eines Fitness-Anbieters gebucht, um in Anwesenheit
von Forschungsministerin Dorothee Bär einen Preis zu überreichen.
Nervt das nicht, Profisportlerin zu sein und immer nur als die „Boxerin mit
dem Hidschab“ zu gelten? „Ich bin natürlich stolz auf meine boxerischen
Erfolge und möchte, dass sie im Vordergrund stehen“, sagt sie.
„Gleichzeitig sehe ich es als Chance, mit meiner Geschichte eine
gesellschaftspolitische Botschaft zu transportieren.“
Die Chance, die sie im Profiboxen zukünftig erblickt, will sie konsequent
nutzen. „Vorbereitung bedeutet: tägliches Training, meist morgens und
abends, mit Fokus auf Technik, Ausdauer, Kraft- und Schnelligkeitsarbeit
sowie Sparring“, erklärt Nassar. Überwiegend ist sie in ausländischen Gyms
unterwegs, in England und den USA. Roy Jones jr. betreut sie in allen
Trainingsphasen – „vom Aufwärmen über Sparrings bis zur Wettkampftaktik.
Zusätzlich Regeneration, Ernährung, Mentaltraining.“
Auffallend sei, dass sie viel mehr allein machen müsse als noch im
Amateurbereich. „Im Profiboxen kommt es stärker auf Vermarktung, Länge der
Kämpfe, Gewichtung von Taktik und Ausdauer über längere Runden an“, erklärt
sie. „Der Aufbau eines Profikämpfers ist langfristiger: Es geht nicht nur
um Medaillen oder Titel im Amateurbereich, sondern um Karriere, Marktwert,
Auftritte.“
Angefangen mit dem Boxen hat die Berlinerin mit libanesischen Wurzeln in
Kreuzberg: [2][bei den „Boxgirls Berlin“,] einem feministisch inspirierten
Club, der Boxen bewusst als „Bruch mit der traditionellen
Geschlechterrepräsentation“ anbietet, weil es Mädchen hilft,
„patriarchalische Geschlechtsnormen infrage zu stellen“, wie es auf der
Website heißt. Bei den Boxgirls wurde Nassar vor elf Jahren erstmals
Berliner Meisterin. Und mit den Boxgirls zusammen erkämpfte sie für sich
und für andere das Recht, ihren [3][Sport mit Hidschab] und mit
langärmligen Shirts auszuüben.
Nun als Profi in Pakistan in den Ring zu treten, erscheint ihr als eine
Fortsetzung dieser Kämpfe. „Als Profi habe ich eine größere Bühne, mehr
Reichweite und damit mehr Potenzial, Gehör zu finden für meine Themen“,
sagt Nassar. „Profierfolge sind wichtig: Titel, gute Kämpfe, mediale
Präsenz – das alles macht mich sichtbar und glaubwürdig.“ Irgendetwas
aufzugeben von dem, was ihr wichtig ist, will sie auf keinen Fall. „Mit
einem guten Team um sich herum kann man alles super gut managen, da wir nun
viel selbstständiger sind.“
Das Boxfestival in Lahore beginnt am Mittwoch, 26. November, mit Nassars
Profidebüt. Es läuft noch bis zum Samstag: 44 Boxer und Boxerinnen treten
an, 38 aus dem Ausland, 6 aus Pakistan. Die Veranstalter rechnen mit 25.000
Zuschauern in der Halle und guten TV-Quoten, und Zeina Nassar setzt auf
einen guten Auftakt.
24 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Martin Krauss
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