# taz.de -- Hurrikan in der Karibik: Wie der Klimawandel den Jahrhundert-Sturm „Melissa“ antreibt
       
       > Der Hurrikan bewegt sich mit rasender Windgeschwindigkeit auf Jamaika und
       > Kuba zu. Die steigenden Wassertemperaturen der Meere befeuern ihn.
       
 (IMG) Bild: Das war noch die Ruhe vor dem Sturm: Strand von Kingston, Jamaika, am 27. Oktober 2025
       
       Hurrikan „Melissa“ bewegt sich unaufhaltsam auf Jamaika und Kuba zu. 1,5
       Millionen Menschen müssen bangen. Der Sturm kommt nach Angaben des
       US-Hurrikanzentrums am Dienstagvormittag (Ortszeit) zwar mit nur etwa 7
       Kilometern pro Stunde in Richtung der Karibikstaaten voran. Im Innern des
       Hurrikans wütet der Wind aber mit Geschwindigkeiten von 280 Kilometern pro
       Stunde.
       
       „Es wird eine katastrophale Situation auf Jamaika erwartet“, sagte die
       Sturmexpertin der Weltwetterorganisation WMO, Anne-Claire Fontan, bei einer
       Pressekonferenz in Genf. „Für Jamaika wird es mit Sicherheit der Sturm des
       Jahrhunderts sein.“
       
       „Melissa“ hat schon vor seinem Eintreffen auf Jamaika große Schäden
       verursacht. Die Behörden auf der Karibikinsel meldeten Erdrutsche,
       umgeknickte Bäume und Stromausfälle. Im Pfad des Hurrikans der höchsten
       Kategorie 5 befinde sich kein Bauwerk, das einen solchen Sturm unbeschadet
       überstehen könne, warnte Regierungschef Andrew Holness. Der Sturm ist der
       stärkste, den Jamaika seit Messungsbeginn 1851 erlebt hat.
       
       Noch am Samstag war „Melissa“ ein Tropensturm, bevor er am Sonntag mit
       rasender Geschwindigkeit zunächst zu einem Kategorie-4-Hurrikan wurde.
       Innerhalb eines Tages beschleunigten sich die Windgeschwindigkeiten im
       Sturm selbst von 70 auf 140 Stundenkilometer, dem britischen Guardian
       zufolge eine der raschesten Beschleunigungen, die je gemessen wurden.
       
       ## Viele Familien gehen nicht in Notunterkünfte
       
       WMO-Sturmexpertin Fontan zufolge werden im Laufe des Tages Sturmfluten von
       bis zu vier Metern erwartet. Die Regenmenge werde voraussichtlich etwa
       [1][doppelt so hoch ausfallen] wie normalerweise in der gesamten Regenzeit.
       Dies werde schwere Sturzfluten und Erdrutsche auslösen.
       
       Das Rote Kreuz bereitet sich nach eigenen Angaben darauf vor, dass [2][bis
       zu 1,5 Millionen der insgesamt rund 2,8 Millionen Einwohner] direkt von dem
       Sturm betroffen sein könnten. „Der heutige Tag wird für Zehntausende, wenn
       nicht Millionen von Menschen auf Jamaika zu einer schweren
       Belastungsprobe“, sagte ein Sprecher per Videoschalte aus der
       Karibikregion. Es seien mehr als 800 Notunterkünfte eingerichtet worden.
       
       Colin Bogle, ein Berater der Hilfsorganisation Mercy Corps in der Nähe von
       Kingston, sagte, dass die meisten Familien jedoch trotz der von der
       Regierung angeordneten Evakuierung in ihren hochwassergefährdeten Orten
       geblieben seien. „Viele haben so etwas noch nie erlebt, und die
       Ungewissheit ist beängstigend“, sagte er. Viele hätten Angst, ihre Häuser
       und ihr Hab und Gut zu verlieren.
       
