# taz.de -- Digitalisierung im Alltag: Schlafen? Nur mit Cloud-Anschluss
> Eigentlich ist Schlafen eine der Technologie-unabhängigsten Tätigkeiten
> überhaupt. Kein Wunder, dass die Industrie auf Ideen kommt – die Folgen
> haben.
(IMG) Bild: Aus dem Bedürfnis nach gutem Schlafgefühl hat sich mittlerweile eine ganze Industrie entwickelt
Schlaf ist für viele Menschen ein sensibles Thema. Kommt er nicht oder ist
er zu leicht, ist das Schlafzimmer zu warm oder zu kalt, zu hell oder zu
dunkel, stört die Müllabfuhr zu früh oder die Party bei den Nachbarn zu
spät – dann kann der Tag so richtig schlecht starten.
Aus dem Bedürfnis nach gutem Schlafgefühl hat sich mittlerweile eine ganze
Industrie entwickelt: Nahrungsergänzungsmittel, ob als Tabletten oder als
Fruchtgummi, sollen beim Einschlafen helfen. Sleep-Tracker analysieren die
Nacht bis auf den kleinsten Schnarcher und sollen anhand der Hauttemperatur
sogar die Zeitpunkte vergangener Eisprünge einschätzen können.
Und für alle, die es sich leisten können: vernetztes Bettzubehör.
Matratzentemperatur und Neigungswinkel lassen sich da einstellen, sanfte
Einschlafklänge abspielen oder weißes Rauschen. Und am nächsten Morgen
zeigt die zugehörige App, dass der Schlaf diese Nacht wieder ganz wunderbar
war. Wie auch sonst, wenn man eine vierstellige Summe ausgegeben hat plus
gegebenenfalls ein Abo abgeschlossen, um die Dienste in Gänze nutzen zu
können.
Nun gab es leider kürzlich ein kleines Malheur. Nicht beim
Bettzubehörhersteller. Sondern bei Amazon. Genauer gesagt, bei dessen
Cloud-Computing-Sparte AWS. Ein Fehler in der Server-Infrastruktur legte
diverse Internet-Dienste lahm. Darunter auch solche, die für die Steuerung
des teuren Schlafzubehörs nötig sind.
Wer also seine Matratze gerade in eine aufrechte Sitzposition gesteuert
hatte, als der Ausfall kam, musste mit dem Liegen warten, bis das Problem
behoben war. Wer gerade das Bett auf eine angenehme Schlaftemperatur
vorheizen wollte, konnte nur hoffen, noch irgendwo eine alte Wärmflasche zu
finden. Und vielleicht haben so manche Nutzer:innen verschlafen, weil
das morgendliche sanfte Wecken mit Vibrationen ausfiel – was dem guten
Schlaf vermutlich nicht geschadet hat, anstehenden Terminen aber schon.
Der Fall zeigt: Bei [1][vernetzten Haushaltsgeräten] ist das Ende der
Phase, in denen Firmen ehemals Analoges digital und damit Geld machen, noch
nicht in Sicht. Lampen, Herde, Küchenmaschinen, Heizungen, Garagentore,
Haustüren, Rollläden, Waschmaschinen, Trockner – das gibt es alles schon
mit Netzanbindung. Und da geht bestimmt noch mehr: Was ist mit
Wäscheständern? Obstschalen? Toiletten? Bücherregalen? Yogamatten? Moment,
Korrektur – mindestens letztes gibt es schon in vernetzt. Sensoren sollen
messen, ob man die Übungen korrekt ausführt, und mittels Künstlicher
Intelligenz weitere Anleitungen geben. Immerhin: Yoga machen lässt sich auf
der Matte auch noch, wenn das vernetzte Zubehör einen Totalausfall hat.
Die Firma, deren Kund:innen plötzlich von digital begleitetem auf
analogen Schlaf umschalten mussten, schickte jedenfalls via Social Media
eine Entschuldigung. Und die Ankündigung, ab sofort daran zu arbeiten, die
Produkte für die Zukunft internetausfallsicher zu machen – und zwar „24/7
bis das erledigt ist“. Schlafen, das geht ja vielleicht auch danach.
6 Nov 2025
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(DIR) Svenja Bergt
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