# taz.de -- Neubiberg und sein Bürgermeister: Wie die CSU eine Drogenaffäre in den eigenen Reihen aussitzt
       
       > Die CSU steht für eine restriktive Drogenpolitik. Oder doch nicht? Der
       > Umgang mit dem Kokainkonsum eines CSU-Bürgermeisters wirft Fragen auf.
       
 (IMG) Bild: Neubibergs Bürgermeister Thomas Pardeller hält am Dienstag, den 9. August 2022 vor dem Rathaus eine Rede
       
       Thomas Pardeller hat das Zeug zu einer historischen Figur. Er könnte als
       der Mann in die [1][Annalen der CSU] eingehen, der für eine Kehrtwende
       seiner Partei in der Drogenpolitik gesorgt hat. Dem zuliebe die bisherige
       Null-Toleranz-Haltung gegenüber Drogenmissbrauch mit einem Zusatz versehen
       wurde: Wir greifen hart gegen Drogenkonsum durch – es sei denn, der
       Konsument ist einer von uns. Das mag ein bisschen übertrieben sein. Aber
       eben nur ein bisschen.
       
       Der Reihe nach: Thomas Pardeller ist seit Mai 2020 Bürgermeister von
       Neubiberg. Die Gemeinde liegt im Münchner Speckgürtel, grenzt im Südosten
       an die Landeshauptstadt. Rund 14.000 Einwohner hat sie und gibt sich
       unspektakulär. Bekannt ist sie vor allem als Sitz der
       Bundeswehr-Universität München.
       
       Doch die Nachrichten, die man zuletzt von hier vernahm, hatten nichts mit
       der Uni zu tun, sondern mit dem CSU-Mann Pardeller. Der wurde Mitte Oktober
       vor dem Palais Club am Münchner Hauptbahnhof von der Polizei gestellt. Bei
       sich hatte er offenbar 0,2 Gramm [2][Kokain]. Weil er den Beamten einen
       Behälter mit verdächtigem weißen Pulver nicht herausgeben wollte, brachten
       diese den 37-Jährigen zu Boden, fesselten ihn und nahmen ihn vorläufig
       fest.
       
       Wenige Tage später, die Sache war gerade bekannt geworden, wandte sich
       Pardeller mit einer Erklärung auf Facebook an die Öffentlichkeit. Von einer
       „Riesendummheit“ sprach er darin. Er habe in den vergangenen eineinhalb
       Jahren zwei Großeltern verloren, was eine große Leere in ihm hinterlassen
       habe. Deshalb habe er sich „zu oft in lange und exzessive Partynächte
       geflüchtet – in der Hoffnung, den Schmerz und die Unruhe in mir vergessen
       zu können“. Er werde die nächsten vier Wochen nutzen, mit therapeutischer
       Hilfe seine persönliche Situation aufzuarbeiten. Danach werde er „mit neuer
       Stärke, Demut und Klarheit zurückkehren“.
       
       Einen starken Bürgermeister könnte die CSU tatsächlich gut gebrauchen. Am
       8. März sind Kommunalwahlen, die Partei hatte im Juni dafür gestimmt,
       wieder mit Pardeller in die Wahl zu gehen.
       
       ## Warum die Eile?
       
       Nun hätte natürlich nahegelegen, den vierwöchigen Krankenstand des
       Bürgermeisters abzuwarten, sich in Ruhe über das Schlamassel, in das man
       geraten war, und die eventuell daraus zu ziehenden Konsequenzen Gedanken zu
       machen. Das jedoch wollte die örtliche CSU auf keinen Fall. Noch bevor sich
       Pardeller selbst zu Wort meldete, hatte seine Partei eine Mitteilung
       herausgegeben: Man wolle unbedingt an diesem „herausragenden Bürgermeister“
       festhalten, solle doch der Wähler entscheiden. Schließlich habe Pardeller
       in einer privaten Krise gesteckt, niemandem außer sich selbst geschadet und
       stehe zu seinem Fehler.
       
       Warum die Eile? Woher nimmt die Partei die Sicherheit, dass ihr
       Bürgermeister nach der kurzen Therapie wieder den Anforderungen seines Amts
       und des Wahlkampfs gewachsen sein wird? Und schließlich gäbe es noch die
       eine oder andere weitere Frage: Seine Partei hält Pardeller zugute, dass er
       in einer Krise steckte. Dies trifft jedoch auf viele Menschen zu, die in
       den Drogenkonsum schlittern. Wie verträgt sich die nachsichtige Haltung in
       der Causa Pardeller mit der restriktiven Politik gegen Drogenkonsum? Und
       ist es wirklich CSU-Konsens, [3][dass Drogenkonsumenten nur sich selbst
       schadeten] und vor allem Mitgefühl verdienten? Schließlich gäbe es ohne
       Drogenkonsum keinen Rauschgifthandel.
       
       Auch dass der Bürgermeister Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet haben
       soll, ist ein Umstand, zu dem eine klare Positionierung der CSU interessant
       gewesen wäre, die für solcherlei Benehmen sonst wenig Verständnis
       aufbringt.
       
       Die taz hat diese und andere Fragen dem Ortsvorsitzenden Bernhard Rott,
       aber auch dem Staatsminister im Auswärtigen Amt, Florian Hahn, der dem
       CSU-Kreisverband München-Land vorsteht, sowie der Landesleitung gestellt.
       Antworten gab es keine.
       
       3 Nov 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominik Baur
       
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