       ## Tropenstürme werden durch Klimawandel heftiger
       
       Hurrikans und andere Tropenstürme werden durch die Erderhitzung mit großer
       Sicherheit stärker, [3][schrieb der Weltklimarat 2021]. Häufiger werden sie
       demnach zwar nicht, aber der Anteil der Stürme der Kategorie 4 und 5 nimmt
       zu. Das heißt, wenn es zu einem Tropensturm kommt, [4][macht der
       Klimawandel ihn zerstörerischer]. Wissenschaftler*innen haben neben
       dieser allgemeinen Vorhersage auch den Einfluss des Klimawandels [5][auf]
       [6][verschiedene] [7][Hurrikans] [8][berechnet]: In jedem Fall wurden sie
       durch ihn heftiger.
       
       Der sich [9][rasch erhitzende Ozean] liefert Tropenstürmen mit
       voranschreitendem Klimawandel mehr Energie. Die Wärme des Meereswassers
       bestimmt maßgeblich, wie stark der Hurrikan wird, weil Temperatur- und
       Druckunterschiede in seinem Innern Windgeschwindigkeit und Feuchtigkeit des
       Sturms erhöhen.
       
       „Hurrikan ‚Melissa‘ wird von ungewöhnlich warmem Ozeanwasser angetrieben“,
       sagte Hannah Cloke, Klimaexpertin der Universität Reading. Steigende
       Meeresspiegel vergrößerten zudem die Gefahr durch Sturmfluten für
       Küstenbewohner*innen, die sich auf Überschwemmungen und Erdrutsche
       vorbereiten müssen.
       
       ## Wasser 1,4 Grad zu warm
       
       Die Organisation Climate Central liefert anhand anerkannter
       wissenschaftlicher Methoden Echtzeitanalysen. Demzufolge seien
       Meerestemperaturen in der Zentralkaribik 1,4 Grad höher als Ende Oktober
       üblich. Entlang des gesamten Wegs, den der Sturm zurücklegt, habe der
       Klimawandel die hohen Wassertemperaturen 500- bis 700-mal wahrscheinlicher
       gemacht. Die Erderhitzung habe die Windgeschwindigkeit um 10
       Stundenkilometer beschleunigt. Das könne die verursachten Schäden deutlich
       vergrößern, sagte Daniel Gilford, Meteorologe bei Climate Central.
       
       Am Dienstag veröffentlichten die Vereinten Nationen ihre [10][jährliche
       Zusammenfassung der weltweiten Klimaziele], erstmals mit den neuen Zielen
       der Staaten für 2035. Hielten sich die Länder an ihre eigenen Marken,
       könnten die weltweiten Emissionen noch in diesem Jahrzehnt sinken. Der
       Bericht ist aber wenig aussagekräftig, weil große Emittenten ihre
       Klimaziele nach der Frist – wie China – oder noch gar nicht – [11][wie die
       EU] – eingereicht haben, obwohl sie im Februar hätten vorliegen müssen.
       (mit dpa, rtr, ap)
       
       28 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Meteorologe-ueber-den-verregneten-Juli/!6103742
 (DIR) [2] /Klimaklage-in-der-Schweiz/!6110937
 (DIR) [3] https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/
 (DIR) [4] /Verschaerfte-Extremtemperaturen/!6109373
 (DIR) [5] https://www.worldweatherattribution.org/yet-another-hurricane-wetter-windier-and-more-destructive-because-of-climate-change/
 (DIR) [6] https://www.nature.com/articles/s41467-022-29379-1
 (DIR) [7] https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/aa9ef2?utm_source=MIT+Technology+Review&utm_campaign=7775162c39-The_Download&utm_medium=email&utm_term=0_997ed6f472-7775162c39-154441722&__hstc=12316075.07430159d50a3c91e72c280a7921bf0d.1525132800152.1525132800153.1525132800154.1&__hssc=12316075.1.1525132800155&__hsfp=1773666937
 (DIR) [8] https://spiral.imperial.ac.uk/entities/publication/5cdc9bc7-dd5e-42d3-969e-d8b2b4a12a2c
 (DIR) [9] /Weltmeere-Hitzewellen-in-den-Ozeanen/!6112919
 (DIR) [10] https://unfccc.int/news/the-direction-of-travel-improving-every-year-but-we-need-to-urgently-pick-up-the-pace-un-climate
 (DIR) [11] /Niederlage-fuer-Umweltminister/!6113571
       
       ## AUTOREN
       
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